Geschrieben: 12 Sep 2013 12:58
One Hour Photo
Story 8
Bild 5
Ton 7
Ausstattung 7
Gesamt 6
In One Hour Photo aus dem Jahr 2002 tritt Schauspieler Robin
Williams mal nicht als liebenswerter Held, sondern als gestörter
Außenseiter auf. Fox hat den Psycho-Thriller unter Mitwirkung von
Regisseur Mark Romanek nun erstmals in HD umgesetzt. Die Blu-ray
enthält zudem das gesamte Extramaterial bisheriger DVD-Fassung plus
einige neue Beiträge. Ob One Hour Photo auch über zehn Jahre nach
seiner Premiere immer noch genau so fasziniert, klären wir in
unserem Review.
Story
Seymour „Sy“ Parrish (R. Williams) arbeitet seit Jahren im
Supermarkt SavMart als Foto-Entwickler. Während er im Markt
zuvorkommend bedient, fristet er privat ein einsames Dasein. Er
entflieht seiner kargen Realität, indem er sich mehr und mehr mit
der Familie Yorkin identifiziert, die seit der Geburt ihres Sohnes
Jake bei ihm seine Fotos entwickeln lässt. Heimlich fertigt Sy von
allen Bildern der Familie Abzüge an und nimmt in seiner Fantasie an
deren Alltag teil. Als ihm das nicht mehr ausreicht, versucht er
sich mit immer aggressiveren Tricks in das Leben der Yorkins
einzuschleichen und findet heraus, dass die Bilderbuchfamilie, von
der er so gerne ein Teil sein möchte, nur in seinem Verstand
existiert. Die Folgen sind für alle Beteiligten fatal.
One Hour Photo wurde bei Erscheinen in der Presse diskutiert, da
der auf gutmütige Kauze abonnierte Robin Williams hier den Schurken
mimt. Eine Rolle, die er später nochmals in Christopher Nolans
Insomnia verkörpert. One Hour Photo setzt nicht auf Schockeffekte,
sondern auf die ausgiebige Charakterisierung des einsamen
Foto-Entwicklers Seymour „Sy“ Parrish. Man entwickelt trotz seiner
psychischen Störung Sympathie für den Eigenbrötler, da schnell klar
wird, dass sich Sy nur nach der familiären Geborgenheit sehnt, die
er selbst nie kannte. Die Wege, auf denen er sich in das Leben der
Familie Yorkin einzuklinken sucht, werden im Verlauf des Films
jedoch immer verstörender. Regisseur Mark Romanek inszeniert den
Einblick in die Psyche eines derart kranken Menschen eindringlich
und lässt die Grenzen zwischen „Gut“ und „Böse“ in diesem
Psycho-Thriller verschwimmen. Ist Sy „böse“, weil er sich nach
einem sozialen Leben sehnt? Nein, aber seine Wege dies zu erreichen
sind gestört. Ist Mr. Yorkin der „Gute“? Auch dies muss man
verneinen, denn er betrügt seine Frau und schätzt nicht, dass er
hat, wonach sich Menschen wie Sy sehnen. Letzten Endes gibt es in
One Hour Photo sehr viele Grautöne, was zur bedrückenden und
intensiven Atmosphäre einiger Szenen beiträgt. Allerdings erkennt
man zugleich eine gewisse Satire auf amerikanische Supermärkte
sowie das nur scheinbar idyllische Leben der amerikanischen
Klischee-Familie.
Amüsanterweise wirkt One Hour Photo durch das Aufkommen von Foto-
und Social-Netzwerken wie Facebook, Flickr und Instagram zum Teil
etwas veraltet. So mokiert Sy in einer Szene, dass die meisten
Menschen den Blick für die kleinen Augenblicke des Alltags verloren
hätten und niemand diese in Bildern festhalten würde. Diese
Behauptung kann man heute als widerlegt betrachten, wenn man
bedenkt, dass man auf den genannten Online-Plattformen selbst von
den banalsten Dingen in Sekundenschnelle Tausende von Fotos
aufstöbert. Vielleicht hätte Sy auf derlei Plattformen heute
Anschluss gefunden? One Hour Photo ist ein toller Psycho-Thriller,
mit einem zurückgenommenen Robin Williams, der sich hier von einer
ganz anderen Seite zeigt. Fans des Schauspielers und/oder des
Genres, ist der Film ans Herz zu legen. Kleines Fun-Fact: Der aus
den Marvel-Filmen bekannte Clark Gregg alias Agent Coulson spielt
in One Hour Photo eine Nebenrolle als Polizist.
Bildqualität
Videocodec MPEG4-AVC, Ansichtsverhältnis 1,85:1, Auflösung
1080p
in vielen Szenen Bildbeschädigungen (weiße Sprenkler)
störendes „Zittern“ des Bildes in einigen Aufnahmen
Detailgrad gerade noch solide
starkes Filmkorn
One Hour Photo stammt offensichtlich von einem älteren Master, denn
die Bildqualität ist gerade noch so im Mittelfeld zu verorten. Das
Bild wirkt stets leicht verwaschen und etwas zu hell, was nicht
gerade für die Kontrast- und Schwarzwerte spricht. Am nervigsten
ist allerdings das sporadisch auftretende „Zittern“ des Bildes. Es
handelt sich hierbei nicht um ein Wackeln der Kamera, da es auch
bei statischen Aufnahmen auftritt. Insgesamt übertrumpft One Hour
Photo zwar jede DVD-Version, für eine HD-Ausgabe ist das Bild aber
nur durchschnittlich.
Tonqualität
Deutsch (DTS 5.1), Englisch (DTS-HD Master Audio
5.1)
sehr dialoglastige Spur mit wenig Surround-Feeling
gute deutsche Synchronisation mit Williams Stammsprecher Peer
Augustinski
atmosphärische Musik darf auch aus den Rears ertönen
englische Spur ist ähnlich zurückhaltend aber besser
abgemischt
One Hour Photo gibt sich akustisch eher subtil, was dem
Psycho-Thriller auch angemessen ist. So ertönt das dialoglastige
Geschehen hauptsächlich aus den vorderen Boxen und nur der von
Piano und Streichern dominierte Soundtrack breitet sich hörbar auf
die Rears aus. Der englischsprachige Originalton gibt sich
ebenfalls zurückhaltend, punktet aber vor allem im Bassbereich bei
einigen angespannten Szenen noch etwas mehr.
Ausstattung
Wow, für einen Katalogtitel fällt die Ausstattung zu One Hour Photo
üppig aus. Im Audiokommentar geben Regisseur Mark Romanek und
Darsteller Robin Williams Aufschluss über ihre Sicht der
Produktion. Dabei unterhält man sich überraschend neutral, was den
Kommentar sehr spannend macht. Rund 18 Min. (HD) kann man sich
zudem eine Storyboard-Galerie zu fast allen Szenen des Films
ansehen. Ebenfalls in HD liegen der Trailer, einige TV-Spots sowie
eine Poster-Sammlung vor. Die restlichen Inhalte präsentieren sich
in SD. Hierbei deckt man beispielsweise die Rehearsals der
Schauspieler (ca. 21 Min.), das Location-Scouting (ca. 33 Min.)
sowie ein Interview von Romanek und Williams durch den
amerikanischen Talkmaster Charlie Rose (ca. 36 Min.) ab. Die
restlichen Dokumentationen über die Vorfälle hinter den Kulissen,
Sys Albtraum und die Inszenierung der ersten Begegnung zwischen Sy
und Mr. Yorkin kommen nochmals auf über eine Stunde
Spielzeit.
Fazit
Schade, dass das Bild bei One Hour
Photo so unausgewogen ist. Speziell das Zittern einiger Szenen
wirkt irritierend. Regisseur Mark Romanek hat die Produktion der
Blu-ray zwar überwacht, das Ergebnis scheint aber dennoch auf einem
alten Master zu basieren und ist nur durchschnittlich. Immerhin
machen deutsche und englische Tonspur einen sehr guten Eindruck und
auch das Bonusmaterial fällt unerwartet üppig aus. Speziell der
recht objektive Audiokommentar wartet mit vielen interessanten
Informationen auf. In One Hour Photo zeigt sich der sonst eher
überdrehte Robin Williams mal von einer anderen Seite und brilliert
als vereinsamter Foto-Entwickler, der sich auf gestörte Weise nach
einer Familien-Utopie sehnt. Regisseur Mark Romanek schafft es,
dass man zugleich Mitleid als auch Antipathie für Sy empfindet. So
ist One Hour Photo ein Film ohne eindeutige Schwarz-Weiß-Bilder mit
tiefer Charakterzeichnung seines Hauptdarstellers, der zugleich der
„Bösewicht“ ist. Fans von Robin Williams und Psycho-Thrillern
dürfen somit definitiv zugreifen. (anw)
Kaufempfehlung
7 von 10
Die Kaufempfehlung der One Hour Photo Blu-ray wird anhand der
technischen Bewertung und unter Berücksichtigung der Story
berechnet.
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