Als Disney damals ankündigte einen dreckigen, düsteren Kriegsfilm
im SW-Universum zu drehen, war das wie Geburtstag und Weihnachten
auf einmal für mich. Als dann noch Edwards als Regisseur
verpflichtet wurde (den ich handwerklich dafür sehr geeignet finde)
und erste Concept-Arts veröffentlicht wurden, schien Disney
wirklich ernst zu machen, meine Vorfreude wuchs. Dann kamen die
Berichte über Nachdrehs,
Rogue One solle nun tonal
angepasst werden und meine Erwartungshaltung fiel schlagartig in
den Keller.
Auch wenn am Ende keine Szene sich wie ein Fremdkörper zum
restlichen Film verhält und die Änderungen nicht sofort ins Auge
stechen, so wirkt er doch nicht komplett rund. Der viel
versprochene „dark & gritty-Ansatz“ trifft nur im direkten
Vergleich zu den anderen Episodenfilme zu. Unterm Strich handelt es
sich aber immer noch um einen Produkt, das versucht eine gewisse
Familientauglichkeit zu wahren. So wird zwar der Bodycount etwas
hochgeschraubt, einige Parallelen zum heutigen Terrorismus gezogen
und auch mal ein richtiger Anti-Kriegsfilm zitiert, doch so
wirklich bitterernst wirkt er zu keiner Sekunde. Dafür ist immer
noch zu viel Humor vorhanden und seine Andersartigkeit wird
wiederum durch zu viel Fanservice abgemildert, als wolle er uns
ständig daran erinnern, dass es immer noch Star Wars ist. Hat man
J.J. Abrams noch ein paar Nostalgie-Noten verziehen, so stehen sie
hier dem Konzept im Wege, was Eigenständiges zu sein. Die gefühlte
Divergenz rührt eher aus dem Mix von Retro-Designs und moderner
Optik sowie dem fast vollständig neuen Maincast, auch wenn noch so
viele bekannte Figuren wie möglich in die Handlung gequetscht
werden (was in manchen Fall auch Uncanny Valley bedeutet).
Da sind wir aber auch schon beim größten Problem: Die Figuren. Sie
sind größtenteils langweilig und maximal eindimensional, bei
Mancher fällt es schwer überhaupt eine Charaktereigenschaft zu
benennen. Selbst der Hauptfigur Jyn Erso nimmt man den Wandel von
„mir ist alles egal“ zu „wir müssen sie aufhalten, koste es was es
wolle“ nicht wirklich ab. Dafür ist ihre 180°-Wende zu forciert und
spontan und wird lediglich durch ein paar plumpe One-Liner
präsentiert („It’s not a problem if You don‘t look up“). Cassian
Andor wirkt so, als wenn man Han Solo ohne das Spitzbübische
geklont hätte, Bodhi ist der vom Krieg gezeichnete und bei Donnie
Yen’s „I am Groot“-Version eines Martial Arts Kämpfers fragt man
sich die ganze Zeit, in welchen Verhältnis er zu der Macht steht
(glaubt er nur an sie oder kann sie doch irgendwie nutzen?). Es
kommt auch nicht wirklich ein Team-Gefühl zwischen den einzelnen
Figuren auf, gerade weil das „Bonding“ zu schnell und überhastet
stattfindet. Das wird dann besonders deutlich, wenn Edwards
versucht Emotionen zu erzeugen, die aber weitestgehend ausbleiben,
weil einen die Figuren doch nicht so an Herz gehen, wie erwünscht.
Man bekommt viel mehr das Gefühl, dass sich die Mitstreiter nur
miteinander verbünden, weil es die Story eben verlangt und nicht
weil es den Charakteren entspricht (das Talent eines Teams wird
halt verlangt). Zumindest Cassian und der K-2SO haben sowas wie ein
bestehendes Charakterverhältnis und entwickeln daraus eine
unterhaltsame Dynamik, auch wenn letzterer wieder der generische
Droide ist, welcher aufgrund seiner rationalen KI immer humorvoll
unpassend wirken soll.
Erzählerisch gibt es also nicht viel Positives zu berichten: Die
Figuren können die Geschichte nicht alleine tragen, der Hauptteil
wirkt manchmal holprig, schwunglos und konstruiert und da wir das
Ende bereits kennen, fehlt die Überraschung wie es ausgeht (das
Problem von Prequels im Generellen). Folglich kann nur das
Schicksal der Hauptfiguren Spannung erzeugen, doch dafür wurden
diese zu rudimentär eingeführt. Da überträgt sich das Gefühl einer
Rebellion anzugehören inkl. die zugehörige Opferbereitschaft, schon
eher auf den Zuschauer, auch wenn dieses mit recht plumpen Dialogen
unterfüttert wird („Rebellion is built on hope“).
So verkommt der Film zu einem One-Trick-Pony, das seine starken
Momente fast ausschließlich in den Action-Setpieces hat. Edwards
entwirft schöne Landschaftspanoramen, füllt diese mit Atmosphäre
und brachialer Action, nur leider hat er nicht viel mehr zu bieten.
Dafür gibt es zwischenzeitlich zu viel Leerlauf. Ja,
Rogue
One knallt vielleicht wie kein zweiter Star Wars, aber ob
einem das reicht, muss jeder für sich entscheiden. So erfreut man
sich an teilweise herausragend inszeniertem Bombast, der aber nur
gelegentlich über erzählerische Unzulänglichkeiten hinwegtäuscht.
Für mich überwiegt hier das nicht genutzte Potential, die Figuren
auszufleischen und somit die Geschichte für sich stehen zu lassen.
Emotionen werden hier nur im Kontext mit Episode IV
generiert.
Man wird zwar von nun an den Opening Crawl von
A New Hope
mit etwas anderen Augen sehen, aber die zitierten „Rebel spies“
sind dann doch nicht so erinnerungswürdig, wie erhofft.
Fazit: In seinen schwächsten Momenten wirkt es wie ein verdammt
hochwertig produzierter Fan-Film mit dem dazugehörigen Zitate-Eifer
und das Wiederaufkochen bekannter Story-Arcs. In seinen besten
Momenten werden wir von der Intensität mitgerissen und erfreuen uns
an optischen Schauwerten.
Rogue One setzt alles auf eine
Karte und will dadurch seine Daseinsberechtigung einfordern. So
bleibt am Ende der fade Beigeschmack von „was hätte da Großes draus
werden können“.
(6/10)