Slinger (Director's Cut von Cyborg) - Platinum
Cult Edition Blu-ray ReviewDank der Expendables-Filme erleben die Actionhelden der 1980er
gerade ihren zweiten Frühling. Da verwundert es natürlich überhaupt
nicht, dass nach und nach die Filme auf Blu-ray erscheinen, für die
diese Generation Schauspieler berühmt-berüchtigt ist. Eine
besonders schillernde Perle der Filmkunst jener Tage ist sicherlich
Cyborg aus dem Jahr 1989. Nach Karate Tiger (1986) und Bloodsport
(1988) ist es Jean-Claude van Dammes bekanntestes, aber auch
kontroversestes Frühwerk. Die schwierigen Produktionsbedingungen,
unter denen der Film entstand, sind sicher mit ein Grund, warum der
Streifen nicht unumstritten ist. Eigentlich sollte Regisseur Albert
Pyun für die Produktionsfirma Cannon Spider-Man (oja!) und die
Fortsetzung zu Masters of the Universe inszenieren. Als daraus
nichts wurde, fanden die bereits hergestellten Requisiten und
Kostüme in dem daraufhin schnell zusammen geschusterten
Verlegenheitsprodukt Cyborg Verwendung. Während Fans das Ergebnis
bis heute als Kultfilm verehren, sehen das die kritischeren Gemüter
verständlicher Weise anders. Jetzt kann sich jeder selbst ein Bild
machen, denn der Film liegt nun unter dem Titel
Slinger sogar im Director’s Cut auf Blu-ray
vor.
Story:
Die menschliche Zivilisation hat ihre besten Tage bereits hinter
sich. Die Erde gleicht einem Trümmerfeld, in dem die wenigen
Überlebenden keinen Regeln oder Gesetzen mehr folgen. Es herrscht
das Recht des Stärkeren. Die Gang um ihren brutalen Anführer Fender
Tremolo (V. Klyn) tyrannisiert die Gegend um das ehemalige New
York. Per Zufall rettet der Slinger Gibson (van Damme), der
eigentlich Menschen sicher aus der Stadt schmuggelt, den weiblichen
Cyborg Pearl (D. Haddon) vor Fenders Männern. Pearl soll wichtige
Informationen zu einer Gruppe von Wissenschaftlern nach Atlanta
bringen, die damit die Zivilisation wieder aufbauen möchten. Kurze
Zeit später gerät Pearl aber doch in Fenders Hände, der natürlich
ebenfalls an der Macht, die diese Informationen bedeuten,
interessiert ist. Gemeinsam mit der Herumtreiberin Nady (D.
Richter) heftet sich Gibson an Fenders Fersen, denn der Slinger hat
auch noch eine persönliche Rechnung mit dem Banditen zu
begleichen.
Vor einigen Jahren wurde bekannt, dass Regisseur Albert Pyun an
einem Director’s Cut zu Cyborg arbeitet. Die Motivation dahinter
lag darin begründet, dass Pyun noch vor Beendigung der Produktion
die Verantwortung für den Film entzogen wurde. Somit hatte er
keinen Einfluss mehr auf die finale Schnittfassung, die letztlich
in die Kinos kam. Cyborg, wie ihn Fans seit nunmehr 24 Jahren
kennen und lieben, hat also mit den ursprünglichen Intentionen des
Regisseurs nur noch wenig gemein. Wer sich die knapp 90 Minuten
genau ansieht, merkt schnell, dass der Film in vielen Teilen
tatsächlich unfertig und grob zusammengeschustert wirkt – selbst im
Vergleich zu ähnlich gelagerten Filmen jener Tage. An dieser Stelle
erhofft man sich von einem Director’s Cut also am ehesten Abhilfe.
Zusätzlich hält sich hartnäckig das Gerücht, dass die amerikanische
R-rated Kinofassung, die hierzulande ebenfalls als „ungekürzte
Version“ in Umlauf ist, in einigen Gewaltszenen beschnitten wurde.
Bekommt man mit
Slinger also jetzt endlich einen
unrated Director’s Cut geboten? Um es gleich vorweg zu nehmen:
Beide Erwartungen werden enttäuscht. Obwohl Pyun Szenen einfügt,
umschneidet, erweitert, verkürzt, im Film anders positioniert oder
gleich ganz weglässt wird dadurch das Endprodukt auch nicht
logischer, der Erzählfluss nicht geschmeidiger, als in der alten
Fassung. Der größte storytechnische Unterschied besteht darin, dass
nun kein Gegenmittel gegen eine Seuche mehr gesucht wird, sondern
Informationen, um das Stromnetz des Landes wieder zum Laufen zu
bringen. Darüber hinaus gibt es keine echten neuen Erkenntnisse zu
vermelden außer, dass Fender und seine Gang auf einmal Satanisten
sind.
Worüber sich Fans der altbekannten Fassung regelrecht ärgern werden
ist die Tatsache, dass Pyuns Director’s Cut nunmehr sogar
gewaltloser und unblutiger daher kommt. Fenders Überfall auf ein
Fischerdorf wurde zum Beispiel komplett entfernt, ebenso zahlreiche
andere blutige Gewaltszenen. Damit erklärt sich auch die moderate
FSK-Einstufung „ab 16“ für
Slinger. Letztlich
behalten auch alle anderen Kritikpunkte, die dem Film ohne Zweifel
zu Recht vorzuwerfen sind, unverändert ihre Gültigkeit. Das
Drehbuch passt auf einen Bierdeckel, die Schauspieler sind durch
die Bank unter aller Kanone, die Ausstattung und die
Spezial-Effekte liegen selbst für damalige Verhältnisse auf C-Film
Niveau. Selbst die Kampfszenen sind nicht besonders spektakulär.
Van Damme, der Meister des Spagats und des Spinning-Kicks, wird
hier nur ansatzweise gefordert. Damit entpuppt sich „Slinger“
inhaltlich schon einmal als ziemlich ernüchternd. Doch wie sieht es
auf der technischen Seite aus?
Bildqualität:
Bevor
Slinger in Deutschland ein Label fand,
verkaufte Albert Pyun seine neue Fassung im Selbstvertrieb auf DVD.
Schon damals wurde bekannt, dass für die neu eingefügten Szenen
kein originales Filmmaterial mehr zur Verfügung stand, sondern nur
noch ein VHS-Tape mit entsprechender Qualität. So muss man die
vorliegende Bildqualität mit zweierlei Maß messen. Die gute
Nachricht ist, dass die altbekannten Szenen aus Cyborg in
erstklassiger HD-Qualität vorliegen. Schärfe und Detailzeichnung
bewegen sich auf hervorragendem Niveau. Zusammen mit feinem
Filmkorn und ausgewogenen Kontrasten entwickelt sich ein sehr
angenehmer, filmischer Eindruck. Die Farbpalette ist eher warm und
leicht ins Rötliche verschoben. Hier von einem „Rotstich“ zu
sprechen, wäre allerdings falsch. Die leicht veränderte Farbgebung
ist zu jeder Zeit als künstlerisch gewolltes Stilmittel zu
erkennen. Der Schwarzwert verschluckt auch in den düsteren Szenen
in der Kanalisation keine Details. Verschmutzungen oder
Beschädigungen des Masters sind nicht zu erkennen. Dem gegenüber
sieht es bei den neu eingefügten Szenen leider gar nicht rosig aus.
Dass das Quellmaterial nur noch auf einem VHS-Band zur Verfügung
stand ist einleuchtend, denn genauso sehen diese Szenen auch aus –
für eine Veröffentlichung auf Blu-ray schlicht und einfach
indiskutabel. Da sich alte und neue Szenen immer wieder abwechseln,
entsteht der Eindruck eines Flickenteppichs, an den man sich erst
einmal gewöhnen muss. Zum Sehgenuss trägt dieses qualitative Hin
und Her jedenfalls nicht bei. Zusätzlich dazu leidet der Film,
unabhängig vom verwendeten Filmmaterial, durchgängig an einem
auffälligen Ruckeln bei horizontalen Kameraschwenks. Rechnet man
alles zusammen, sind mehr als knappe fünf Punkte leider nicht
drin.
Tonqualität:
Da die Rechte für „Cyborg“ inklusive der deutschen
Originalsynchronisation nach wie vor bei MGM liegen, musste für die
Veröffentlichung von
Slinger eine neue deutsche
Synchronisation erstellt werden. Immerhin wurden keine Kosten und
Mühen gescheut, um die wohlbekannte „van-Damme-Stimme“ Charles
Rettinghaus zu verpflichten, was schon mal eine gute Nachricht ist.
Über die restlichen Sprecher lässt sich ebenfalls nicht viel
Negatives sagen. Dass es sich nicht um die Crème der Zunft handelt,
sollte dennoch klar sein. Viel störender ist sicher die Tatsache,
dass die neue Synchronisation eben auch „neu“ klingt, man für einen
Film dieses Alters eigentlich keine laute Hochglanzakustik
erwartet. Eben diese Tatsache trägt aber dazu bei, dass sich die
neue Synchro zu keiner Zeit organisch mit dem Film verbinden will.
Die alberne, elektronisch „vertiefte“ Stimme von Fender trägt ihr
übriges dazu bei. Darüber hinaus gibt es das altbekannte Gebrüll
und Geschrei zu hören, bei dem selbst ein Synchro-Azubi nicht viel
falsch machen kann. Neben neuen Szenen wurden auch neue Dialoge
eingefügt oder umgeschrieben, die sich teilweise im Off abspielen,
der jeweilige Schauspieler also gar nicht im Bild ist. Dadurch
entpuppt sich gerade der coole Fender als regelrechte
Quasselstrippe. Hätte man ihm gar nicht zugetraut. Neben neuem Text
gibt es auch neue Soundeffekte und einen neuen Soundtrack zu hören,
der sich allerdings noch weniger in das Gesamtbild einfügen möchte.
Zu laut, zu nervig kleistert er die meisten Kampfszenen wie in
einem hektischen Computerspiel zu. Das trägt nun wirklich nicht zu
einer postapokalyptischen Stimmung bei. Die Abmischung des
deutschen Dolby Digital 5.1 Tons ist aber grundsätzlich gelungen.
Die Effektlautsprecher werden durchgängig diffus eingebunden. Der
Subwoofer wird nicht gefordert.
Ausstattung:
Die Angabe der Extras mit 209 Minuten auf dem Backcover der Blu-ray
relativiert sich ziemlich schnell, wenn man sich den Inhalt einmal
näher betrachtet. Ein Making-Of der Neusynchronisation ist mit rund
drei Minuten Laufzeit äußerst knapp bemessen. Darüber hinaus gibt
es noch eine qualitativ bescheidene Workprint-Fassung des Films zu
sehen. Alles andere sind diverse Bildergalerien. Der durchaus
interessante Audiokommentar von Albert Pyun zu seinem
Herzensprojekt liegt leider nur auf der beigefügten DVD-Fassung des
Films vor.
Fazit:
Technisch ist
Slinger letztlich nicht zu
empfehlen. Für den Preis einer Blu-ray erwartet man zu Recht
durchgängig entsprechendes Bildmaterial. Das bekommt man hier
leider nur bedingt geboten. Während die Szenen aus „Cyborg“
sämtliche Qualitätsstandards erfüllen, fallen die neu eingefügten
Szenen leider extrem ab, so dass kein homogenes Gesamtergebnis
entsteht. Der deutsche Ton wurde ansprechend abgemischt, Puristen
werden sich aber an der neuen Synchronisation und dem nervigen
Soundtrack stören. Die Extras auf der Blu-ray sind kaum der Rede
wert. Wer den Audiokommentar von Albert Pyun hören möchte, muss zur
DVD greifen.
Haben wir Albert Pyun die ganzen Jahre zu Unrecht verkannt? Ist an
ihm in Wirklichkeit ein Meisterregisseur verloren gegangen? Wohl
kaum. Auch sein Director’s Cut ist rational betrachtet immer noch
ein unterdurchschnittliches Machwerk, das lediglich von seinem
„Kultfaktor“ lebt. Pyun versteht sich ganz gut darauf, auch mit
begrenzten Mitteln eine gewisse apokalyptische Atmosphäre zu
erzeugen. Alles andere an
Slinger ist genauso
trashig wie seinerzeit bei Cyborg. Für viele dürfte dieser Re-Cut
noch unbefriedigender sein als das Original, fehlen doch hier sogar
die Gewaltspitzen, die Cyborg für lange Zeit das „schwere“
SPIO-Siegel „Strafrechtlich unbedenklich“ und eine Indizierung
einbrachten. So ist diese Fassung nur für Hardcore-Fans
interessant. Allen anderen ist schon auf Grund der stark
schwankenden Bildqualität von einem Kauf abzuraten.
Kurzbewertungen:
Story: 5/10
Bild: 5/10
Ton: 7/10
Extras: 3/10
Gesamt*: 5/10
* In der Gesamt-Bewertung wird die
Story nicht berücksichtigt.Kaufempfehlung: 5/10
Die Kaufempfehlung der Slinger
Blu-ray wird anhand der technischen Bewertung und unter
Berücksichtigung der Story berechnet.Testgeräte:
TV: Panasonic TX-P55VT50E (55“) (kalibriert)
BDP: Panasonic DMR-BST720
Ton: Pioneer SC-LX56
Lautsprecher: B&W 803S (Main), Boston A26 (Front-Wide,
Surround), Teufel M-500 (Back-Surround)