Geschrieben: 30 Mai 2022 14:57
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Michael Speier youtube.com/MichaelSpeier
Story:
6/10
Bild:
8/10
Ton:
8/10
Ausstattung:
0/10
Einleitung:
Auf dem Cover von „The Witness“ wird
der südkoreanische Thriller von Regisseur Kyu-Jang Cho vollmundig
mit Alfred Hitchcocks Meisterwerk „Das Fenster zum Hof“ verglichen.
Grundsätzlich haben gerade südkoreanische Filme und Serien in der
jüngeren Vergangenheit immer mehr und mehr Anhänger für sich
gewinnen können, und gelten längst nicht mehr als Geheimtipps.
Nicht selten stellen sie auch große Vorbilder in den Schatten und
punkten auf ganzer Linie. Ob „The Witness“, der von der Busch Media
Group zeitgleich im limitierten und nummerierten Mediabook
(inklusive DVD) und im Standard-Keep-Case auf den Markt gebracht
wird die hohen Erwartungen erfüllen kann, und wie sich die Blu-ray
Disc in technischer Hinsicht schlägt, klärt die nun folgende
Rezension.
Film:
Ehemann und Familienvater Sang-Hoon
(Sung-min Lee) wird unfreiwillig Zeuge eines brutalen Mordes.
Direkt unter dem Fenster seiner neuen Eigentumswohnung schlägt ein
Serienmörder eine Frau mit einem Hammer tot. Obwohl er den Mann
erkannte, schweigt Sang-Hoon gegenüber der Polizei, da der Täter
ihn ebenfalls gesehen hat und er sich und seine Familie schützen
will. Doch der Killer nimmt keine Rücksicht und verfolgt Sang-Hoon
auf Schritt und Tritt …
Der Film baut von der ersten Minute
an Spannung auf und auch wenn eigentlich nicht viel passiert,
schwebt das Damoklesschwert permanent über der Szenerie. Sang-Hoon
als unfreiwilliger Zeuge eines Mordes schweigt, allein aus der
Angst heraus, der Täter würde seiner Familie ein Leid antun, wobei
sich die Frage stellt, was den Killer überhaupt davon abhalten
sollte, selbst wenn man ihn nicht verrät? Ganz nachvollziehbar ist
das Handeln des Protagonisten zwar nicht, und ein ums andere Mal
möchte man ihn für seine Feigheit und Dummheit einfach ohrfeigen,
allerdings ist die Ausgangssituation ohnehin schwer vorstellbar für
den Durchschnittsbürger, und möglicherweise ist die koreanische
Mentalität auch nicht vergleichbar mit der unseren.
Nichtsdestotrotz fiebert man mit dem armen Teufel mit und erwartet
– genau wie er – jeden Moment den Schlag mit dem
Hammer.
Zum Punkt Mentalität bekommen wir
hier auch noch einige ganz andere Momente zu sehen, die uns
eigentlich den Kopf schütteln lassen, obwohl diese eigentlich gar
nicht so weit von unserer Realität entfernt sind. Da ist zum
Beispiel die Nachbarin, die verhindern möchte, dass Flugblätter mit
der Suche nach einer vermissten jungen Frau ausgehängt werden, weil
dies ja dem „guten Ruf“ der Nachbarschaft schadet und die
Immobilienpreise fallen lässt. Das ist Gesellschaftskritik, wie man
sie in einem „Slasher“ nicht erwarten würde. Indessen ist „Slasher“
auch nicht ganz der richtige Begriff, denn der Killer tötet zwar
ohne Skrupel und ohne Hintergrund, aber die Taten stehen nie im
Mittelpunkt und werden auch nicht übertrieben grafisch dargestellt.
Wer also auf ein Gorefest hofft, der wird nicht auf seine Kosten
kommen. Der Film zieht seinen Reiz eher aus der Spannung und der
Atmosphäre, legt den Fokus auf einen verängstigen Zeugen und einen
ambitionierten Polizisten, der sich nicht mit oberflächlichen
Ergebnissen zufriedengibt und dem Täter, welcher ihm leider immer
einen Schritt voraus ist, dicht auch den Fersen ist. Leider bringt
der Film nicht wirklich viele Überraschungen für Genrefans mit und
ist alles in allem sehr konventionell geschrieben – aber das muss
ja nicht zwangsweise schlecht sein.
Alles in allem bietet „The Witness“
Spannung und Thrill, punktet mit einigen interessanten Wendungen,
hochkarätigen Spannungsmomenten und einem actionreichen Finale.
Allerdings wäre es auch schön gewesen, wenn etwas mehr
Realitätsnähe und vielleicht ein Motiv in irgendeiner Art und Weise
präsentiert worden wäre – der Täter handelt nämlich ohne jeden
Grund so wie er handelt. Das alles schmälert das Ganze aber nur
wenig, und auch wenn „The Witness“ nicht der allergrößte Wurf des
südkoreanischen Kinos ist, so ist er doch absolut
sehenswert.
Bildqualität:
Das Glasklare Bild liegt im
Ansichtsverhältnis von 2,35:1 vor und punktet mit einer enormen,
stellenweise schon fast übertriebenen Schärfe und einer makellosen
Feindetailwiedergabe. Besonders in hell ausgeleuchteten Szenen
erkennt man jede Hautpore, jedes Härchen und die
Oberflächenbeschaffenheiten sämtlicher Requisiten. Die Farben sind
weitestgehend sehr natürlich, wobei je nach Set (Polizeistation
etc.) auch schon mal ein leichter Grünfilter zum Einsatz kommt, was
aber höchstwahrscheinlich gewollt ist. In dunklen Bereichen wird
das Bild hin und wieder etwas schwammig, aber dies klingt
wesentlich schlimmer als es tatsächlich ist. Der Kontrast ist gut
und auch der Schwarzwert kann überzeugen. Kurzum: Das Bild ist
eigentlich makellos, wirkt aber durch die übertriebene Schärfe
mitunter ein wenig billig.
Tonqualität:
Der Ton liegt in deutscher und
koreanischer Sprachfassung in dts-HD Master Audio 5.1 mit optional
zuschaltbaren deutschen Untertiteln auf der Disc vor und klingt
grundsolide und ordentlich. Großartige Surroundeffekte gibt es hier
leider nur sehr selten, wobei es durchaus nicht an Möglichkeiten
gemangelt hätte, aber das tut der Spannung keinen großen Abbruch.
Die Musik ist dezent und passend, die Dialoge jederzeit perfekt
verständlich. Die deutsche Synchronfassung entstand nach einem
Dialogbuch von Michael Himpler unter der Regie von Wolf Wolff und
Sven Riemann bei der Legendary Units GmbH und klingt leider nicht
besonders professionell, ist aber auch kein Totalausfall. Gerade
die emotionalen Momente bekommen die weitestgehend unbekannten
Sprecher, die zum Teil mehrere Rollen synchronisieren, nicht zu
100% übertragen. Aber: Aller Anfang ist schwer, und es ist noch
kein Meister vom Himmel gefallen – wie es so schön
heißt.
Ausstattung:
Bonusmaterial gibt es leider keins.
Auf der Blu-ray Disc und der ebenfalls im Mediabook enthaltenen DVD
befinden sich lediglich der Trailer zum Hauptfilm, sowie eine
Handvoll Trailer zu ähnlichen Titeln des Publishers.
Fazit:
Technisch ist die Blu-ray Disc aus
dem Hause Busch Media Group ordentlich mit etwas Luft nach oben.
Leider wurde auf Bonusmaterial verzichtet, was die Gesamtpunktzahl
unnötigerweise nach unten rutschen lässt.
Filmisch bietet „The Witness“ zwar
keine innovativen Ideen oder fügt dem Genre großartige Neuerungen
hinzu, ist aber spannend inszeniert, gut gespielt und wartet mit
einigen spannenden Wendungen und einem actionreichen Finale auf.
Der ganz große Wurf ist der Film zwar nicht, aber er bietet solide
Genrekost und braucht sich hinter der Konkurrenz aus den Staaten
keineswegs zu verstecken.