Toys in the Attic (2009)

Story 8
Bild 10
Ton 8
Boni 1
Gesamt 6

Der tschechische Stop-Motion-Film Toys in the Attic könnte als deutlich surreale Version von Toy Story durchgehen und begeisterte die internationale Kritik bereits 2009. In Deutschland blieb es recht still um den Film, doch nun hat sich der Vertrieb Ascot Elite ein Herz gefasst und die Produktion des Studios Bio Illusion auch in Deutschland auf Blu-ray veröffentlicht. Wir prüfen, ob der Film wirklich die ganze Familie anspricht oder eher etwas für Arthouse-Fans ist.

Story

Auf einem Dachboden in einem alten tschechischen Haus hat sich ein ganzes Panoptikum obskurer Spielzeuge und anderer Fundstücke angesammelt. Doch während das Gros der vergessenen Spielgefährten ein friedliches Leben führt, braut sich in der östlichen Dachkammer etwas zusammen. Eine tyrannische Büste herrscht dort über eine Armee von Insekten. Aber das genügt dem Büstenkopf-Diktator noch lange nicht und so entführt er die liebliche Puppe Buttercup in sein Reich. Jetzt müssen ihre Freunde, ein Teddy (F. Whitaker), eine mechanische Maus (J. Cusack) sowie eine Marionette (C. Elwes) Buttercup retten und die Tyrannei der Büste beenden.

Toys in the Attic ist ein Stop-Motion-Abenteuer, das speziell visuell bleibenden Eindruck hinterlässt. Die Macher um Regisseur Jiří Barta lassen ihrer Kreativität freien Lauf und füllen den belebten Dachboden mit zahlreichen skurrilen Kulissen und Protagonisten. Allerdings ist genau aus diesem Grund die Altersfreigabe “Ab 6 Jahren” doch etwas gewagt. Zwar ist die Handlung des Films kindgerecht, doch die düsteren Bilder aus dem Insektenreich der Büste sind teilweise arg bizarr und äußerst intensiv. Ansonsten versprüht der Film aus Tschechien über weite Strecken einen fast schon altmodischen Charme. Zum einen liegt das an dem nostalgischen Orchester-Soundtrack, der an vergangene Tage erinnert, zum anderen stammen auch die Objekte und Figuren auf dem Dachboden schließlich aus vergessenen Zeiten. Das ergänzt sich gut mit der zwar vorhersehbaren aber liebevoll erzählten Story des Films, welche sich als klassische Heldengeschichte der drei Freunde erweist. Besonders beeindrucken dabei die Kombinationen aus Stop-Motion, einigen regulären Realfilm-Sequenzen und CGI-Unterstützung. In der Welt von Toys in the Attic entdeckt man immer wieder neue, fantasievolle Objekte, so dass man am liebsten im Sekundentakt die Pause-Taste betätigen möchte.

Auch wenn man den Film somit als Familien-Unterhaltung vermarktet, dürften sich Arthouse-Liebhaber eventuell sogar noch mehr angesprochen fühlen. Denn bei Toys in the Attic handelt es sich um einen künstlerischen Film, der nie prätentiös wirkt. Natürlich kann die gutherzige Geschichte dennoch auch in Familien für Unterhaltung sorgen. Nur schreckhaftere Kleine könnten von den surrealen, bedrohlichen Insekten geängstigt werden.

Bildqualität
Stop-Motion-Filme bieten sich in der Regel für eine HD-Auswertung geradezu an, da es sich im Grunde um eine Aneinanderreihung hochauflösender Fotos handelt. Das sorgt bei dem nötigen Equipment für ausgezeichnete Schärfe und Detailzeichnung auf Referenzniveau – und dies gilt auch für Toys in the Attic. Das Spielzeug-Sammelsurium offenbart auf den Oberflächen feinste Beschädigungen, Kratzer und auch den einen oder anderen Fingerabdruck. Zum Glück passen auch die Schwarzwerte, und die Kontraste sind kräftig aber niemals überdreht eingestellt. Bei der Farbpalette hat man interessanterweise auf einen leicht unterkühlten Look gesetzt, welcher die surreale Stimmung des Films noch verstärkt. Da auch die Kompression keine sichtbaren Spuren hinterlässt, ist die Höchstnote angemessen.

Tonqualität
Die Blu-ray enthält erfreulicherweise nicht nur eine verlustfreie deutsche Tonspur, sondern auch die recht aufwändige englische Synchronisation der tschechischen Produktion. In letzterer hört man unter anderem Schauspieler wie Forest Whitaker, Cary Elwes und Joan Cusack. Qualitativ sind beide Tonspuren ebenbürtig. Zwar stehen die Synchronstimmen im Vordergrund, besonders der extrem facettenreiche Soundtrack nimmt aber angenehm viel Raum ein. Denn Toys in the Attic variiert zwischen zarten Piano-Klängen, fast schon altmodischen Orchester-Einlagen sowie surrealen Chören. Doch auch die rumpelnden Umgebungsgeräusche des Dachbodens breiten sich über die gesamte Bühne aus und entführen den Zuschauer eindrucksvoll in die bizarre Welt der Spielzeug-Protagonisten. Ascot Elite hat also auch beim Ton alles richtig gemacht.

Ausstattung
Beim Extrapaket zu Toys in the Attic herrscht nahezu gähnende Leere auf dem Dachboden. Denn bis auf einen Trailer zum Film fehlt Bonusmaterial leider komplett.

Fazit

Toys in the Attic bewahrt sich alle Qualitäten, die man an Stop-Motion-Filmen schätzt. Die Bildqualität ist referenzwürdig und überzeugt mit knackscharfen Aufnahmen. Das verstärkt die wunderschön-surreale Stimmung der tschechischen Produktion. Zu danken ist dem Vertrieb Ascot Elite zudem dafür, dass nicht nur die deutsche, sondern auch die relativ aufwändige englische Tonspur enthalten ist. Qualitativ spielen beide Abmischungen auf demselben, hohen Niveau und setzen besonders die tolle Musik in Szene. Leider erlaubt sich die Blu-ray dann beim Extramaterial eine herbe Schlappe und enthält lediglich einen Trailer. Mit Toys in the Attic legt Regisseur Jiří Barta einen liebevoll-schrägen Stop-Motion-Film vor, der einen ganz eigenen Charme versprüht. Das fängt beim teilweise herrlich altmodischen Orchester-Soundtrack an und setzt sich in der surrealen Bilderwelt fort. Die Altersfreigabe “Ab 6 Jahren” erscheint angesichts manch düsterer Szenen um die Büste und dessen bizarrer Insektenarmee jedoch gewagt. Zwar ist die Geschichte durchaus für Kinder geeignet, die starken visuellen Eindrücke könnten aber bei empfindlichen Gemütern durchaus Albträume hinterlassen. Eltern sollten also Vorsicht walten lassen. Zum Glück spricht Toys in the Attic mit seiner kunstvollen Machart aber nicht nur Familien, sondern auch Arthouse-Fans an. Speziell für Filmfans mit Vorlieben für schräge Filme ist Buttercups Rettung deswegen einen besonderen Tipp wert. (anw)

Schön, dass auch solche Filme jenseits des Mainstreams besprochen werden, auch wen das jetzt nicht unbedingt ein Film ist, der in meiner Sammlung landen wird.