Story: 3/10
Bild: 9/10
Ton: 9/10
Ausstattung: 7/10
Charlie Sheen hat ein Händchen dafür, sich die Rollen auszusuchen,
die ihm förmlich auf den Leib geschneidert sind. Schon seine Rolle
des Charlie Harper in Two And A Half Men wirkt fast so, als hätte
man Sheens Leben verfilmt. Und auch nach seinem Rauswurf aus der
Serie machte Sheen so weiter, als wäre nichts gewesen. Mit seiner
eigenen Serie Anger Management untermauert er sein Image als
trinkfester Frauenheld, und auch Charlies Welt scheint eine
hemmungslose Selbstdarstellungsorgie zu sein. Doch der
Originaltitel A Glimpse Inside The Mind Of Charles Swan III.
offenbart, dass es sich hier NICHT um einen Film über Charlie
Sheen, sondern um einen Film über den Designer Charles Swan III.
handelt. Aber irgendwie sind die beiden sich dann doch sehr ähnlich
– zumindest in Roman Coppolas filmischer Aufarbeitung.
Story
Mit Charles Swan III. (C. Sheen) stimmt etwas nicht, soviel ist
klar. Und so begibt er sich in psychiatrische Behandlung und
schnell wird klar, dass Charlies Kopf nur von Frauen und Sex
beherrscht wird. Allerdings befinden sich auch noch Schuhe in
seinem Gehirn, und um herauszubekommen, was die da zu suchen haben,
muss Charlie sehr viel weiter in sein Innerstes eindringen, als ihm
lieb ist. Denn die Schuhe gehören Ivana (K. Winnick), die ihn
gerade verlassen hat, weil sie Fotos seiner Verflossenen gefunden
hat. Aber das sind längst nicht alle Probleme, denn Charlie steckt
auch noch in finanziellen Nöten und wenn er nicht bald den
Coverentwurf für seinen Freund, den Stand-Up-Comedian Kirby Star
(J. Schwartzmann) fertig bekommt, dann sieht es übel für ihn aus.
Da kann ihm dann auch sein Manager Saul (B. Murray) nicht mehr
helfen, der ansonsten stets für ihn die Bresche springt. Selbst,
wenn Charlie wieder einmal von halbnackten Indianerinnen oder
Sci-Fi-Amazonen angegriffen wird!
In seinem ersten Kinofilm als Regisseur orientiert sich Roman
Coppola stark an den Arbeiten von Wes Anderson, bei dessen Filmen
Coppola häufig die Regieassistenz übernahm und auch die Drehbücher
schrieb. Überhaupt wirkt „Charlies Welt“ fast, als wäre er von Wes
Anderson. Auch das Mitwirken von Andersons Stammdarstellern Bill
Murray und Jason Schwartzmann verstärken diesen Eindruck.
Allerdings ist Andersons unnachahmlicher Stil eben genau das –
unnachahmlich. Und so scheitert Coppola mit seinem Film leider an
all den Kleinigkeiten, die Andersons Filme zu Kunstwerken machen:
Schnelle, auf den ersten Blick unsinnig wirkende Schnittfolgen;
traumhaft-comicartige Sequenzen; starke Farben, surreale Dialoge –
das alles funktioniert bei „Charlies Welt“ nicht so wirklich,
sondern wirkt irgendwie gewollt und gekünstelt.
Einzig den grandiosen Darstellern ist es zu verdanken, dass dieser
Film überhaupt eine Daseinsberechtigung hat. Katheryn Winnick
spielt Ivana, die Verflossene des Hauptdarstellers mit
überzeugender Boshaftigkeit und überzeugt auf ganzer Linie, obwohl
ihre Rolle drehbuchbedingt teilweise albern und übertrieben
ausfällt.
Bill Murray gibt eine astreine Performance zum Besten, wie es nicht
anders zu erwarten war. Dabei agiert er von übertrieben bis völlig
emotionslos, wie man es von ihm aus echten Wes Andersons Filmen
schon gewohnt ist. Auch Jason Schwartzmann agiert voller Elan und
sorgt für einige sehenswerte Highlights. Haupt- und
Selbstdarsteller Charlie Sheen spielt Charles Swan III., und die
Rolle hat – sicherlich nicht von ungefähr – eine sehr große
Ähnlichkeit mit ihrem Darsteller, beziehungsweise seiner
Paraderolle Charlie Harper. Zwar handelt es sich bei Charles Swan
III. um eine real existierende Person, allerdings kratzt diese
Möchtegern-Biografie nicht einmal an der Oberfläche, sondern zeigt
unzusammenhängende Szenen, die von vornherein als Traum-
beziehungsweise Gedankensequenzen ausgewiesen werden, und somit
keinen Anspruch auf Authentizität erheben.
Über den echten Charles Swan III. erfährt der Zuschauer in diesem
mosaikartigen Flickwerk so gut wie überhaupt nichts. Die große
charakterliche Ähnlichkeit von Charlie und Charlie ist allerdings
auch die Stärke des Streifens, denn Sheen spielt Swan, als wäre er
es selbst. Und so fällt es bereits nach wenigen Minuten schwer,
zwischen Charlie Sheen und Charles Swan III. zu unterscheiden, und
man zieht unweigerliche Parallelen zu Charlies Privatleben,
respektive früheren Rollen. Lediglich der Witz und die
Schlagfertigkeit, wie man sie von Figuren wie Charlie Harper
gewohnt ist, fehlen hier völlig, was Autor und Regisseur Coppola
durch abstruse Ideen auszugleichen versucht. Doch auch wenn es
nicht an Ideen mangelt, kommt der Film nicht in Fahrt, und
präsentiert dem Zuschauer Langeweile am Fließband und eine mehr als
merkwürdige Geschichte, welcher man nur schwer folgen kann – und es
letztendlich auch irgendwie gar nicht will.
Bildqualität
- hervorragender Schwarzwert
- großartige Schärfe in allen Einstellungen
- strahlende, natürliche Farben
- keinerlei Filmfehler, kein Filmkorn, keine Verunreinigungen
feststellbar
Das Bild ist absolut hervorragend und erlaubt sich keinerlei
Schwächen. Genauso muss eine Blu-ray aussehen.
Tonqualität
- klar verständliche Dialoge
- gut abgemischter Soundtrack
- Raumklang und Signalortung im Rahmen der Möglichkeiten gut
abgestimmt
Tontechnisch bietet diese Scheibe genrebedingt nicht allzu viel,
schöpft aber die Möglichkeiten, insbesondere was die musikalische
Untermalung angeht, weitestgehend aus.
Ausstattung
- Audiokommentar
- Making Of Charlies Welt (24:55 Minuten)
- Interview mit Charles White III. (12:13 Minuten)
- Interview mit Arne Elsholtz (12:11 Minuten)
- Trailer (deutsch/englisch)
- Trailershow
Fazit
Technisch erlaubt sich die Scheibe keine großen Schwächen. Das Bild
ist durchweg scharf, setzt auf satte und strahlende Farben und
verfügt über einen ausgezeichneten Schwarzwert. Tontechnisch wird
einiges aufgefahren, obwohl der dialoglastige Streifen überwiegend
frontlastig bleibt. Dennoch fehlt es nicht an Szenen voller
Räumlichkeit und Power, wobei der großartig ausgewählte Soundtrack
eine nicht zu verachtende Rolle spielt. Der Bonussektor ist
ebenfalls ausgesprochen gefällig, verfügt mit einem Making of und
diversen Interviews über einige Hintergrundinformationen, auch was
die Synchronisation angeht. Lediglich der Audiokommentar, der ein
Groß an weiteren Informationen bereithält, verfügt über keine
deutschen Untertitel, was ausgesprochen Schade ist.
Der Film steht unübersehbar unter dem Einfluss von Wes Anderson,
obwohl dieser nicht an der Produktion beteiligt war. Darsteller und
Dialoge, Schnittfolge und Inszenierung erinnern an Filme wie
Darjeeling Limited und Moonrise Kingdom ohne dabei auch nur
annähernd die Qualität dieser Filme zu erreichen. Wären andere
Schauspieler involviert, hätte der Film sicher keine
Daseinsberechtigung, so aber könnte er zumindest für Charlie Sheen
Fans interessant sein, auch wenn Charlie hier reichlich merkwürdig,
zahm und wenig bissig rüberkommt.