TEST: Modern Warfare
2
Die Vereinigten Staaten kriegen in diesem Spiel von Terroristen
dermaßen auf den Sack, dass selbst Osama Bin Laden Mitleid kriegen
dürfte. Ich sag nur zwei Worte: Atombombe + Washington. Bei einigen
Szenen möchte man förmlich vom Sofa aufspringen, um laut
loszubrüllen: „Nieder mit den Feinden der USA!“ Ja, „Modern Warfare
2“ schürt Emotionen und ist eine einzige Lawine großer Momente.
Egal, ob man auf US-Patriotismus abfährt oder nicht.
Story ist zweitrangig
Der Vorgänger liegt zwar nur zwei Jahre zurück, doch im Spiel sind
bereits fünf vergangen. Nachdem wir damals Imran Zahkaev zur
Strecke brachten, ist nun Vladimir Makarov Staatsfeind Nummer 1.
Der Typ macht keine halben Sachen, ist herrlich unsympathisch und
stürzt die halbe Welt ins Chaos. Kurz: Er muss weg!

Ihr schlüpft in die Rolle fünf unterschiedlicher Helden. Dass
Modern Warfare-Veteran MacTavish darunter ist, überrascht nicht.
Euer Weltraumspaziergang als ISS-Astronaut dafür um so mehr. Ist
die Story innovativ? Nein. Ist sie auf plumpe Art unterhaltsam? Und
wie!
Linear, aber genial
Die Grundlagen sind allen hinreichend bekannt. Kommen wir also
gleich zu den Besonderheiten von „MW2“. Genau wie im Vorgänger ist
alles ultralinear und bis in die Haarspitzen geskriptet. Das Spiel
treibt euch stur von einer Attraktion zur nächsten, beinahe wie
beim Besuch eines Erlebnisparks, wo die Mitarbeiter rufen: „Bitte
immer schön weitergehen und nicht die rote Linie übertreten!“
Infinity Ward haben das System aber dermaßen perfektioniert, dass
damit verbundene Einschränkungen kaum noch stören.
Hier lauft ihr nicht nur von A nach B und ballert tonnenweise
Gegner über den Haufen. Hier lauft ihr von A nach B, ballert
tonnenweise Gegner über den Haufen, rennt wieder nach A, steuert
zwischendurch Schneemobile, Jeeps und Motorboote, werdet Zeuge
eines atomaren Erstschlags, schleicht durch Ruinen und
Höhlensysteme und das war nicht mal die Hälfte von dem, was euch
erwartet.

Ehrlich: Ich hab beim Spielen stellenweise den Mund nicht mehr
zubekommen und wollte gar nicht wissen, ob es abseits der Pfade was
zu entdecken gibt. Im Vorgänger empfand ich die schlauchartigen
Levels noch als störend. Lag sicherlich auch am unendlichen
Gegnernachschub und ständigem Granatenhagel. In „MW2“ fliegen zwar
auch dauernd Grenades, wenn ihr zu lange auf einem Fleck verharrt,
aber wenigstens gehört unendliches Gegner-Spawning der
Vergangenheit an. Außerdem entdeckt man jetzt öfter Abzweigungen
und kleine Alternativrouten. Wenn ihr euch etwa durchs
brasilianische Elendsviertel kämpft, entpuppen sich die schmalen
Gassen als reinstes Labyrinth.
Poliert ohne Ende
Sämtliche Levels sind nicht nur spielerisch, sondern auch grafisch
unheimlich abwechslungsreich. Egal ob es sich dabei ums
postapokalyptische Washington, einen russischen Gulag oder eine
gekaperte Bohrinsel handelt. Alles sieht eben so aus, wie man es
sich vorstellt. Klar, wirkt so manche Textur aus nächster Nähe
pixelig, aber insgesamt ist „Modern Warfare 2“ eine absolute
Augenweide. Alles gestochen scharf, unheimlich lebendig und dank 60
fps superflüssig.

Um euch herum überschlagen sich dauernd die Ereignisse: ständig
erhaltet ihr neue Befehle, müsst eure Taktik überdenken und neuen
Gefahren trotzen. Manchmal scheint es, als würde die Welt vor euren
Augen untergehen. Hier passiert in sechs Stunden mehr, als im
vergangenen Spieljahr insgesamt, so scheint es.
Atmosphärisch ist „MW2“ der Konkurrenz also definitiv eine
Nasenlänge voraus. Ich empfand nur zwei Passagen als öde. Beide
male ging es darum, einen Ort vor heranstürmenden Feinden zu
beschützen. Zu lang, zu stupide, zu nervig.
Multiplayer?
Die Singleplayer-Kampagne hatte ich nach rund sechs Stunden durch
und fühlte mich blendend unterhalten. Danach startete ich den neuen
Spec Ops-Modus und der hält mich jetzt schon seit etwa 30 Stunden
bei der Stange. Es gilt auf eigens entwickelten Karten feste Ziele
zu erfüllen. Als Belohnung winken Sterne, die wieder neue Aufgaben
freischalten. Solo ist Spec Ops nicht ganz so prickelnd, aber im
2-Player-Splitscreen und Online-Koop geht da nur noch die Post ab.
Übrigens: Den „richtigen“ Multiplayer-Teil von „Modern Warfare 2“
werden wir gesondert unter die Lupe nehmen. Ein ausführlicher Test
dazu folgt in den nächsten Tagen.
Bewertung: 9.0
„MW2“ toppt sich quasi im Minutentakt selbst. Wir fragen uns echt,
wie man das im nächsten Teil überbieten will, ohne in den Bereich
der Realsatire abzudriften. Die Singleplayer-Kampagne ist
abwechslungsreich, voller Superlative und bietet dadurch einen
hohen Wiederspielwert. Der neue Spec Ops-Modus gefällt und der
Mehrspieler-Teil dürfte auch wieder Jahre überdauern. Modern
Warfare 2 rockt, auch wenn das Gameplay linear, die Story hohl und
alles schrecklich patriotisch ist.
System: Playstation 3
Vertrieb: Activision
Entwickler: Infinity Ward
Release: 10. November
USK: ab 18
offizielle Homepage: http://modernwarfare2.infinityward.com
Quelle:
www.play3.de