Geschrieben: 05 Jan 2023 15:31

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Das 3D-Filmarchiv ist die Top-Adresse sich über den 3D-Film und
auch die dafür erforderlichen Techniken korrekt zu informieren.
Hier gilt letztlich genauso wie auch anderswo auch, dass es:
wirklich neue Techniken nur ganz selten gibt - nur die
unseligen Werbefuzzies setzen dazu häufig geradezu Unsinn und
Legenden in die Welt. Das Allermeiste ist prinzipiell schon lange
bekannt und in den 2000er-Jahren "nur" in eine technisch
modernisierte Form überführt worden. "Real-3D" ist letztlich auch
nur die moderne Bezeichnung für das klassische 2-Band-Verfahren mit
dem 3D im Kino bereits seit 1952 vorgeführt werden konnte. Dieses
war aber eben mechanisch sehr aufwändig und daher auch besonders
fehleranfällig. Das erforderte hohen Einsatz und sicheres Vorgehen
eines geschulten Vorführers.
Dabei handelt es sich heutzutage nur in der technischen Umsetzung
um eine echte Innovation, 3D an sich ist hingegen eher ein doch
schon recht betagter Hut. So sorgte bereits um die Mitte des 19.
Jahrhunderts, in den Kindertagen der Fotografie, die so genannte
Stereoskopie für erste Begeisterung bei breiteren
Publikumsschichten. Auf der Kinoleinwand sorgte 3D in den Jahren
1953/54 kurzzeitig für eine Euphorie, geriet dann aber doch rasch
wieder ins Abseits. Nicht nur, weil sich die zuerst favorisierten
3D-Gimmicks, wie „Ein Löwe in ihrem Schoß!“, rasch abnutzten und
die meisten im Anschluss an die ersten großen Erfolge — damals wie
heute — schnell auf den Markt geworfenen Filme eher bescheiden denn
gut waren. Hinzu kamen technische und auch praktische Probleme, die
3D beim Publikum aber auch den Kinobesitzern in Misskredit
brachten.
Grundsätzlich wird mit zwei separaten Halbbildern (für das rechte
und linke Auge) gearbeitet, die vom Zuschauer bei zum Einsatz
kommender Zweiband-3D-Technik (s. u.) mit Hilfe einer speziellen
Polarisationsbrille sowohl in Schwarzweiß als auch in tadellosen
Farben erfasst werden können. Dabei erschien nach etwa der ersten
Filmhälfte eine Pausen-Karte: "Intermission". Diese auf den ersten
Blick ungewöhnlich erscheinende Pause hatte ihre Notwendigkeit in
der ursprünglich beide Projektoren eines Kinosaals beanspruchenden
qualitativ hochwertigen „Zweibandtechnik“ für 3D. Ein üblicher
2D-Film wurde aktweise, von Rolle zu Rolle, mit Hilfe beider
Projektoren im Wechsel (mittels Überblenden) vorgeführt. Für 3D
benötigte man beide Projektoren permanent, um die für den gewollten
Raumeffekt benötigten parallelen Teilbilder für das rechte und
linke Auge zu erhalten. Dafür wurden die beiden Maschinen
mechanisch bildsynchron geschaltet und mit zwei (!) entsprechend
speziellen Kopien beschickt — hier erkennt man den (zu) großen
Aufwand, den eine 3D- gegenüber einer 2-D-Projektion erforderte,
und ebenso, dass jede 3D-Kopie zwangsläufig aus der doppelten
Anzahl an Filmrollen bestand. Allerdings war die Kapazität auch der
größten zur Verfügung stehenden Spulen begrenzt. Entsprechend war
eine Pause unumgänglich.
Probleme während der Vorführung, wie asynchroner Bildlauf oder gar
Filmriss, wirkten sich besonders fatal aus. Daraus resultierten
zusätzliche längere Zwangspausen, die Publikum wie Theaterbesitzer
verärgerten, was mit dazu beitrug, 3D langsam ins Abseits zu
befördern. Man Stelle sich auch den Stress für den Vorführer vor,
der aus beiden Kopien dieselbe Anzahl Bilder entfernen und
anschließend fehlerlos wieder zusammenkleben und anschließend auch
wieder exakt und punktgenau aufeinander abgestimmt beide
Projektoren wieder starten musste! Besonders in den späteren
Versuchen, 3D wiederzubeleben, hat man sich bemüht, den Aufwand und
die Probleme des „Zweibandverfahrens“ zu reduzieren. Aber sämtliche
„Einbandverfahren“ auf 35-mm-Film — beide Halbbilder sind auf
demselben Filmstreifen untergebracht — leiden unter unumgänglichen
Qualitätseinbußen bei der Auflösung und damit unübersehbar bei der
Bildschärfe, aber ebenso bei der Helligkeit. Ein so erzeugter
3D-Eindruck geht bestenfalls über ein Befriedigend noch etwas
hinaus, aber ihm fehlt unübersehbar eine kräftige Portion Brillanz.
Um dies möglichst zu kaschieren erfolgten 3D-Vorführungen späterhin
praktisch ausschließlich auf kleinen Bildwänden.
Besonders problematisch ist das mit Rot-/Grünbrillen arbeitende
Anaglyphenverfahren. Zwar ist es technisch am einfachsten
umsetzbar, kommt ohne weitere Maßnahmen am Projektor und der
Bildwand aus, erfordert allein die genannten Brillen. Dafür erlaubt
es allerdings keine farbigen 3D-Bilder. Die damit ausschließlich
machbaren räumlichen Schwarzweißbilder wirken oftmals grünlich und
damit etwas merkwürdig. Für die Augen und das daran angeschlossene
Gehirn ist Anaglyphen-3D besonders anstrengend und damit auch
Kopfschmerz begünstigend.
Besagte Anaglyphentechnik ist eigentlich auch nur für 3D in
Schwarzweiß sauber tauglich. Dafür wurden ursprünglich nur
komplementäre, sich zu schwarz ergänzende Farben für die beiden
Teilbilder verwendet, insbesondere rot und grün:.Das rote Halbbild
erscheint durch das grüne Farbfilter betrachtet schwarz und
umgekehrt, wobei das grüne Halbbild durch das grüne Farbfilter
ausgelöscht, also unsichtbar wird.
Im Farbfernsehen war die Anaglyphentechnik bis 2010 die einzige
Möglichkeit 3D-Bilder zu zeigen, allerdings (s.o.) zwangsläufig mit
halbiereter Auflösung Bildschärfe. Der 3D-Abend im August 2010 auf
arte war eine Maßnahme, die nur Kopfschütteln auszulösen vermochte.
Die beiden im Anaglyphenverfahren gezeigten 50er-Jahre Filme
(Hitchcocks Bei Anruf Mord sowie Jack Arnolds Der
Schrecken vom Amazonas) wurden derart schlecht präsentiert,
dass sich infolge ständig penetrant sichtbarer, heftiger
Doppelkonturen ein überzeugender 3D-Effekt schlichtweg nicht
einstellen wollte. Bei Anruf Mord hatte noch zusätzlich
mit eklatanten Problemen bei der Schärfe zu kämpfen. Damit war das
Ganze visuell derart unerträglich, dass wohl die allermeisten
Zuschauer bereits nach wenigen Minuten die Lust verloren und die
Brille weggeworfen haben dürften. Dies auch, um den bei derartig
mangelhafter Präsentation ansonsten bald unweigerlich auftretenden
Kopfschmerzen zu entgehen. Unterm Strich war diese unglückliche
3D-Einlage jedenfalls alles andere als eine Werbung, sondern eher
eine Abschreckung. Derartig schlecht habe ich Anaglyphen-3D zuvor
ehrlich gesagt überhaupt noch nicht erlebt.
Während des kleinen 3D-Revivals in den frühen 1980ern hatte der
Verfasser erstmalig Gelegenheit, Jack-Arnolds
Science-Fiction-Debüt, It came from outer Space, in 3D zu erleben.
Trotz klarer Qualitätseinschränkungen durch die seinerzeit allein
verfügbare 16-mm-Anaglyphenkopie blieb der Eindruck auch nachhaltig
äußerst positiv. Gefahr aus dem Weltall war nicht nur der
mit Abstand interessanteste Film der damaligen kleinen
3D-Retrospektive, welche u.a. mit Andy Warhols Frankenstein
3D und Dynasty aufwartete. Auch die seinerzeit neu
produzierten 3D-Filme, etwa Der weiße Hai III (3D),
Alles fliegt dir um die Ohren oder Das Geheimnis der
vier Kronjuwelen, vermochten diesem 3D-Juwel der Fifties
eindeutig nicht das Wasser zu reichen.
Von der seit 2016 auch bei uns erhältlichen 3D-BD von It came from
outer Space überrascht aber nicht nur das erstklassige
3D-Bild. Erfreulicherweise ist hier auch noch der damals
revolutionäre originale, englische 3-Kanal-Stereoton erhalten, der
für seine Zeit schon mit beachtlicher Dynamik und im Verhältnis
bestechendem Raumklang aufwartet.
Ein gutes Neues Jahr an alle Leser!