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Der Elefantenmensch

Gestartet: 07 Nov 2013 14:37 - 0 Antworten


Veröffentlichung:
07.11.2013
Laufzeit:
123 Minuten
Schauspieler:
Regisseur:
Produktion:
Kategorie:
Altersfreigabe:
#1
Geschrieben: 07 Nov 2013 14:37

Michael Speier

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Story: 10/10
Bildqualität: 9/10
Tonqualität: 7/10
Ausstattung: 6/10


Regisseur David Lynch machte sich einen Namen mit absonderlichen Filmen, die allesamt die Handschrift des Regisseurs trugen und nur selten beim ersten Ansehen verstanden wurden, beziehungsweise derart viel Spielraum für Interpretationen lassen, dass sie dem Publikum für lange Zeit im Gedächtnis herumspukten.
Während es eines der Markenzeichen Lynchs ist, die Abgründe hinter der scheinbar biederen, freundlichen Fassade auszuloten, schuf er 1980 mit Der Elefantenmensch einen Film, der statt dessen das Menschliche hinter einer abschreckenden Fassade aufzeigt und damit zugleich auch ein Mahnmal für Toleranz Andersartigen gegenüber darstellt.


Story:

Während eines Jahrmarktbesuchs stößt der bekannte Chirurg Frederick Treves (A. Hopkins) auf John Merrik (J. Hurt). Der schwer missgebildete Merrik wird dort als Attraktion im Rahmen einer Freakshow als Der Elefantenmensch ausgestellt und von seinem „Besitzer“ schwer misshandelt. Treves nimmt Merrik unter seine Obhut und entdeckt bald, dass der entstellte Merrik ein sensibler Mensch ist, der sehr viel menschlicher ist, als die Meisten in seiner Umgebung. Doch das Schicksal holt den Missgebildeten Mann ein, denn selbst die sogenannte feine Gesellschaft des viktorianischen Englands und auch die medizinischen Gelehrten sehen in Merrik oft nicht mehr als ein entstelltes Monstrum.

Der Film basiert auf der wahren Geschichte von Joseph Merrick, welche Aufzeichnungen seines Arztes Treves entnommen wurde. Produziert wurde dieses Drama von Mel Brooks, der von dem Drehbuch und dem Regisseur begeistert war, seinen Namen allerdings aus den Credits und vom Filmplakat streichen ließ, damit niemand den Verdacht hegte, es handle sich bei dem Film um eine, für Mel Brooks typische, Parodie.

Mit Der Elefantenmensch lieferte Regisseur David Lynch nach seinem Debut Eraserhead seinen zweiten Kinofilm ab und schaffte damit den Sprung ins Mainstream-Kino. Gleichzeitig zeigt der in Schwarz-Weiß gedrehte Film mit seinen zahlreichen Schattenspielen bereits die hohe künstlerische Ader Lynchs, die er neben seiner Tätigkeit als Filmschaffender auch als Maler, Komponist und Fotograf auslebte. So legte der Film nicht nur einen Grundstein für die Kinokarriere des Ausnahmetalents, sondern zeigt bereits zahlreiche Facetten, die auch in späteren Filmen typisch für Lynch werden sollten.

Die schauspielerischen Leistungen sind ebenfalls in jeder Hinsicht bemerkenswert. Zum einen wäre da ein phantastischer Anthony Hopkins, der bereits bei der ersten Begegnung mit Merrick eine Träne des Entsetzens und der Trauer hervorzaubert, und somit schon ganz zu Anfang des Films zeigt, warum er zu Recht zu den ganz Großen seiner Zunft gehört. Im weiteren Verlauf stellt Hopkins noch mehr von seinem Talent zur Schau, wird allerdings von seinem Filmpartner John Hurt locker an die Wand gespielt. Hurt schafft es, trotz der grandiosen Arbeit des Maskenbildners, der Hurt täglich in stundenlanger Arbeit in den Elefantenmenschen verwandelte, seine Emotionen glaubhaft und sichtbar darzustellen. Trotz der Tatsache, dass der größte Teil seiner Mimik unter einer Maske verborgen ist, schafft Hurt es dennoch, eine absolut grandiose, man möchte sogar sagen tadellose, schauspielerische Leistung zum Besten zu geben. Auch die Arbeit des Maskenbildners ist derart genial und glaubwürdig, dass der Zuschauer keinen Augenblick daran zweifelt, den echten Joseph Merrick vor der Kamera zu sehen. Das hat auch zur Folge, dass es ein leichtes ist, sich die enormen Reaktionen der damaligen Bevölkerung vorzustellen.

Obwohl der Film für acht Oscars nominiert wurde, gewann er keine einzige der Trophäen. Der Oscar für das beste Make-up wurde erst im Folgejahr eingeführt, was zum Teil daran liegen mochte, dass eine Protestwelle losbrach, da man die von Christopher Tucker entworfenen Masken gewürdigt wissen wollte.
Und so ist David Lynchs zweiter Spielfilm auch heute noch ein großartiges Meisterwerk, das nichts von seinem Charme und seiner Intensität verloren hat. Von der ersten Minute bis zum dramatischen Ende packt der Film seine Zuschauer und hält ihnen einen Spiegel vor, wie die schaulustigen Gaffer Merrick einen Spiegel vorhalten. Grandioses Kino in seiner reinsten Form.


Bildqualität:

Das Bild liegt in perfekt kontrastiertem Schwarz-Weiß mit hervorragendem Schwarzwert vor, wodurch der authentische Charakter dieses Biopics zusätzlich an Stärke gewinnt. Die Schärfe, vor allem im Nahbereich, ist verblüffend gut, zeigt Materialstrukturen und kleinste Details und wirkt teilweise schon richtig plastisch. Feines, nur in wenigen Szenen stärker bemerkbares, Filmkorn verleiht dem Streifen zusätzliche Erhabenheit. Filmfehler und störende Artefakte sind ebenfalls fast völlig verschwunden, und so zeigt Der Elefantenmensch, was man aus einem über 30 Jahre alten Film mit anständiger Restauration herausholen kann.


Tonqualität:

Der deutsche Stereoton ist nahezu perfekt abgemischt und klingt frisch und dynamisch. Auf Raumklang muss man zwar verzichten, dafür gibt es aber andererseits kein störendes Hintergrundrauschen. Stattdessen liefern die Frontlautsprecher glasklare Dialoge und eine wohlklingende Geräuschkulisse. Auch der sparsam eingesetzte, sehr melancholische, für den Oscar nominierte Soundtrack von Mel Brooks Stammkomponist John Morris klingt überraschend gut. Man könnte vielleicht den fehlenden Raumklang bemängeln, doch ein Titel wie dieser kommt auch ohne hervorragend aus, zumal es ohnehin an großen Möglichkeiten für tonale Highlights fehlt. Wer dennoch hören möchte, wie sich HD-Surround anhört, der kann auf den ebenfalls nahezu perfekten Originalton zurückgreifen.


Ausstattung:

- Featurette: Joseph Merrick – Der wahre Elefantenmensch (19:53 Minuten)
- Die Luft brennt: Interview mit David Lynch (14:50 Minuten)
- John Hurt Interview (20:14 Minuten)
- David Lynch Interview (24:49 Minuten)
- Mike Figgis interviewt David Lynch (19:50 Minuten)
- BD-Live

Neben einem sehr informativen Feature über den echten Joseph Merrick, welches mit zahlreichen zeitgenössischen Aufnahmen und Fotos aufwartet und neben dem hohen Informationsfaktor auch unglaublich spannend und gut erzählt ist, gibt es auf der Scheibe zahlreiche Interviews, die so ziemlich jeden Aspekt beleuchten und jede Frage beantworten, die in Zusammenhang mit dem Film und dessen Produktion, aber auch ganz allgemein über die Arbeiten von David Lynch aufkommen könnte. Natürlich wären ein Audiokommentar oder ein Special über die großartige Arbeit des Maskenbildners eine schöne Sache gewesen – und auch Specials in HD wären nicht zu verachten, aber alles in allem stellen die gebotenen Extras schon einen erheblichen Mehrwert dar.


Fazit:

Technisch muss man vor dem mehr als 30 Jahre alten Film durchaus den Hut ziehen. Das Schwarz-Weiß-Bild ist nahezu perfekt, der deutsche Stereoton klingt ebenfalls ganz hervorragend, und die zahlreichen Extras lassen kaum eine Frage offen.

Der Film selbst ist ein absolutes Meisterwerk, welches Kunst und Mainstream aufs trefflichste verbindet, und mit zwei absoluten Top-Schauspielern eine wahre Geschichte erzählt, die packender ist, als manches, was Hollywood sich ausdenken kann. Ein absoluter Pflichtkauf für Cineasten, und eine wertvolle Neuentdeckung für alle, die den Streifen noch nicht kennen. (ms)


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