Wer sich Anime-Filme wie Die Reise nach Agartha, Wie der Wind sich
hebt oder The Garden of Words ansieht, muss ungeachtet seiner
Affinität zu den japanischen Zeichentrickfilmen die pure Anmut der
Animationen eingestehen. So erreicht das Gros der Anime eine
ästhetische Qualität, von der klassische Zeichentrickfilme aus den
USA bestenfalls zu träumen wagen. Künstler wie Hayao Miyazaki,
Makoto Shinkai oder auch Eiichi Yamamoto sind mit gutem Grund bei
westlichen Animations-Filmmachern geradezu Legenden. Nicht nur
Kinofilme, sondern auch TV-Serien und OVAs glänzen in Japan mit
besonders hochwertigen Animationen. Als Paradebeispiele der letzten
Jahre können ohne Weiteres Tari Tari, Space Dandy oder auch Terror
in Tokio dienen. Auch Hellsing bzw. Hellsing Ultimate profitiert
von hochwertigen Animationen – zumindest über das Gros der
Spielzeit. Denn die Reihe ist bereits durch viele Hände
gewandert.
Beginnen wir bei der ersten Anime-Serie aus dem Jahr 2001, die ab
2003 Deutschland auf Viva beehrte. Hier zeichnete sich das Studio
Gonzo für die Animationen im damals aktuellen TV-Format von 1,33:1
(4:3) verantwortlich. Gonzo hat sich über die Jahre durch viele
weitere Produktionen einen Namen gemacht, darunter beispielsweise
Last Exile: Fam, The Silver Wing, Bayonetta: Bloody Fate und
natürlich Afro Samurai. Für Hellsing wählte man damals einen sehr
atmosphärischen Stil, der beispielsweise viel mit den Farben
spielt. Speziell Alucards Transformationen oder auch nur seine
dunkle Silhouette, aus der lediglich die orangene Brille
hervorsticht, versprühen viel Charme. Allerdings erkennt man auch,
dass die erste Anime-Serie mit einem begrenzten TV-Budget
produziert wurde, was ab und an kuriose Ergebnisse zur Folge hat.
Während die Hintergründe fast immer grandios gelungen sind, kratzt
man sich speziell bei den weiblichen Figuren am Kopf. Als Beispiel
sei Seras Victoria genannt: Je nachdem welcher Zeichner gerade am
Werk war bzw. wie hoch dessen Testosteron-Pegel offenbar bei der
Arbeit stand, wechselt die Vampir-Dame ihre Körbchengröße von Szene
zu Szene zwischen B bis Doppel-D. Da schauen also sowohl weibliche
als auch männliche Zuschauer eher aus Verwirrung doppelt hin. Wo
Seras Victoria ihre Oberweite ganz nach Bedarf anpasst, gilt dies
bei Lady Integra für die allgemeine Figur. So gibt es Aufnahmen, in
denen die Hellsing-Chefin athletisch und durchtrainiert erscheint,
während sie in der gleichen Episode wenig später plötzlich wie ein
zerbrechliches Mädchen daherkommt. Allgemein spielt bereits der
erste Hellsing-Anime trotzdem auf einem hohen Niveau und weiß
optisch zu gefallen.
Hellsing Ultimate baut in den OVAs sowohl auf dem Stil der Mangas
als auch der ersten Serie auf, unterzieht die Charaktere aber einer
dezenten Frischzellenkur. Speziell Lady Integra wirkt nun weniger
feminin bzw. Fast schon geschlechtslos und deutlich entschlossener
in ihrer animierten Form. Dabei ist zu beachten, dass die OVAs
nicht nur von einem insgesamt höheren Budget profitieren, sondern
auch von mehr Freiheiten. Wo etwa in der TV-Serie Vampire nach dem
Ableben zu Staub zerfielen, geht es in Hellsing Ultimate vielfach
blutiger zu. Für die ersten vier Volumes zeichnet sich dabei das
Studio Satelight verantwortlich. Leider war man 2006 noch zu
unentschlossen und produzierte die ersten OVAs zwar im Format
1,78:1 (16:9), arbeitete jedoch noch in SD. Hierzulande ist
Satelight eher unbekannt. Verantwortlich ist das Studio
beispielsweise auch für Auqarion, Symphogear und spätere
Macross-TV-Serien und Filme. Spannenderweise wechselt die
Verantwortlichkeit ab Vol. 5: Hier tritt Madhouse auf den Plan, die
im Westen wohl zu den bekanntesten Anime-Studios überhaupt zählen.
Etwa hat Madhouse Supernatural: The Anime Series, die
Marvel-Anime-Serien und den Kinofilm Ame & Yiku – Die
Wolfskinder animiert. Für Hellsing Ultimate bedeutet die
Verpflichtung von Madhouse in den Volumes 5 bis 7 einen
erheblichen, visuellen Qualitätssprung. Zumal hier auch die Arbeit
in nativem HD begann. Wie man es von diesem Studio kennt, kommen
jedoch etliche Stilmittel zum Einsatz, so dass das Bild dennoch
weiterhin recht weich wirkt. Die visuelle Verspieltheit, der
Einfallsreichtum und die pure Ästhetik gelingt Madhouse bei
Hellsing Ultimate jedoch so unverkennbar gut, dass man schnell
hingerissen ist. Leider wechselte man für die drei letzten Volumes
8-10 zu den beiden Studios Graphinica und Kelmadick, welche sonst
in der Regel als Subunternehmer für andere Studios tätig sind und
bei größeren Projekten aushelfen. Dadurch sinkt die Qualität der
Animationen erheblich. Speziell merkt man dies dem urplötzlich
stark hochgeschraubten CGI-Einsatz an. Leider sind die
Computer-Elemente oft schlecht hinzugefügt und weichen das Bild auf
bzw. stechen mit Kantenflimmern aus den traditionellen Zeichnungen
hervor. Schade, denn dadurch schwächelt gerade das Finale der
OVA-Reihe visuell.
Wer Lust hat, kann mit uns im Forum weiter zu Hellsing, Hellsing
Ultimate und gern auch weiteren Anime-Serien diskutieren. Morgen
geht es mit unserer Themenwoche weiter und wir machen einen
Abstecher zur Vorliebe von Kreativen und Zuschauern für den
Vampir-Mythos.