Akira - Special Edition Steelbook Blu-ray
ReviewJedes Filmgenre hat seine Meilensteine. Egal ob Western, Komödie,
Action oder Horror – in jedem Bereich der breit gefächerten
Filmlandschaft entstehen von Zeit zu Zeit Filme, die aus der Masse
herausstechen. In einigen Fällen wird aber auch erst mit einigem
Abstand deutlich, dass es sich bei einem bestimmten Werk um einen
Meilenstein handelt. Allen gemein ist aber die Tatsache, dass sie
sowohl ihrem Genre, als auch der Filmwelt als Ganzes einen
Entwicklungsschub verleihen, den man noch Jahre später, gleichfalls
als „filmischen Fingerabdruck“ wiedererkennt. Es entsteht eine ganz
eigene Art der „Evolution“, die teils seltsame, teils aber auch
prächtige Blüten hervorbringt. Einer dieser Meilensteine war auch
Ridley Scotts „Blade Runner“ aus dem Jahr 1982, der sowohl
inhaltlich, als auch optisch einen unglaublichen Einfluss auf viele
weitere Science-Fiction-Werke ausübte. Dieser Einfluss reichte
sogar bis ins ferne Japan. Scheinbar hatte die dort schon seit
Jahrzehnten populäre Manga-Kultur nur darauf gewartet, sich mit
futuristischem Cyberpunk zu vermischen. Eine erste Kostprobe dieser
Mixtur lieferte der Autor Katsuhiro Otomo mit seinem Manga
Akira, der im Jahr 1988 fürs Kino adaptiert wurde
und nun endlich auch auf Blu-ray vorliegt.
Story:
Am 16. Juli 1988 wird Tokio durch eine rätselhafte Explosion fast
vollständig vernichtet. Doch 31 Jahre und einen Weltkrieg später
hat sich die Metropole aus ihrer Asche erhoben und strahlt heller
als jemals zuvor. Gigantische Wolkenkratzer aus Stahl und Glas
beherrschen das Stadtbild und Millionen Lichter erhellen die
Straßenschluchten von Neo Tokio. Doch der Glanz der hypermodernen
Stadt strahlt nur oberflächlich. Tief in ihren Eingeweiden ist die
Stadt verrottet. Korruption, Gewalt, ja blanke Anarchie herrschen
auf den Straßen. Menschenmassen demonstrieren für mehr Freiheit,
Terroristen verüben Anschläge und Motorradgangs liefern sich
blutige Auseinandersetzungen. Damit vertreiben sich auch Kaneda und
Tetsuo die Zeit, bis sie am Ende einer wilden Verfolgungsjagd auf
einen seltsamen kleinen Jungen treffen, hinter dem auch das Militär
her ist. Tetsuo und der Junge werden kurzerhand eingesackt und in
eine geheime Forschungseinrichtung verschleppt. Und die Begegnung
mit dem kleinen Jungen bleibt für Tetsuo nicht ohne Folgen. Denn
genau wie dieser zeigt auch Tetsuo bald unglaubliche mentale
Fähigkeiten, die jeden in seiner Umgebung in große Gefahr
bringen.
Auch wenn
Akira optisch zweifellos von Blade
Runner beeinflusst wurde, ist der Anime natürlich schon längst
selbst zum Meilenstein geworden. Vor allem in Europa und Amerika
fungierte die Manga-Adaption sozusagen als Urknall, der weiteren
japanischen Animationsfilmen als Wegbereiter diente und den
Manga-Boom weltweit entscheidend beförderte. Vor allem befreite er
den Anime von dem Ruf, lediglich „Kinderkram“ zu sein. Angesichts
der teilweise hohen Brutalität, die der Film an den Tag legt ein
naheliegender Schluss. Daher seien an dieser Stelle auch alle
Eltern gewarnt: die Altersfreigabe „ab 16 Jahren“ ist unbedingt
ernst zu nehmen. Auf jüngere Kinder könnte der Film verstörend
wirken, mal ganz davon abgesehen, dass sie mit der nicht gerade
konventionellen Handlung sowieso nichts anzufangen wüssten. Denn
Akira stellt auch inhaltlich ein „dickes Brett“
dar, welches es erst einmal zu durchbohren gilt. Denn in seiner
Erzählstruktur und Handlung unterscheidet sich das Werk doch teils
erheblich von westlichen Produktionen. Wie so viele japanische
Produktionen (man denke nur an die Godzilla-Filme) führt auch
dieser Film in direkter Linie zur japanischen Urkatastrophe zurück,
nämlich den Abwürfen der beiden Atombomben über Hiroshima und
Nagasaki. Dieses Trauma strahlt bis in die moderne Popkultur des
Landes aus. Seitdem ist das Land hin und her gerissen, von
unerschütterlichem Fortschrittsglauben auf der einen, und der damit
einhergehenden ständigen Bedrohung den Fortschritt nicht
kontrollieren zu können auf der anderen Seite. So beginnt auch
Akira mit der großflächigen Vernichtung Tokios.
Die 30 Jahre später auf den Ruinen der alten Stadt erbaute
Mega-City entpuppt sich auf den zweiten Blick als
menschenverachtender Moloch, in dem ein Leben nicht viel wert ist.
Auch hier birgt der technologische Fortschritt zugleich den Keim
des Untergangs in sich. Als weit größere Bedrohung entpuppen sich
jedoch die telepathisch begabten Kinder, die von Wissenschaftlern
als nächste Stufe der evolutionären Entwicklung der Menschheit
angesehen werden, aber nur bedingt unter Kontrolle zu bringen
sind.
Vor allem als der von Minderwertigkeitsgefühlen geplagte Tetsuo
seine Fähigkeiten entdeckt, ist die Katastrophe vorprogrammiert.
Auch hier zeigt sich die in der japanischen Seele scheinbar
zutiefst verwurzelte Furcht, dass jedem Fortschritt zugleich die
Gefahr der Vernichtung innewohnt. Jemand, der sich
Akira unvorbereitet anschaut, dürfte erst einmal
mit mehreren Fragezeichen über dem Kopf auf der Couch sitzen. Der
Film nimmt sich Zeit, bis sich die eigentliche Geschichte
entwickelt. Diese ist noch dazu durchaus komplex. Gerade wer
Animationsfilme eher als „Kinderprogramm“ ansieht, dürfte von der
erzählerischen und visuellen Wucht des Films überrascht sein. Dass
das Ganze gegen Ende in logisch nicht mehr unbedingt
nachvollziehbare Sphären abdriftet, wird erfahrene Anime-Gucker
nicht überraschen, alle anderen sollten sich daran nicht weiter
stören, sondern sich auf den Kern der Geschichte konzentrieren.
Letztlich ist diese nämlich eine durch und durch menschliche. Rein
handwerklich betrachtet, gilt
Akira bis heute als
absoluter Maßstab für Anime-Produktionen. Das gilt sowohl für die
unglaublich detaillierten Zeichnungen, als auch für das überragende
Sounddesign.
Akira ist ein audio-visuelles
Erlebnis, das man nicht so schnell vergisst.
Bildqualität:
Der Bildtransfer könnte kaum besser sein. Die überaus detaillierten
Animationen und Hintergründe kommen in High Definition erst richtig
zur Geltung. Ein echter Augenschmaus. Sein Alter sieht man dem Film
zu keiner Zeit an.
Tonqualität:
-
Deutsch DTS-HD Master Audio 5.1 (Synchronisation aus dem Jahr
2005)
-
Deutsch DTS-HS Master Audio 2.0 (Synchronisation aus dem Jahr
1991)
-
Japanisch Dolby TrueHD 5.1 (mit zuschaltbaren deutschen
Untertiteln)
-
frontlastig
-
kaum atmosphärische Surroundeffekte
-
kein Subwoofer
-
gute Dynamik
-
Dialoge immer klar verständlich
Trotz der Abmischung in 5.1 werden die Surroundkanäle kaum
beansprucht. Der deutsche Ton bleibt eher frontlastig. Ein
Vergleich der beiden deutschen Synchronisationen ist durchaus
interessant. Nicht nur, dass sich die Synchronsprecher
unterscheiden, auch die Dialoge unterscheiden sich inhaltlich teils
erheblich. Insgesamt ist die Synchronisation aus dem Jahr 2005
vorzuziehen.
Ausstattung:
Das Making-Of befasst sich ausschließlich mit der Überarbeitung des
Soundtracks im Jahr 2001. Zu diesem Zeitpunkt wurde der Ton zum
ersten Mal auf 5.1 Kanäle abgemischt. Die Animation Library befasst
sich mit der Arbeit der Zeichner und wie aus vielen
Einzelzeichnungen letztlich ein Animationsfilm entsteht. An dieser
Stelle kommt auch Mastermind Katsuhiro Otomo ausführlich zu
Wort.
Fazit:
Technisch gibt es an der Blu-ray Premiere von
Akira nicht viel auszusetzen. Das Bild erfüllt
durchweg gehobene Ansprüche, während sich der Ton hauptsächlich auf
die vorderen Kanäle beschränkt. Dafür ist er frei von
altersbedingten Störgeräuschen. Die Extras sind recht interessant,
beschränken sich aber auf ausgewählte Schwerpunkte der
Produktion.
Neben
Bubblegum Crisis und
Ghost in the
Shell ist
Akira einer der
wegweisenden Meilensteine im Anime-Bereich – einmal abgesehen von
den zahlreichen Meisterwerken aus dem Hause Ghibli versteht sich.
Akira etablierte die japanische Animationskunst
endgültig auch in der westlichen Hemisphäre und befreite das Genre
von einigen hartnäckigen Vorurteilen. Denn im Gegensatz zur
landläufigen Meinung ist der Film absolut kein „Kinderkram“. Ganz
im Gegenteil, Kinder sollten sich den Film gar nicht erst
anschauen. Zu brutal und komplex ist die Handlung für den
durchschnittlichen 10-jährigen. Jeder erwachsene Zuschauer sollte
Akira zumindest einmal im Leben gesehen haben,
auch wenn es nur darum geht, mitreden zu können. Denn
Akira ist inhaltlich sicherlich keine leichte
Kost. Japaner erzählen ihre Geschichten eben einfach etwas anders,
als Hollywood das tut. Audio-visuell gehört Otomos Werk sicherlich
mit zum Besten, was jemals ein japanisches Animationsstudio
verlassen hat.
Kurzbewertungen:
Story: 9/10
Bild: 9/10
Ton: 7/10
Extras: 6/10
Gesamt*: 7/10
* In der Gesamt-Bewertung wird die
Story nicht berücksichtigt.Kaufempfehlung: 8/10
Die Kaufempfehlung der Akira Blu-ray
wird anhand der technischen Bewertung und unter Berücksichtigung
der Story berechnet.Testgeräte:
TV: Panasonic TX-P55VT50E (55“) (kalibriert)
Bild: Panasonic DMP-BDT500
Ton: Pioneer SC-LX56
Lautsprecher: B&W 803S (Main), Boston A26 (Front-Wide,
Surround), Teufel M-500 (Back-Surround)