Alle Jahre wieder gibt es einen Besetzungswechsel bei der
finnischen Symphonic Metal Gruppe NIGHTWISH. Nachdem
Gründungsmitglied Tarja Turunen im Jahr 2005 eine große Lücke
hinterlassen hatte, die nach langer Suche adäquat mit Anette Olzon
gefüllt wurde, musste diese 2012 während der laufenden Tour die
Koffer packen und nach Hause zurückfliegen. Bandchef Tuomas
Holopainen verpflichtete not Gentleman-like die bereits Wochen
zuvor anvisierte ehemalige AFTER FOREVER Sängerin Floor Jansen als
Ersatz.
Story
Man kann von der Aktion halten, was man will. Holopainen ist ja
mittlerweile bekannt dafür, unliebsame Bandmitglieder ohne
langwierige Diskussionen vor die Tür zu setzen, was er bereits in
der Vergangenheit bei dem ehemaligen Bassisten Sami Vänskä und der
bereits in der Einleitung geschassten Sängerin Tarja Turunen
gezeigt hat.
Wie lange Floor Jansen auf dieser Position „geduldet“ wird, bleibt
abzuwarten. Zumindest durfte sie nun seit geraumer Zeit unter
Beweis stellen, dass sie den Posten hinterm Mikrofon sehr gut
beherrscht. Um dies der ganzen Welt endgültig zu beweisen, wird nun
das am 03. August 2013 aufgezeichnete Konzert vom Wacken Open Air
unter dem Titel Nightwish – Showtime, Storytime auf Blu-ray
veröffentlicht. Die Band zeigte sich dort bei bester Laune. All der
Stress, all der Ärger vom Herbst des Vorjahres scheinen wie
weggespült zu sein. Wie viele im Publikum mögen sich damals gefragt
haben, ob die sympathische Niederländerin wohl zu den Finnen passen
mag? Zumindest sollte diese Frage bald beantwortet werden, denn
bereits beim Opener „Dark Chest Of Wonders“ meistert der Neuzugang
sämtliche Facetten des Stücks ohne Probleme.
Die Setlist konzentriert sich dabei hauptsächlich auf Stücke der
beiden Alben „Once“ und „Imaginaerum“, was mit „Storytime“, „I want
my Tears back“, „Nemo“ und „Wish I Had An Angel“ zum Ausdruck
gebracht wird. Mit „Amaranth“, „She is my Sin“ und „Bless The
Child” werden auch Nummern weiterer Veröffentlichungen geboten,
wobei die beiden ersten Alben leider nicht berücksichtigt werden.
Aber auch so hatten die zigtausend Anwesenden in Wacken eine Menge
Spaß. Bei „Ghost Love Score“ darf Floor schließlich zeigen, dass
sie definitiv die richtige Wahl für den Posten als neue Nightwish
Frontfrau ist, denn selbst die schwierigen Passagen meistert sie
mühelos. Ohnehin macht die Dame eine gute Figur auf der Bühne, was
sie in der Vergangenheit bereits bei den Niederländern von AFTER
FOREVER gezeigt hatte. NIGHTWISH sind aber mindestens eine Nummer
größer, aber auch wenn Floor aufgeregt gewesen wäre, ist dies zu
keiner Sekunde erkennbar. Sie hat sichtlich Freude an ihrem neuen
Job und strahlt mit den übrigen Bandmitgliedern um die Wette.
Schnell wird klar, dass egal wie der Wechsel auch stattgefunden
hat, sie definitiv die Richtige für den Posten ist und die Stärken
ihrer beiden Vorgängerinnen in sich bündelt. Mit „Last Ride Of The
Day“ ist nach anderthalb Stunden letztendlich Schluss.
Bildqualität
Aufgenommen mit insgesamt 17 HD Kameras konnte die fulminante Show
nicht besser eingefangen worden sein. Beim Wacken Auftritt wurden
eine Menge Showelemente wie vor allem die herausragenden und
spektakulären Pyro- und Lichtelemente aufgefahren, die für viel
Bombast sorgen. Allerdings wurde diesem Auftritt kein
entsprechender Transfer spendiert, denn recht häufig machen sich
deutlich sichtbare Beeinträchtigungen bemerkbar, die negativ ins
Gewicht fallen. In puncto Schärfe wird ein sehr detailreiches und
fein gezeichnetes Bild geboten, das kaum Grund zur Beanstandung
bieten würde. Allerdings machen sich doch recht oft Probleme beim
Kontrast mit mittleren bis stärkeren Überstrahlungen, wie auch
Posterizing Effekte und bei Publikumsaufnahmen Rauschen bemerkbar,
die nicht schön zureden sind. Schade eigentlich, denn gerade bei
dieser aufwändigen Show wäre ein entsprechendes Bild das
Sahnehäubchen gewesen.
Tonqualität
Beim Ton setzt sich fort, was bereits beim Bild angefangen wurde.
Zwar ist die Abmischung minimalst besser ausgefallen als sein
optisches Pendant, aber dennoch gab es in dieser Hinsicht schon
weitaus besseres zu hören. Von beiden Varianten ist die Stereo Spur
zu bevorzugen, auch wenn die DTS HD MA 5.1 Spur wesentlich mehr
Räumlichkeit und Liveatmosphäre bietet. Allerdings sind in der
2-Kanal Variante sämtliche Instrumente noch am besten
differenzierbar. So ist der Mix nicht sonderlich ausgewogen, da
nicht alle Elemente auf der Bühne gleichberechtigt wiedergegeben
werden und hin und wieder auch mal im Hintergrund untergehen, wie
etwa das Schlagzeug. Ohnehin scheint der Gesang stark im
Vordergrund zu stehen. Des Weiteren mangelt es an Druck, was bei
einem bombastischen Sound wie bei NIGHTWISH nahezu essentiell ist.
Weder bei den umfangreichen Orchesterpassagen noch beim Schlagzeug
macht sich der Bass herausragend bemerkbar, sondern bietet
bestenfalls ein solides Tieftonfundament, mehr aber auch nicht.
Schade, aber das geht besser.
Ausstattung
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2 Bonus Livesongs
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Please learn the Setlist in 48 Hours (Documentary)
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Nightwish Table Hockey Tournament
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Christmas Song for a lonely Documentarist
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Mediabook
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Mehrseitiges Booklet
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2 Audio CDs mit dem kompletten Wacken Konzert
Wenigstens beim Bonusmaterial hat man nicht geschludert und macht
einiges wieder wett. Sämtliche Beiträge wurden in HD auf die beiden
Blu-ray Discs gepackt. Neben zwei weiteren Bonussongs, sowie zwei
eher humorigen Features liegt das Hauptaugenmerk besonders auf der
Dokumentation „Please learn the Setlist in 48 Hours“. Diese
hinterlässt einen etwas fadenscheinigen Eindruck. Zum einen sollte
Tuomas Satz „You´ve got to give her credit for learning 15 songs in
2 days“ kritisch betrachtet werden, denn wie Floor in einem
Interview zugab, wurde sie bereits einige Wochen vor ihrem Einsatz
darum gebeten, als Ersatz ab November einzuspringen, weswegen die
Niederländerin bereits inmitten der Vorbereitungen dazu steckte.
Zum anderen erscheinen manche Aussagen der Band zum Split doch
voller Doppelmoral und so wirkt diese Doku ansatzweise doch eher
wie eine Art Lobpreisung der Band, wie „toll“ sie die Situation
gemeistert hat. Wie dem auch sei, informativ und unterhaltsam ist
„Please learn the Setlist in 48 Hours“ dennoch. Als Anmerkung:
Olzon verlangte von der Band und vom Regisseur, aus allen bereits
fertig geschnittenen Passagen der Dokumentation entfernt und nicht
einmal namentlich erwähnt zu werden.
Fazit
In technischer Hinsicht hatte man sicher mehr erwartet. Bei einer
bombastischen Show von NIGHTWISH sollten Bild und Ton wirklich
nahezu einwandfrei sein, was bei dieser Veröffentlichung nicht der
Fall ist. Sowohl Kontrastprobleme, Posterizing Effekte und Rauschen
sowie eine unausgewogene Abmischung bieten lediglich insgesamt
gutklassige Qualität. Wenigstens das Bonusmaterial hat es in sich
und entschädigt für so manches Manko. Mit Floor Jansen stellt sich
bereits die dritte Frontfrau in den Dienst der finnischen Symphonic
Metaller von NIGHTWISH. Mit der Blu-ray Veröffentlichung zu
Nightwish – Showtime, Storytime lässt vermeintliche Kritik an der
sympathischen Frontfrau schnell verstummen, auch wenn ihre
Verpflichtung nicht auf die feine englische Art ablief. Aber wie
sagte bereits Goethe: „Was nicht umstritten ist, ist auch nicht
sonderlich interessant.“ (sah)
Story 8
Bildqualität 7
Tonqualität 7
Ausstattung 9
Gesamt * 8
Kaufempfehlung 8 von 10
Testgeräte
TV: Samsung UE55F6500
Player: Sony BDP-S790
AV-Receiver: Denon AVR-1312
Lautsprecher: Front: Dali Zensor 5 + Dali Vocal / Rear: Dali Zensor
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