Geschrieben: 19 Nov 2014 14:27
Stanley Kubrick - The Masterpiece
Collection
Story 9
Bild 8
Ton 7
Boni 8
Gesamt 8
Warner Bros. hat bereits 2012 mit der Visionary Filmmaker
Collection einen Liebesbrief an Regisseur Stanley Kubrick
hinterlassen, dem man auf den ersten Blick wenig hinzufügen konnte.
Die neue Masterpiece Collection ergänzt den sonst separat im
Vertrieb von Sony erhältlichen „Dr. Seltsam“ und ersetzt das
vorherige Booklet durch ein neues Fotobuch. Außerdem ist die
brandneue Dokumentation „Eine Erinnerung an Stanley Kubrick“
erstmals auf Blu-ray enthalten. Doch rechtfertigt das für Fans
einen Doppelkauf?
Story
Eine Besprechung der sieben in der Visionary Filmmaker Collection
enthaltenen Filme findet sich in unserem Ursprungs-Review. Deswegen
wollen wir an dieser Stelle zum einen auf den Neuzugang „Dr.
Seltsam“ und zum anderen auf die Qualitäten der neuen Box eingehen.
So ist „Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte die Bombe zu lieben“ eine
Satire auf den kalten Krieg bzw. die Ängste, welche in den 1960ern
rund um eine mögliche, atomare Vernichtung kursierten. Kubricks
schwarze Komödie basiert auf dem Roman „Bei Rot: Alarm! Der Roman
des Drucktastenkriegs“ des britischen Autors Peter Bryant. Der Film
ist abstruser und amüsanter als die Vorlage, was vor allem
Hauptdarsteller Peter Sellers zu verdanken ist. Sellers schlüpft
hier gleich in mehrere Charaktere. Viele Elemente des Films, etwa
die absurd dargestellte Paranoia des Generals Ripper, persiflieren
reale Aspekte der Kultur der 1960er. Insgesamt wirkt die gesamte
Kriegspolitik in „Dr. Seltsam“ komplett surreal bzw. grotesk und
trifft in der heutigen Zeit abnehmender Wahlbeteiligungen und
zunehmender Politikverdrossenheit immer noch einen Nerv. Bis heute
wird der Film deswegen, ähnlich wie andere Filme Kubricks,
kontrovers diskutiert und gleichzeitig in aktuellen Serien wie „Die
Simpsons“ parodiert.
Neben „Dr. Seltsam“ als Neuzugang ist auch die Gestaltung der
Masterpiece Collection völlig neu. So handelt es sich um eine
übergroße Box, vergleichbar mit dem Set zu James Bond aus dem Hause
Fox. Das schlichte Artwork ist stilvoll und erinnert an
Vinyl-Sammlungen. Im Inneren finden sich neben den Blu-rays ein
Memo zur neuen Dokumentation „Eine Erinnerung an Stanley Kubrick“,
der ganzseitige Nachdruck eines Ölgemäldes aus dem Jahr 1972 sowie
ein dickes Hardcover-Fotobuch mit Bildern hinter den Kulissen aller
enthaltenen Filme. Die Aufmachung ist deutlich neutraler und mehr
an Cineasten gerichtet, als die moderner wirkende Visionary
Filmmaker Collection. Gleichzeitig dürfte Sammler ärgern, dass alle
Blu-rays nun einheitlich im Stil der Box bedruckt wurden – bis auf
„Dr. Seltsam“. Der als Einzelveröffentlichung durch Sony
vertriebene Streifen ist mit völlig abweichendem Aufdruck, wie eben
bei der separaten Scheibe, als Fremdkörper erkennbar.
Bildqualität
Bei der Bildqualität sei auf unser erstes Review verwiesen: Denn
Warner Bros. hat alle Scheiben 1:1 beibehalten wie bisher. Zu „Dr.
Seltsam“ ist zu ergänzen, dass der in Schwarz / Weiß gehaltene Film
aus dem Jahr 1964 vor dem Release 2009 einer 4K-Restaurierung
unterzogen wurde. Das sichtbare Filmkorn verleiht der Produktionen
einen fast schon dokumentarischen Look. Trotzdem spielen Schärfe
und Durchzeichnung auf einem hohen Niveau und in Nahaufnahmen sind
einzelne Hautporen der Schauspieler sichtbar. Klar, dass bei einer
Produktion ohne weitere Farben die Schwarzwerte eine große Rolle
spielen – und die stimmen hier nahezu perfekt. Als kleiner
Minuspunkt lässt sich lediglich anführen, dass ab und an
Bildbeschädigungen den Eindruck schmälern – angesichts des Alters
eine verzeihliche Schwäche.
Tonqualität
Auch bei der Tonqualität konzentrieren wir uns auf den Neuzugang
„Dr. Seltsam“ und verweisen für die restlichen Werke auf das Review
zur Visionary Filmmaker Collection. Tatsächlich spendierte Sony der
deutschen Synchronisation eine Spur in Dolby TrueHD 5.1. Leider
nutzt dieser Upmix die breite Bühne aber kaum aus und konzentriert
sich auf die vorderen Lautsprecher. Verwerflich ist dies
keineswegs, denn das dialoglastige Ausgangsmaterial präsentiert
sich passend. Zwar klingen die Stimmen etwas angestaubt, das ist
bei einem 50 Jahre alten Film jedoch auch zu erwarten. Alternativ
ist noch der englische Ton, ebenfalls verlustfrei in 5.1,
enthalten. Hier kommen tatsächlich einige Rear-Effekte dazu und
auch die Bässe sind spürbar kräftiger. Puristen können alternativ
den Originalton in Mono auswählen.
Ausstattung
Für das Bonusmaterial zu „Uhrwerk Orange“, „Barry Lyndon“,
„Shining“ und Co. lohnt sich der Blick auf unser Review zur
Visionary Filmmaker Collection. Als neues Extra, enthält dieses
neue Set in HD die Dokumentation „Eine Erinnerung an Stanley
Kubrick“ (HD, ca. 83 Min.). Die Witwe des legendären Regisseurs
spricht hier über Leben und Tod ihres Ehemannes. Trotzdem driftet
die Dokumentation weder in Kitsch noch in wissenschaftliche
Ernüchterung ab. Christiane Kubrick räumt mit zahlreichen Gerüchten
über ihren Mann auf, mit dem sie 42 Jahre lang glücklich
verheiratet war. Fans des Regisseurs dürften hier alle
Informationsschnipsel gierig aufsaugen. Zumal auch weitere
ehemalige Mitarbeiter Kubricks zu Wort kommen und von ihren
Erfahrungen mit dem Regisseur berichten. Jeder Fan des Filmemachers
kommt hier auf seine Kosten und lernt Kubrick nicht nur als
Künstler, sondern auch als Mensch noch ein Stück besser kennen.
„Stanley Kubrick: Im Fokus“ (HD, ca 30 Min.) betrachtet vor allem
den nachwirkenden Einfluss des Filmemachers. Dabei sprechen
prominente Fans wie Steven Spielberg, Christopher Nolan oder Martin
Scorsese über ihre Bewunderung für Kubrick. Trotz des vielen Lobes
wirkt auch dieser Beitrag sehr authentisch und wird dem Status des
Ausnahme-Regisseurs nur gerecht. Fast eine Stunde geht „Es war
einmal Uhrwerk Orange“ in HD noch auf diesen Meilenstein in
Kubricks Karriere ein, der damals wie heute die Filmgemeinde
aufgrund seiner schonungslosen Gewaltdarstellungen spaltet.
Fazit
Warners neue Stanley Kubrick – The Masterpiece Collection bietet
nicht nur eine sehr stilvolle Aufmachung und enthält im Gegensatz
zur vorherigen Visionary Filmmaker Collection auch “Dr.
Strangelove”, sondern kredenzt drei neue Dokumentationen in HD mit
insgesamt über zwei Stunden Spielzeit. Rechtfertigt das nun für
Besitzer der vorherigen Sammlung einen Doppelkauf? Das muss jeder
für sich entscheiden. Hardcore-Fans des Regisseurs dürften speziell
an der exzellenten Doku „Eine Erinnerung an Stanley Kubrick“ ihre
Freude haben. Bedenkt man jedoch den aktuellen Preisunterschied zur
alten Collection, ist vielleicht etwas Abwarten zu empfehlen. Echte
Anhänger Kubricks sollten angesichts der überraschend gelungenen,
neuen Extras aber ernsthaft über einen Kauf nachdenken. Doppelt
gilt dies für Fans von “Uhrwerk Orange”, da sich ein neuer Beitrag
speziell diesem Klassiker widmet und unter anderem Darsteller
Malcom McDowell mit vielen Anekdoten zu Wort kommen lässt.
(anw)
Kaufempfehlung
8 von 10
Testgeräte Testgeräte:
Panasonic TX-P65VT50E
Onkyo TX SR 606
Heco Victa 5.1 Komplett-Set
Panasonic DMP-BDT310EG