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The Autopsy of Jane Doe "Review Contest 2017"

Gestartet: 31 Okt 2017 13:28 - 5 Antworten

#1
Geschrieben: 31 Okt 2017 13:28

MoeMents

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Unzählige Filme entgehen immer wieder einer Kinoauswertung, weshalb sie durch fehlendes Marketing auch mal verloren an einem vorbeigehen könnten. Gelegentlich aber in irgendeiner Weise doch für Aufsehen sorgen und durch Mundpropaganda ihren Bekanntheitsgrad ausweiten. Aber oft nur über Umwege zu einem durchdringen - so passiert in diesem Falle. Weshalb die nun folgende Autopsie, eventuell in die Kategorie des Geheimtipps fallen könnte.

Story: Eine junge Frauenleiche, halb verscharrt im Keller eines brutalen Tatortes gefunden, will so gar nicht zu den restlichen Leichnamen passen. Weshalb die blasse Unbekannte den Provinzpolizisten schon vorab etliche Fragen aufgibt und das gebräuchliche Platzhalter-Synonym Jane Doe erhält. Mit Zettelchen am Zeh in der lokalen, familiären Leichenhalle abgeliefert, drängt mit der Auflösung der bizarren Morde die Zeit, weshalb Vater (Brian Cox) und Sohn (Emile Hirsch) im Leichenschauhaus eine außernatürliche Nachtschicht einlegen müssen.

Die nicht nur den beiden in Erinnerung bleiben könnte.


Von Anbeginn weg achtet der norwegische Regisseur André Øvredal, der mit Trollhunter (2010) einen urigen Low-Budget Überraschungserfolg generierte, auf seine Bildmotive. Nach dem Blut-geronnenen Einstieg auch rasch in der Leichenhalle landend, inszeniert er seine Nekropsie als pathologischen Ermittlungskrimi direkt zu Tische, der nach und nach zum horrenden Kammerspiel entbrennt. Dessen Handwerk Øvredal ebenfalls versteht und nicht jedes Schreck-Klischee in zu erwartender Schockmotivation ausreizt, dennoch zum subtilen Sezierungskrimi manch Glöckchen am Fuße eines Toten erklingen lässt und mehr in Bewegung setzt, als vermutlich erwartet!

Trotz der in der Luft liegenden Kälte der Leichenhalle, kreiert das reduzierte Setting fast schon wohnlichen Flair. Was auch daran liegen mag, dass sich der Arbeitsplatz im Keller des Familienhauses befindet. Eine angehörige Katze trägt nur noch mehr zum Gefühl einer tristen Behaglichkeit bei. Die Ausstattung ein Mix aus Landhaus, altmodischen Überbleibseln und einem Kellerlook mit beängstigenden Korridoren, lassen den Generations-übergreifenden Familienbetrieb bestehend aus Leichenhalle und Krematorium, aus einer sterilen Ruhe heraus allerlei Stimmungspotential entfalten.

Ein donnerndes Gewitter, flackernde Neonröhren, aber dennoch komplementäre, familiäre Wärme, züchtet auch noch das Radio mit brisanten Unwetterwarnungen (eines aufziehenden Sturmes), eine außerordentlich stimmungsgeladene Ausnahme-Atmosphäre hoch… über die Boxen rauschende Meta-Botschaften noch gar nicht erhört.

Jane Doe mag äußerlich schön (tot) wirken, innerlich jedoch ein obskures Enigma beherbergen!

Und dieses Mysterium gibt sich auch als unentwegt spannendes Rätsel: Knochenbrüche ohne äußere Verletzungsspuren, eine Augentrübung die nicht zu den anderen Todesumständen passt, vernarbte Organe und zahlreiche weitere, immer ominöser werdende Faktoren; die nicht nur buchstäblich durch den Magen gehen, sondern sich auch in einer Art entschlüsseln, die man so keineswegs auf dem Obduktionszettel hatte. Leute die aber schon bei Operationsszenen ein Auge zudrücken, halten für die Bereiche des geöffneten Brustkorbes (inkl. zu lüftendem Inhalt) am besten gleich Riechsalz bereit. Wenn der Vater noch die große Knochenschere hinzuzieht, könnten hingegen alle zusammenzucken. Vielmehr bleibt die Leichenschau aber im subtilen Horror zuhause, obschon einige Schauwerte zwischenzeitlich die Peristaltik anregen könnten - gefolgt von manch Schreck.

Mit Brian Cox (Blutmond) und Emile Hirsch (Into the Wild) auch zwei erstklassige Darsteller an der obduzierenden Hand, geben die beiden ein richtig legeres Vater-Sohn-Gespann ab. Letzterer noch etwas zu lernen, hat der Vater schon geübte Routine, an den täglich zu sehenden Scheußlichkeiten. Und steht den beiden im Verlauf auch bald die Furcht im Gesicht, so wollen sie doch unerschrocken einem riskanten Geheimnis trotzen. Sorgen einige Charakterhintergründe zu deren Familiengeschichte noch gezielt für einen besseren Emotionsaufbau, hat unterdessen die aufgebahrte Olwen Catherine Kelly so gar nichts zu melden… und die wohl statischste Rolle ihres Lebens abzuliefern. Wobei gesagt sei, dass selbst ihr Puppendouble und dessen Obduktions-Effekte, erstaunlich realistisch wirken.

Im Skript mag zwar nicht jeder klärende Dialog unverzüglich eine klar verfasste Lösung erschließen, letztlich aber eine Verbindung aufschlagen, die so manchem Kulthorror-Fan Freude bereiten wird. Ein atmosphärisches Kammerspiel unter innovativer/intensiver Kurzweile, bietet „The Autopsy of Jane Doe“ aber allemal! Noch nie war eine zu lösende Todesursache, ein fesselnderes Erlebnis.


Bild: Das Bild im Verhältnis 2.35:1 sorgt mit einem leichten Farbfilter für bläuliche Kälte, erstaunlicher Weise in den Innenaufnahmen aber genauso für manch Ausstattungs-Wärme. Der Schwarzwert gewiss nicht zum Besten gehörend, will auch der Film nicht gleich jedes Detail aus seiner schaurigen Dunkelheit offenbaren. Ebenfalls ließe sich gelegentlich noch am Schärfegrad drehen, der stiltechnisch einen leicht kontrastarmen Gesamteindruck bewirkt. Wäre demnach aus technischer Sicht manches auf hohem Niveau verbesserungswürdig, kommen diese (womöglich bewussten) Schwächen aber durchaus der Filmstimmung zugute.


Ton: Wenn es an die Leichen-Arbeit geht, schmeißt die dts-HD-Tonspur (5.1 für beide Sprachen) mit etwas Countryrock endlich die Boxen an. Räumlichkeit erzeugt neben dem optischen Kopfkino zwar vorerst nur ein leichter Druck des Subkanals, die Rears legen etwas später aber mit gefühlvollen Klängen und manch unheimlicher Sphäre nach. Die Dialoge kristallklar über die Centerfront kommend, überzeugt sogar die Synchronisation trotz fehlender Stammsprecher. Der dezent schaurige Score, sorgt ohnehin für eingemachten Grusel.


Extras: Knapp eine Stunde Interviews (leider ohne Untertitel), erhält man durch Cast, die beiden jungen Drehbuchautoren und allerhand Produzenten. Nur Olwen Catherine Kelly will selbst außerhalb ihrer Leichen-starren Rolle nicht zu Wort kommen. Erfreulicherweise entdeckt man in der vorhandenen B-Roll (13 Minuten) aber eine Bewegung ihrerseits - um die lähmende Todesfessel beim Zuseher endlich zu lösen. Obendrein hat man noch 9 Trailer an Bord, bedauerlicherweise aber kein Wechselcover. Im Vergleich zur US-Blu-ray (von Shout Factory) dürfen wir uns immerhin über mehr Bonusmaterial freuen, weitere Einblicke bezüglich visueller Ausstattung und Set, hätten die Wertung aber noch erfreulich steigern können.


Fazit: Auf der Technikseite noch am ehesten der Schwarzwert zu bemängeln, will manch verschleierter Aspekt doch auch für den Filmflair sprechen. Demnach, wie das Bonusmaterial, in angemessener und auch ausreichender Weise verlässlich.

Der Film selbst, eine Obduktion der übernatürlichen Sonderklasse! Eine atmosphärisch ganz schön dichte Nummer und mit ihr, ein Mysterium voller Spannung. In der Autopsie weniger appetitlich, dafür im Umfeld umso geistreicher, schafft der Sezierungs-Thriller mit wenigen Mitteln, ganz enorm an der Furcht-/Angstschraube zu drehen. Eine kleine, aber äußerst feine Geschichte, die sich kein Fan reduzierter Sets, entgehen lassen sollte. Zugleich auf eine weitere Autopsie hoffend, ist es nun zweitrangig, ob dies eine weitere Sichtung darstellt, oder gar eine mögliche Fortsetzung.

Geheimtipp?
Definitiv.
Zumindest jetzt noch, so kurz nach VÖ.


Film: 9
Bild: 7
Ton: 7
Extras: 6



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Equipment:
TV: Sony KDL-40HX725
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#2
Geschrieben: 31 Okt 2017 13:41

Cineast aka Filmnerd

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Der "Meister" ist zurück :-) - wiederum ein rundum gelungenes Review. Auf den Punkt, klar, wohlformuliert ! Chapeau!
Die "Mission Titelverteidigung" "läuft" :-)!
DANKE !!!
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#3
Geschrieben: 31 Okt 2017 14:16

MoeMents

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Hahaha... vielen Dank mein Lieber! Hab mir echt Mühe gegeben. So eine Review ist wirklich weitaus (Zeit-)aufwendiger.

Den "Meister" geb ich natürlich zurück. Du darst ja leider nicht mehr mitmachen weil du schon zum Team gehörst. Und stimmt: Ich hab sogar einen Titel zu verteidigen. Erinnere mich noch gut an den "Breakfast Club"... aber wie könnte ich den auch nur vergessen. :) Dank Dir!
#4
Geschrieben: 02 Nov 2017 07:28

Ninjatune666

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Sehr gutes Review! Hat Spaß gemacht es zu lesen, zumal mich der Film schon länger interessiert.
Ein DANKE meinerseits ist dir gewiss.
#5
Geschrieben: 05 Nov 2017 07:42

Cine-Man

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Sehr gutes Review, scheint ja echt ein sehr geiler Film zu sein. Ist für mich auch das Highlight deines dritten Halloweenblogs, der ich gerade lese.
#6
Geschrieben: 05 Nov 2017 15:56

MoeMents

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Aus meiner Sicht absolut zu empfehlen. Hab mich super atmosphärisch gegruselt.

Freut mich, dass du auch den Abstecher hierher gemacht hast. :) Danke!


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