Geschrieben: 05 Apr 2015 14:56
Paddington
Story 9
Bild 9
Ton 8
Ausstattung 3
Gesamt 7
Michael Bonds Bär Paddington ist in Großbritannien bereits seit
über 50 Jahren fester Bestandteil der Kultur. Der französische
Vertrieb Studiocanal hat jahrelang an einer zeitgemäßen Verfilmung
gebastelt und ist damit ein enormes, finanzielles Risiko
eingegangen. Nachdem Paddington allein in Deutschland über 2 Mio.
Besucher ins Kino locken konnte, will man den Erfolg im Heimkino
noch ausbauen. Wir schauen uns die hiesige Blu-ray-Umsetzung mit
Elyas M'Barek als deutscher Stimme von Paddington genauer an.
Story
Bär Paddington (im Original Ben Whishaw, in der deutschen Version
Elyas M'Barek) lebt in einem finsteren Dschungel in Peru. Als er
sich daran erinnert, dass ein britischer Entdecker den Bären einst
angeboten hatte, England zu besuchen, packt das Fellknäuel die
Gelegenheit beim Schopfe. Angekommen in London endet Paddington
jedoch heimatlos auf der Straße. An einem Bahnsteig liest ihn die
Familie Brown auf. Vater Henry Brown (H. Bonneville) möchte den
urigen Bären allerdings nur für eine Nacht aufnehmen. Trotz einer
Serie von Unfällen beginnen sich Paddington und die Browns lieb zu
gewinnen, während sie gemeinsam nach einer dauerhaften Bleibe für
den Bären suchen. Wäre da nicht die durchtriebene Millicent Clyde
(N. Kidman), welche gänzlich andere Pläne mit Paddington hat.
Das europäische Filmstudio Studiocanal hat in Paddington fast 40
Mio. Euro gepumpt. Damit handelt sich um die teuerste Produktion,
die der Vertrieb je aus der Taufe gehoben hat. Das Risiko hat sich
ausgezahlt, denn das Abenteuer des wohlerzogenen Bären konnte
international wohlwollende Kritiken und über 250 Mio. US-Dollar an
Einspielergebnis einheimsen. Vielleicht fußt der Erfolg bei Jung
und Alt darauf, dass Paddington über weite Strecken die perfekte
Symbiose aus alter Schule und modernem Zeitgeist darstellt.
Paddington und die Familie Brown wirken in ihren Manieren herrlich
altmodisch und die Geschichte um Akzeptanz und Andersartigkeit ist
zeitlos. Zugleich macht erst die moderne Tricktechnik das perfekte
Zusammenspiel des CGI-Bärens mit den menschlichen Darstellern
möglich. Mit seiner kompakten Spielzeit von rund 95 Minuten
verschenkt Paddington keinen Moment und vermeidet die
Langatmigkeit, welche viele Kinder- und Jugendbuchverfilmungen
heute näher an Blockbuster für Erwachsene rückt. Zudem gelingt
Paddington der Spagat sowohl für Kinder als auch Erwachsene,
ausreichend Unterhaltung zu bieten: Während Kinder sofort über die
Naivität des Bären kichern werden, schmunzeln Erwachsene über den
Wortwitz und erkennen subtile Anspielungen auf die heutige
Integrationspolitik und Globalisierung. Ganz frei von
Schwachpunkten ist der Film des Regisseurs Paul King allerdings
nicht: Nicole Kidman als überdrehte Schurkin wäre im Drehbuch
verzichtbar gewesen. Ihre Rolle stellt den verkrampften Versuch
dar, der Geschichte eine greifbare Antagonistin hinzuzufügen. Hier
wäre mehr Selbstbewusstsein bei den Filmemachern angebracht
gewesen, denn die Handlung um Bär Paddington und sein sich
entwickelndes Verhältnis zur Familie Brown hätte den Film ohne Mühe
allein tragen können.
In Deutschland sind die Geschichten um den liebenswerten Bären
Paddington außerhalb von Kinderbuch-Liebhabern eher unbekannt. In
Großbritannien ist Paddington eine Institution. Nun dürfte der
Kinofilm dazu beitragen, dass die Beliebtheit des Fellbündels auch
hierzulande steigen dürfte. Jedenfalls machen die Abenteuer des
Bären in London eine Menge Spaß und sind auch für Erwachsene ohne
weitere Umschweife für einen Filmabend geeignet. Aufgrund der
Altersfreigabe „Ab 0 Jahren“ und der pädagogisch wertvollen
Erzählweise, die Motive von Freundschaft bis Toleranz ohne
erhobenen Zeigefinger vermittelt, ist Paddington speziell für
Familien ein heißer Tipp. Paddington ist frei von der
überkandidelten Rasanz, die viele Kinderfilme für Erwachsene schwer
erträglich macht, vermeidet aber krampfige Moralpredigten, die
Kinder zur Langeweile animieren. Nicht nur im Kinderzimmer könnte
sich Paddington somit in vielen Haushalten zu einem neuen Favoriten
mausern.
Bildqualität
Paddington bietet ein glasklares, modernes HD-Bild mit natürlichen,
warmen Farben und ausgewogenen Kontrasten. Tatsächlich hilft der
organische Look, dem Familienfilm trotz der fantastischen Elemente
realistisch zu wirken. Gedreht wurde der Film mit digitalen
Kameras, so dass keinerlei Filmkorn zu entdecken ist. Detailgrad
und Schärfe spielen auf sehr hohem Niveau, wie man es von einem
aktuellen Kinofilm erwartet. Kleine Abzüge in der B-Note gibt es
dafür, dass sowohl Bär Paddington selbst als auch einige Aufnahmen
mit ihm etwas weicher wirken, um die CGI-Animationsfigur nicht zu
sehr aus der Umgebung herausstechen zu lassen. Außerdem sei
erwähnt, dass Studiocanal ein deutsches Bildmaster genutzt hat: Das
bedeutet, dass etwa der Text auf Paddingtons Schild um den Hals
tatsächlich auf Deutsch geschrieben ist.
Tonqualität
Sowohl deutscher als auch englischer Ton liegen verlustfrei als
DTS-HD Master Audio 5.1 vor. Wie gewohnt stehen in der deutschen
Abmischung die Stimmen etwas mehr im Vordergrund, sonst
unterscheiden sich die Mixe zum Glück aber nur unwesentlich.
Typisch für einen Familienfilm für alle Altersklassen geht man mit
dem Basseinsatz eher bedacht um und untermalt lediglich einige
rasantere Sequenzen, wie den aus dem Trailer bekannten Ritt
Paddingtons in einer Badewanne, mit etwas mehr Wucht. Sonst
fokussiert sich die Abmischung vor allem auf die wuselnden
Umgebungsgeräusche, welche dem britischen London Leben einhauchen.
Doch auch der im positiven Sinne altmodische Soundtrack von Nick
Aurata ist angenehm dezent platziert und untermalt das Geschehen
mal verspielt, mal ergreifend. Insgesamt handelt es sich hier zwar
nicht um spektakuläres Demomaterial fürs Heimkino, aber um eine
sehr ausgewogene Abmischung, die perfekt zum liebevollen Film
passt.
Ausstattung
„Vom Buch auf die Leinwand“ (ca. 3 Min.), „Ein Bär zu Besuch“ (ca.
2 Min.) sowie „Die Figuren“ (ca. 2 Min.) sind allesamt eher
Promo-Beiträge zum Film ohne großen Informationsgehalt. Leider gilt
dies auch für das „Making-Of“ mit etwa zehn Minuten Spielzeit.
Synchro-Fans wird freuen, dass alle Beiträge komplett auf Deutsch
synchronisiert sind. Das Making-Of nimmt sogar speziell auf etwa
Elyas M'Barek als deutsche Stimme von Paddington Bezug. Zuletzt
gesellt sich noch ein Trailer zum Film hinzu. Alle Beiträge sind in
HD auf der Blu-ray enthalten.
Fazit
Paddington punktet als digitale Produktion mit seiner warmen
Farbgebung, tollem Detailgrad und einem insgesamt natürlichen Look.
Deutsche und englische Tonspur halten dieses Niveau und sind,
typisch für einen Familienfilm, zwar nicht besonders wuchtig, aber
ausreichend atmosphärisch, um das Publikum in Londons turbulentes
Treiben zu transportieren. Leider fällt das Bonusmaterial
enttäuschend aus und versammelt lediglich etwas Werbematerial und
einen Trailer – immerhin alles in HD und deutsch synchronisiert.
Newcomer-Regisseur Paul King hat mit Paddington Sensibilität für
einen Kinder- und Familienfilm mit Niveau bewiesen, der auch ältere
Generationen unterhält, ohne in aufdringliche Slapstick-Orgien zu
verfallen. Entsprechend können wir das Abenteuer des Bären nur
jedem empfehlen, der liebevolle Geschichten mit Herz schätzt und
gern nach einem Film ein positives Gefühl zurückbehält. Schön, dass
Studiocanal bereits an einer Fortsetzung bastelt, welche
hoffentlich die hier gezeigten Stärken beibehalten wird. (anw)