Schon als ich von dem Projekt das erste Mal hörte, wurde ich
neugierig auf die Serie. So richtig gehyped und angefixt wie bei
einer neuen Staffel
Game Of Thrones oder
Vikings
war ich zwar lange nicht, aber darum bin ich nun umso überraschter
obgleich des wohlig gruseligen Endproduktes.
The Alienist ist ein hübscher, klassischer, stellenweise
ziemlich graphischer Thriller der alten Schule, der hier einmal
nicht als Kinofilm präsentiert ist, sondern tatsächlich die volle
Distanz einer 10-teiligen Serie geht. Und zwar nicht als
Procedural, sondern auch wirklich als fortlaufende Geschichte. Das
ist in unserer heutigen Zeit schon ein kleines Wagnis, denn wie
will man ganze 10 Episoden mit der Suche nach einem Serienkiller
füllen? Da hatt ich schon Bedenken, es würde wohl die eine oder
andere Länge geben. Aber Nein; die Serie ist von der ersten bis zur
letzten Episode düster, spannend und unterhaltsam, was die Serie
vor allem ihrem historischen Hintergrund zu verdanken hat.
The
Alienist spielt um die Jahrhundertwende in New York, wo es
noch keine Fingerabdrücke gab, noch keine DNA-Test, noch keine
Forensiker und erst recht keine Profiler - aber genau diese tauchen
hier das erste Mal auf und versuchen natürlich sich und ihre
Wissenschaft zu beweisen. Allen voran der Alienist selber. Hier
genannt Laszlo Kreisler, der als Kinderpsychologe auf die Mordserie
aufmerksam wird und sich dem damaligen Polizeichef Roosevelt
aufdrängt sich mit einer eigenen, geheimen Task Force an dem Fall
zu versuchen. Dazu gehören der reiche, aber versoffene Illustrator
Moore, die erste offizielle Polizistin Sara Howard und die beiden
jüdischen Gerichtsmediziner und Forensiker Marcus und Lucius
Isaacson, die quasi auf eigene Faust versuchen den Killer zu
fassen.
Weil es sich bei diesen Figuren allesamt um Aussenseiter handelt,
hat
The Alienist also schon hier etwas mehr zu erzählen.
Und weil es bei diesen Außenseitern um ebenso komplexe wie sture
Charaktere handelt, kabeln sich die recht häufig. Noch dazu sollen
sie ja im Geheimen ermitteln, um die Bevölkerung nicht zu
irritieren, was aber wiederum zu Spannungen führt. Fehlen
eigentlich nur noch ein paar packende Verfolgungsjagden, falsche
Fährten und das eine oder andere finstere Geheimnis, damit man
wirklich Alles aus den 10 Episoden rausholt. Dabei hat
The
Alienist durchaus sehr sehr harte Bilder zu bieten. Die
Kinderleichen werden beispielsweise mit jeden grausigen Details im
Vollbild gezeigt und überschreitet schon mal die eine oder andere
Grenze, womit sich die Serie abermals ziemlich ernst
präsentiert.
Aber nicht nur inhaltlich und atmosphärisch hat mich die Serie
vollends überzeugt, auch handwerklich war die Show auf einem
richtig starken Niveau umgesetzt. Gedreht wurde fast ausschließlich
in Budapest und Umgebung, weil die Stadt eben noch richtig
viktorianisch aussieht. Gleichzeitig merkt man auch an den
Kostümen, der Kameraführung und den namhaften Schauspielern, dass
The Alienist als AAA-Serie ausgelegt und produziert worden ist.
Über Luke Evans und Fanning ist ja immer Verlass, doch gerade
Daniel Brühl hebt sich hier wohltuend hervor. Ich war bisher kein
großer Fan seiner Arbeit, aber bei The Alienist fand ich ihn
durchweg überzeugend und professionell.
Alles in Allem ist mir die erste Staffel 8,5/10 Punkte wert mit
deutlicher Vorfreude auf die 2. Staffel. The Alienist beruht ja
immerhin auf einem Roman von Caleb Carr und der hat noch zwei
weitere Bücher geschrieben und zwei weitere sind in Planung. Genug
Stoff also für weitere vier Staffeln und die Quoten waren ja auch
nicht schlecht. Ich denke, da geht noch was.