Film: 6 von 10 Punkten
Bildqualität: 8 von 10 Punkten
Tonqualität: 8 von 10 Punkten
Ausstattung: 3 von 10 Punkten
Gesamt*: 6 von 10 Punkten
* In der Gesamtbewertung wird die Story nicht berücksichtigt!
Den größten Umsatz bei deutschen Filmen generieren überwiegend
Produktionen wie die Fack Ju Göhte Reihe oder Titel à la
Keinohrhasen und Zweiohrküken. Schauspieler wie Matthias
Schweighöfer, Til Schweiger oder Eliyas M'Barek ziehen hier die
Massen in die heimischen Lichtspielhäuser. Neben den zumeist im
Komödien-Bereich angesiedelten Filmen sorgt höchstens noch der
Tatort für hohe Einschaltquoten. Es gibt aber auch immer wieder
kleinere Independent-Filme, die um die Gunst der Zuschauer buhlen.
Eines dieser Werke, welches mit einem Budget von gerade einmal zwei
Millionen Euro realisiert wurde, liegt hier nun zur Rezension vor.
Ob der Thriller es mit den großen Platzhirschen aufnehmen
kann?
Film
Der ehemalige Bundeswehrsoldat Frank Balzer (K.Duken) ist
gezeichnet von den Kriegseinsätzen in Afghanistan. Getrenntlebend
von Frau und Kind, gibt er sich meist dem Alkohol hin. Dies soll
sich aber mit dem Besuch seiner Tochter ändern und so begibt er
sich per Auto in Richtung Berlin, wo er seine Kleine am Bahnhof in
Empfang nehmen möchte. An der Tankstelle entschließt er sich
spontan, den Anhalter Andreas (T.Wlaschiha) mitzunehmen. Dieser
entpuppt sich während der Fahrt jedoch als Attentäter und zwingt
Frank fortan dazu, ihn mit einer Bombe ins Herz von Berlin zu
bringen. Da Andreas' Komplizen die Familie von Frank unter
Kontrolle haben, bleibt diesem zunächst nichts Anderes über, als
Gehorsam zu leisten. Doch mit immer knapper werdender Zeit im
Nacken, versucht Frank sich vermehrt zur Wehr zu setzen, um den
Anschlag kurz vor Weihnachten zu verhindern.
Klingt der Filmtitel zunächst danach, als ob es sich hier um eine
deutsche Version von
Olympus Has Fallen bzw.
London Has Fallen handelt, so muss
der Zuschauer schnell feststellen, dass sich der Independent-Titel
in deutlich ruhigeren Gewässern bewegt. Es handelt sich bei dem
Werk, für das Hauptdarsteller Ken Duken auch gleichzeitig den
Regieposten übernahm, doch viel mehr um ein Roadmovie mit großem
Hang zum Kammerspiel. Der Großteil des Films spielt sich daher auch
im alten Opel Commodore von Frank ab, der die beiden Insassen nach
Berlin bringen soll. Ken Duken gelingt es dabei sehr gut, den
gebrochenen Familienvater darzustellen, auch wenn anfangs gar nicht
klar ist, warum er sich dem Alkohol hingibt. Vielmehr hat es
zunächst den Anschein, dass es sich dabei um Familienprobleme
handelt. Erst im späteren Verlauf kommt der Zuschauer hinter die
wahren Gründe für Franks Depressionen. Neben Ken Duken spielt Tom
Wlaschiha, bekannt aus der Rolle des Jaqen H'ghar in der
erfolgreichen HBO Serie Game Of Thrones, den Attentäter Andreas. Er
überzeugt hier mit einer sehr wandlungsfähigen Darstellung seines
Charakters, der bis zum Schluss eine permanent unberechenbare
Gefahr ausstrahlt. Die beiden Schauspieler sind es denn auch, die
den gesamten Film tragen müssen. Denn ansonsten gibt es nur sehr
kleine Nebenrollen, in denen weitere Schauspieler, wie zum Beispiel
Marisa Leonie Bach als Franks Frau Claudia oder Kida Khodr Ramadan
als Kioskverkäufer Okan, nur wenig Screen-Time haben. Den beiden
Hauptdarstellern gelingt es leider nicht ganz, die Spannung über
die gesamte Laufzeit von ca. 91 Minuten aufrecht zu erhalten. Im
letzten Drittel, kurz vor dem Showdown, geht dem Film etwas die
Luft aus und man verliert sich in zu langen Monologen über die
politischen Ereignisse im Nahen Osten. Die Hintergründe zur
bevorstehenden Tat wären dem Zuschauer auch mit einer deutlich
kürzeren Erklärung verständlich gemacht worden. Diese vergeudete
Zeit hätte man lieber dafür nutzen sollen, um etwas mehr über
Andreas' Hintergründe zu erzählen und vor allem zu erklären, wie er
überhaupt auf Frank gekommen ist. Gerade letzteres fehlt einfach
komplett und muss vom Zuschauer einfach als gegeben hingenommen
werden. Des Weiteren ist auch das Ende nicht ganz schlüssig -
müsste doch eigentlich durch Franks Entscheidung einiges an
Kollateralschaden entstehen, was so sicherlich nicht die Intension
seines Charakters war. Unter dem Strich sorgt Ken Dukens Regiedebut
aber für einen unterhaltsamen und ausreichend spannenden
Filmabend.
Bildqualität
Dass man auch mit einem geringen Budget keine Einsparungen bei der
Bildqualität machen muss, beweist dieser Film eindrucksvoll. Man
hat zu keiner Zeit das Gefühl, einer Low-Budget-Produktion
beizuwohnen. Den Zuschauern erwarten natürliche Farben und eine
sehr gute Schärfe. Lediglich in dunklen Szenen wirkt das Bild ein
wenig weicher. Zudem verlieren sich dann auch einige Details, die
in Szenen bei Tageslicht noch deutlicher ausfallen. Sehr schön
anzusehen ist jedoch die Berliner Weihnachtsbeleuchtung, die teils
sehr gut in Szenen gesetzt wurde. Bei dem im Ansichtsverhältnis von
2.35:1 vorliegendem Film sind zu keiner Zeit Kompressionsfehler
oder Artefakte auszumachen gewesen. Der Independent-Film bietet
also ein zeitgemäßes Bild, das sich hinter keiner Großproduktion
verstecken muss.
Tonqualität
Auf der Blu-ray Disc befindet sich nur folgende Tonspur:
Entgegen der Angabe auf dem Backcover befindet sich keine
komprimierte Dolby Digital Tonspur auf der Disc, sondern der
Zuschauer erhält eine vollwertige HD-Tonspur. Diese hat es dann
auch wirklich in sich. So fällt schon direkt zu Beginn des Films
auf, dass der Subwoofer sehr stark ins Geschehen einbezogen wird.
Das Zuschlagen von Autotüren, Schüsse und Schlägereien werden mit
ordentlicher Wucht ins Heimkino gebracht. Auch die Effekte, allen
voran die Umgebungsgeräusche auf der Fahrt und das lebendigen
Treiben in der Stadt, verteilen sich sehr gut über alle
Lautsprecher und vermitteln ein respektables Mittendrin-Gefühl.
Leider kommt es bei einigen Dialogen, vor allen den Gesprächen über
das Mobiltelefon, zu Undeutlichkeiten und Nuscheln, so dass man
schon mal genauer hinhören muss, um alles mitzubekommen. Da fällt
es dann auf, dass der Film eben mal nicht nachträglich
synchronisiert wurde. Dessen ungeachtet kann sich hier aber so
manch teure Hollywood-Produktion eine Scheibe von der
Surround-Sound-Umsetzung abschneiden.
Ausstattung
In den Bonus-Bereich der Blu-ray haben es folgende Extras
geschafft:
Auf Grund der hohen Anzahl an Interview-Partnern, möchte man
meinen, recht lange vor dem Bildschirm zu sitzen. Doch sind es
leider nur teils recht kurze Info-Happen geworden, die dem
Zuschauer geboten werden. Dennoch erfährt man hier interessante
Dinge, wie zum Beispiel, dass Ken Duken in seinem jugendlichen
Leichtsinn die Arbeit als Regisseur und Hauptdarsteller
unterschätzt hat. Zudem wird man gewahr, dass es nur ein knappes
halbes Jahr von der Idee, über die Drehbuch-Entstehung bis zum
eigentlichen Drehbeginn gebraucht hat. Auch sehr interessant, dass
die Idee zum Film aus einer wahren Begegnung von Ken Duken rührt.
Er traf auf einen Typen mit Rucksack, der nach dem Weg zum Bahnhof
fragte. Was wäre, wenn dieser eine Bombe im Rucksack hat? Der
Zuschauer erhält also ein paar nette Informationen zur Entstehung
des Films, nicht mehr, nicht weniger.
Fazit
Dass der deutsche Film nicht immer nur lustig sein muss, sondern es
auch gut gemachte Thriller Made in Germany gibt, beweist Ken Dukens
Regiedebüt. Auf technischer Seite besteht er, sowohl auf Seiten des
Bildes, als auch beim Ton, den Vergleich mit deutlich größeren
Produktionen. Leider bricht die bis dahin gut vorhandene Spannung
im letzten Drittel des Films kurzeitig ein. Erst zum Ende zieht das
Finale wieder an. Auch das Bonusmaterial könnte noch etwas
umfangreicher ausfallen. Sieht man von diesen Dingen allerdings ab,
erhält man einen ausreichend spannenden Film, der den Zuschauer auf
ordentlichem Niveau unterhält.
Testgeräte
TV: LG OLED 55B7D
Player: Oppo UDP-203
AVR: Yamaha RX-A1060
Lautsprecher: Canton Chrono 509/507/505
Subwoofer: SVS PB-1000
Viele Grüße
Jörn