"Retribution", 2023 04/10
Nach über einem halben Jahr Wartezeit und vergeblichen Wartens auf
eine Einstellung bei Netflix, sah ich mir diesen Thriller an.
Hierbei handelt es sich um ein amerikanisches Remake, da es bereits
deutsche, südkoreanische und spanische Beiträge dazu gibt. Leider
machte "Retribution" den Fehler, diese Filme beinahe 1 zu 1 zu
kopieren. Mehr eigene Ideen hätten mir wesentlich besser gefallen.
Die darstellerischen Leistungen waren eher bescheiden, nur Liam
Neeson stach etwas heraus. Dennoch fand ich dies eine seiner
schlechteren Rollen. Einige Punktabzüge gab es für den zu starken
deutschen Lokalkolorit. Es musste den Zuschauenden mit dem Hammer
eingeprügelt werden, dass der Film in Berlin spielte. Ständig
wurden Berliner Kennzeichen in Großaufnahme gezeigt und bekannte
Orte abgefahren oder als Hintergrundkulisse genutzt. Das fand ich
ziemlich nervig und war vermutlich vertraglich festgelegt, um etwas
aus der Filmförderung zu bekommen. Auch machte es überhaupt keinen
Sinn, weil nicht erklärt wurde, weshalb "Familie Turner" in Good
Old Germany wohnte. Zum Schießen waren dann noch die Szenen, in
denen eine Nebenrolle mit Vornamen "Pils" hieß. Hier haben die
Verantwortlichen anscheinend zu tief ins Glas geschaut und
geglaubt, die Deutschen würden wie ihr Lieblingsbier heißen. Lachen
musste ich auch, als die Polizei einen Roboter einsetzte. Damit
sollte wohl der Technikstandort Deutschland hervorgehoben werden.
Realistisch war das jedoch nicht. Die Rollen der Tochter und der
sturen Polizeibeamtin waren nervig und etwas unglaubwürdig.
Die Bildqualität war, wie für eine aktuelle Produktion erwartbar,
hervorragend. Es gab kein sichtbares Filmkorn und eine hohe
Schärfe. Die Farben wirkten weitestgehend natürlich, hätten
manchmal aber mehr Kontrast vertragen können. Die wenigen
Digitaleffekte sahen realistisch aus. Die Synchronisation war durch
einige bekannte Stimmen professionell, allerdings schallten die
Szenen am Anfang im Haus zu sehr, was sie als Studioaufnahmen
enttarnte. Auch klangen die Szenen im Auto etwas zu dumpf. Die
Musik war in Ordnung, stach aber nicht besonders hervor und wirkte
zu beliebig. Zwar wurden aktuelle deutsche Polizeiwagen gezeigt (in
vielen Produktionen gibt es noch immer die längst ausrangierten
grünen Uraltmodelle), allerdings klang das Sounddesign der Sirenen
noch immer nach den 90ern.
Wer den oft verfilmten Stoff wirklich noch nie gesehen hat, kan mal
einen Blick in "Retribution" riskieren, allerdings gebe ich wegen
der spannungsarmen Inszenierung, dem zu starken Deutschlandfokus
und teilweise nervigen Rollen keine Empfehlung ab.