Geschrieben: 21 Okt 2017 13:21
Wenn man als Filmbegeisterter
einmal nach Asien schaut, wird man zunächst mal überrascht. Gerade
in Südkorea und Japan werden doch so einige wirklich starke,
interessante Filme gemacht. Doch dafür muss man sich erstmal
öffnen, die Werke sind anders, Charaktergestaltung, Geschichten und
die Inszenierung. Man hängt nicht an üblichen "Hollywood-Klischees"
die sich immer wieder selbst referenzieren und stellenweise schon
Ermüdungserscheinungen hervorrufen. "Die Taschendiebin" ist eines
dieser Werke.
Film
Die junge Soo-Kee wird von Graf
Fujiwara als Dienstmädchen in die Provins geschickt, sie soll sich
um die Adlinge Hideko kümmern. So offensichtlich ist das Anliegen
der Beiden allerdings nicht, Fujiwara will mit ihrer Hilfe Hideko
dazu bringen sich in ihn zu verlieben & sie zu heiraten um an
ihrem Reichtum teilhaben zu können. Es beginnt ein Spiel von Lügen,
Intrigen & falschen Hoffnungen.
Wenn Regisseur Park Chan-Wook
einen Film inszeniert, macht er keine Kompromisse. Nach seinem
Meisterwerk "Oldboy" ist er auch international ein Begriff und
widmet sich nach seinem Hollywood-Debüt "Stoker" wieder seinem
Heimatland. Wobei der Film bewusst mit den verschiedenen Sprachen
japanisch & koreanisch spielt und deswegen im Originalton
geschaut werden sollte. Doch kann das Werk auf allen Ebenen
überzeugen?
Auf jeden Fall, die Schauspieler
sind hervorragend ausgesucht, grade die beiden weiblichen
Hauptrollen, gespielt von Kim Min-Hee und Kim Tae-Ri sind
hervorragend und sehr mutig, was sich auch in den schönsten und
visuell anspruchvollsten (Liebes-)Szenen widerspiegelt. Grade
letztere ist eine Neuentdeckung, bis auf zwei Kurzfilme hatte sie
noch keine große Rolle. Ein ganz ähnliches Casting durchlief
bereit´s Kan Hye-Jeong aus "Oldboy". Regisseur Park Chan-Wook ist
bekannt dafür neue Talente zu entdecken. Hier hat er es wiedermal
bewiesen und verlangt seinem Cast auch einiges ab.
Der Hintergrund der 1930 Jahre im
von Japan besetztem Korea ist nicht nur was die Set´s und die
Kostüme angeht ziemlich spannend, sondern auch vor kulturellem
Hintergrund. So sind es einige wenige Szenen, die für Europäer
nicht ganz verständlich sind, wie das Schwärzen der Zähne. Diese
machen allerdings neugierig und regen durchaus dazu an, sich damit
zu befassen.
Der Film zeigt, neben den
angesprochenen Stärken auch fesselnde, erotische Szenen, die nicht
nur bloßes Stückwerk sind oder dem Voyerismus dienen. Sondern
glaubhaft in die Geschichte integriert sind.
Die Geschichte ist in einer
klassischen 3-Akte-Struktur unterteilt, was sich zunächst etwas
durchschaubar anhört, ist zweifelsohne mit vielen Irrungen &
Wirrungen gespickt. Nicht´s ist so wie es scheint und nicht jeder
ist der, der er vorgibt zu sein. An dieser Stelle sei allerdings
nicht zu viel verraten, denn grade dieses ruhig inszenierte Katz
& Maus Spiel vor wunderschöner Kulisse, gespickt mit
großartiger Kameraarbeit machen "Die Taschendiebin" für echte
Cineasten interessant.
Ich bin bereits mit hohen
Erwartungen an den Film herangegangen und wurde nicht enttäuscht,
im Gegenteil sogar. Wer auf ausgefeilte Charaktere, eine
wendungsreiche Story, wunderschöne, gleichzeitig aber auch düstere
Bilder steht & mit einer eher komplexeren Handlung
zurechtkommt, sollte sich den Film unbedingt
anschauen.Bildqualität
Die Qualität der Blu-Ray wird dem
Film auf jeden Fall gerecht, die dunklen Farben werden mittels
hervorragender Schwarzwerte betont.
Die Farbgebung besticht durch
wenige, dafür aber gut gesetzte Kontraste. Das Bild ist knackscharf
& zeigt nicht nur in Nahaufnahmen die vielen Details. Die
Stimmung des Filmes wird sehr gut eingefangen, ich kann mir
allerdings gut vorstellen, das man bei einer 4K-Fassung grade auf
großer Leinwand noch etwas mehr rausholen kann. Das anamorphe
Bildformat in 2.35:1 ist die perfekte Wahl und unterstützt den
ohnehin fantastischen Look, so bleibt die Disc hier definitiv
nicht´s schuldig.
Tonqualität
Der Ton liegt natürlich auch in
der deutschen Synchronisation, als auch im japanisch/koreanischen
Original in DTS-HD 5.1 vor.
Aufgrund des Verständnisses sei
allerdings zum Original (mit Untertiteln) geraten, dennoch ist auch
die Synchronisation auf sehr ordentlichem Niveau und die Sprecher
sind sehr gut ausgewählt. Hauptsächlich erzählt sich der Film über
Dialoge, weshalb die hinteren Boxen nicht besonders viel Input
bekommen. Kleinere Details, Soundeffekte und vor allem die Musik
kommen aber richtig gut zur Geltung. Störgeräusche sind mir in
beiden Fassungen keine aufgefallen, wobei die Synchronisation etwas
prägnanter ausgefallen ist, was die Dynamik der Stimmen angeht. Der
gezielt eingesetzte Bass sorgt ebenfalls dafür, das bestimmte
Szenen unter die Haut gehen.
Bonusmaterial
Die Extras sind leider nicht
besonders umfangreich und auch sehr kurz gehalten. Allerdings hat
Koch Media deswegen alternativ auch eine besondere Sammleredition
in die Händlerregale gestellt, welche neben einem 144-seitigem
Fotobuch, einem 60 minütigem Interview mit dem Regisseur & dem
Kurzfilm "Night Fishing" auch den Extended Cut, mit zusätzlichen
Szenen beinhaltet. Wem also die klassische Amaray nicht ausreicht,
der sollte unbedingt zur schicken Limited Edition im
"Leinen-Schuber" greifen.
Fazit
"Die Taschendiebin" ist
anspruchsvolles, visuell spannend inszeniertes Kino. Man hat das
Gefühl, das einmal anschauen dem Werk nicht gerecht wird. Gerade
wenn ein Film sowas in der heutigen, schnellen, modernen Zeit
schafft, ist er für mich etwas Besonderes. Kein Action-Blockbuster,
keine namhaften Darsteller, sondern die Reduzierung auf das
Wesentliche. Einer dieser cleveren Filme die Spuren
hinterlassen.
Unbedingte
Anschaueempfehlung!
Film: 10/10
Bild: 9/10
Ton: 8/10
Extras: 4/10
Gesamt: 9/10