Geschrieben: 30 Mai 2022 14:59
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Michael Speier youtube.com/MichaelSpeier
Story:
10/10
Bild:
7/10
Ton:
7/10
Ausstattung:
4/10
Einleitung:
Es gibt nur eine Handvoll Künstler,
die sich derart in das kollektive Gedächtnis einbrennen, dass über
ihr Leben ein Film gedreht wird. Wenn es gar um Komiker geht, ist
die Liste besagter Menschen sogar noch kürzer. Mit „Der Mondmann“,
der nun – etwas unerklärlich – unter seinem englischen
Originaltitel „Man on the Moon“ seine deutsche Blu-ray Premiere im
Mediabook von LEONINE feiert, setzte Regisseur Milos Forman dem
Künstler Andy Kaufman ein filmisches Denkmal. In der Rolle des
Ausnahmetalents erleben wir Jim Carrey, der derart mit der Rolle
verschmilzt, dass es schon fast ein wenig unheimlich ist. Was der
Film und die technische Umsetzung der Blu-ray Disc sonst noch zu
bieten haben, klärt die nun folgende Rezension.
Film:
Schon von Kindesbeinen an hat die
Showbühne eine magische Wirkung auf Andy Kaufmann (J. Carrey). Nach
einigen leidlich erfolgreichen Nachtclubauftritten gelingt ihm mit
einer ungeliebten Rolle im Fernsehhit „Taxi“ der große Durchbruch.
Doch statt seinen Erfolg auszukosten torpediert er die Sendung, in
der Hoffnung gefeuert zu werden. Seine in den darauffolgenden
Jahren zelebrierten Späße spalten immer wieder die Massen und
festigen seinen Ruf als unberechenbarer Künstler …
Regisseur Milos Forman, der mit
„Einer flog über das Kuckucksnest“ einen der wenigen Filme
inszeniert hatte, welche die „Big Five“, also die Oscars in den
fünf Hauptkategorien gewonnen hatte, widmete sich mit „Man on the
Moon“ dem Leben des Entertainers Andy Kaufman und besetzte die
Hauptrolle mit Jim Carrey, der zuvor primär durch seine
Gesichtsakrobatik und Albernheiten aufgefallen war, kurz zuvor aber
bereits in „Die Truman-Show“ gezeigt hatte, dass er auch ersthafte
Rollen beherrschte. Es war dennoch ein Wagnis, doch es ging auf –
wenn auch nur teilweise. An den Kinokassen floppte der Streifen,
dafür waren die Kritiker hoch des Lobes, sowohl für den Film selbst
als auch und insbesondere für Carreys darstellerische Leistung. Die
teils hochkarätige Besetzung, bestehend aus Stars wie Danny DeVito,
Paul Giamatti und Courtney Love, spielt Carrey komplett an die
Wand. Tatsächlich waren einige von Kaufmans früheren Wegbegleitern,
darunter der eben bereits erwähnte Danny DeVito sowie Christopher
Lloyd, Carol Kane oder WWE-Urgestein Jerry Lawler so von der
Darstellung beeindruckt, dass sie meinten, es wäre der echte Andy
Kaufman. Es gab sogar Gerüchte, dass Kaufman seinen Tod nur
vorgetäuscht hätte und nach einigen kosmetischen Eingriffen als Jim
Carrey zurückgekehrt wäre. Unsinn, sicherlich – aber an jedem
Gerücht findet sich ja bekanntlich auch immer ein Fünkchen
Wahrheit.
Jim Carrey tauchte während der
Dreharbeiten komplett in die von ihm dargestellte Rolle ein – mehr
noch: Er war davon überzeugt, dass Andy Kaufman ihn leitete und
seinen Körper als Medium benutzte, was für einige Differenzen und
Komplikationen führte. Allerdings entstand dadurch eine
bemerkenswerte darstellerische Leistung, die Carreys Talent
komplett an die Oberfläche holte, und ihn aus dem bis dato für ihn
üblichen Rollenbild herauslöste. Auf einmal war er ein
Charakterdarsteller, der die Menschen zum Lachen, zum Verzweifeln,
zum Ärgern und zum Weinen bringen konnte – und das alles mit nur
einem einzigen Film. Tatsächlich dürfte es schwer fallen den Film
anzusehen, ohne die eine oder andere Träne zu verdrücken, und in
einigen Fällen hält dieses Gefühl so lange an, dass selbst die
Klänge des R.E.M.-Songs „Man on the Moon“ die Tränen wieder fließen
lassen.
Von Andy Kaufman mag man halten was
man möchte, aber dieser Film von Milos Forman setzt dem Künstler
ein Denkmal, das seiner würdig ist. „Man on the Moon“ ist ein
herzzerreißender Film über einen Menschen, der die Leute bewegt hat
– auf die eine oder andere Weise. Das er an den Kinokassen floppte
ist ein wenig unverständlich, aber möglicherweise war das Publikum
noch nicht bereit, den gummigesichtigen Ace Ventura in einer
tragischen Rolle zu sehen. Aber inzwischen dürfte selbst der Letzte
verstanden haben, dass Jim Carrey mehr kann als Grimassen
schneiden, und jeder, den diesen Film noch nicht gesehen hat,
sollte ihn sich unbedingt anschauen. Und: Taschentücher
bereithalten!
Bildqualität:
Das feinkörnige Bild
liegt im Ansichtsverhältnis von 2,35:1 vor und hinterlässt einen
äußerst positiven Eindruck, lässt dabei aber noch ein wenig Luft
nach oben. Mit 23 Jahren hat der Film nun kein wirklich
beachtliches Alter auf dem Buckel und manch ähnlich alte Produktion
schaut deutlich besser aus, aber alles in allem gibt es keine allzu
großen Kritikpunkte. Die Schärfe bewegt sich, vor allem in gut
ausgeleuchteten Nahaufnahmen, auf einem hervorragenden Niveau,
allerdings geraten Bilder in der Halbtotalen ein wenig aus dem
Ruder, insbesondere dann, wenn die Szenerie etwas dunkler ausfällt.
Die Farben sind mitunter etwas schwach, aber dafür weitestgehend
natürlich. Der Kontrast ist gut eingestellt, aber auch hier wäre
mitunter mehr möglich gewesen. Alles in allem wirkt das Bild etwas
zu flach, hinterlässt aber, wie bereits gesagt, unterm Strich einen
guten Eindruck im oberen Mittelfeld.
Tonqualität:
Der Ton liegt in deutscher
Synchronisation und englischer Originalfassung in dts-HD Master 5.1
auf der Disc vor und gibt keinerlei Anlass zur Kritik. Die Dialoge
sind jederzeit gut verständlich und harmonisch abgemischt, wenn
auch – üblicherweise – etwas zu priorisiert. Alles in allem ist die
Abmischung überwiegend recht frontlastig und bezieht die hinteren
Kanäle nur selten ins Geschehen mit ein, etwa bei den Auftritten im
Nachtclub, oder aber – insbesondere – bei den Kampfszenen auf der
Wrestlingbühne. Hier bekommt der Zuschauer das Gefühl, er säße
mitten im Publikum. Der teilweise sehr melanchonische Score von
Mike Milles wurde mit einigen bekannten Songs aus der damaligen
Zeit aufgepeppt und klingt ebenfalls phantastisch. Der Subwoofer
kommt hingegen kaum zum Einsatz, was bei einem Film wie diesem aber
auch nicht zu erwarten war und kein Manko darstellt. Die deutsche
Synchronisation entstand unter der Dialogregie und nach einem
Dialogbuch von Sven Hasper bei der Christa Kistner
Synchronproduktion GmbH und bringt die bekannten Sprecher Stefan
Fredrich über Jim Carrey, Morgens von Gadow über Danny DeVito,
sowie Martina Treger über Courtney Love, Thomas Nero Wolff und
Detlef Bierstedt ans Mikrophon.
.
Ausstattung:
Das Bonusmaterial bietet leider wenig
Neues, vor allem dann nicht, wenn man bereits die
DVD-Veröffentlichung sein Eigen nennt. Neben den beiden
R.E.M.-Musikvideos zum Film finden wir hier noch ein paar
Interviews, entfernte Szenen und ein etwas zu werbelastiges
Making-Of. Ein Highlight sind hingegen die Ausschnitte aus den
Auftritten des echten Andy Kaufman, in denen man sieht, wie der
Meister selbst in Szene trat, wodurch man die Leistung von Carrey
noch mehr würdigen kann.
Absolut großartig wäre gewesen, wenn
man auch noch die hervorragende Netflix-Dokumentation „Jim &
Andi“ über die Dreharbeiten und die Parallelen zwischen Jim Carrey
und Andy Kaufman lizensiert und auf die Disc gepackt hätte.
Unwahrscheinlich, sicherlich, aber wenn wir durch diesen Film eines
gelernt haben, dann, dass man auf jeden Fall träumen
darf!
Fazit:
Der Film ist ein von vorne bis hinten
gelungenes, wenn auch nicht immer ganz genaues Bio-Pic über einen
sehr interessanten und kontroversen Komiker, der in Amerika
Geschichte geschrieben und die Welt beeinflusst hat. Jim Carrey
wird zu Andy Kaufman und die Grenzen zwischen Realität und
Wirklichkeit verschwimmen. Der Zuschauer lacht, der Zuschauer
bangt, der Zuschauer fühlt, der Zuschauer weint – Emotionskino in
Perfektion. Nie war Carrey besser als hier, und vermutlich wird er
diese Klasse auch nie wieder erreichen. Ein Film für die Ewigkeit,
der in keiner gut sortierten Sammlung fehlen sollte.