The Innocents (2021) (Limited Collector's Mediabook Edition) Blu-ray

In einer norwegischen Hochhaussiedlung entdecken vier Kinder beim Spielen, dass sie besondere Fähigkeiten besitzen: Sie können stumm miteinander kommunizieren und die Welt um sich herum manipulieren. Ein flirrend heißer Sommer voller Möglichkeiten tut sich den Freunden auf. Während die Erwachsenen nicht hinschauen, erproben die Kinder ihre neu gewonnene Macht. Die Zeiten von Vernachlässigung und Bevormundung scheinen für sie endlich vorbei zu sein. Doch als die Freundschaften zu bröckeln beginnen, wird der Wohnblock zum Schauplatz eines gefährlichen Kräftemessens. (Quelle: Capelight) Regisseur Eskil Vogt, der ebenfalls für das Drehbuch verantwortlich war, konnte mit „The Innocents“ bereits einige Filmpreise und Auszeichnungen gewinnen, zudem feierte er bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes seine Premiere. Vogt selbst hat beispielsweise auch bei den Drehbüchern zu den letzten Filmen von Joachim Trier mitgeschrieben, „Thelma“ und „Der schlimmste Mensch der Welt“. Erstaunlich, dass dieser Film erst seine zweite Regiearbeit ist. Seine Idee zu „The Innocents“ beruht bisweilen auch auf seinen eigenen Erfahrungen als Kind und wie man eben die Welt als solches entdeckt. Denkt man einmal selber an seine Zeit zurück, die man im Kindergarten oder draußen in der Natur mit Freunden verbracht hat – so hat man sich doch irgendwie seine eigene kleine Welt geschaffen. Eine Welt, die Erwachsene gar nicht begreifen oder erfassen können – Wir haben Rollen eingenommen, Abenteuer erlebt und uns völlig eigene Spiele, mit eigenen Regeln ausgedacht – bei denen gefühlt nach jeder Runde eine weitere dazu kam. Selbst außergewöhnliches hat man anders wahrgenommen, hat es vielleicht gar nicht als außergewöhnlich betrachtet. In „The Innocents“ wird eben genau dieses Geflecht an Erinnerungen, Wahrnehmungen und auch Konflikten ausgefochten. Der Film funktioniert in sich noch besser, wenn man gar nichts über die Ausgangsituation weiß und einfach blind zugegriffen hat. Womöglich lag die Eingangsfrage zugrunde: „Was wäre, wenn eine Gruppe von Kindern plötzlich entdecken, dass sie geheime Fähigkeiten haben“ – mit der Zusatzfrage „und irgendwie miteinander verbunden sind.“. Das ist im Kern schon mal interessant, könnte beispielsweise in den Händen eines großen Hollywood-Studios schnell zu einer „Kinder-Superhelden-Geschichte“ werden, die alle Altersklasse anspricht welche vor allem die Herkunft der Kräfte beleuchten würde. Eskil Vogt ist das alles nicht wichtig, im Gegenteil, ihm geht es um ganz andere Kernfragen und vor allem die Beziehungen der Kinder zueinander. Vor allem die Geschichte der zwei Schwestern Ida und Anna steht im Vordergrund, die eine interessante Charakterentwicklung durchmachen. Zudem lässt er sich unheimlich viel Zeit, in der Erkundung dieses Szenarios, wodurch langsam, aber sicher die Anspannung und auch die moralischen Grenzen immer weiter ansteigen. Alles Hauptdarsteller sind darüber hinaus hervorragend gecastet, die Kindern überzeugen und ganzer Linie und wurden von Eskil Vogt herausragend geführt. Es ist wirklich erstaunlich, wie naturalistisch sie vor der Kamera agieren, trotz des übernatürlichen Szenarios. Wobei sich natürlich die Frage stellt, ist das Szenario überhaupt übernatürlich, oder spielt sich das alles nur in der Wahrnehmung der Kinder ab? Obwohl sich „The Innocents“ wirklich nur innerhalb eins Gebäudekomplexes und einem Wald abspielt, ist die Welt dieser kleinen Protagonisten eine faszinierende, aber auch eine vielleicht sogar unbewusst schreckliche. So kommt es relativ zu Anfang zu einer Szene, in der eine Katze gequält und auf grausige Art getötet wird. Der Horror-Aspekt des Filmes braucht keine billigen Jump-Scares oder böse Wesen, um sich zu entfalten, sondern konzentriert sich auf einen seiner Protagonisten, dessen schreckliche Gedanken irgendwann Überhand nehmen – so ist auch der Titel „The Innocents“ mehr oder weniger ironisch zu lesen, wobei Kinder ihre schrecklichen Taten, oft nicht als solche wahrnehmen. Wer hat nicht schon mal in seiner Kindheit einen Regenwurm zerteilt, nur um zu sehen, was dann passiert?

Das Bild ist wirklich gelungen und gerade in hellen Szenen profitiert es von der digitalen Aufzeichnung. Man kann ihm technisch nicht sonderlich viel vorwerfen, auch in den Szenen mit weniger Licht, wobei die Lichtsetzung selbst sehr unauffällig und natürlich ist. Die Farben sind dabei aber eher entsättigt, was gut die Stimmung unterstützt. Handwerklich ist der Film sowieso ohne Zweifel erhaben, die gewählten Einstellungen wirken sehr durchdacht und durch clevere Schnitte wird die Kameraarbeit ebenfalls hervorgehoben. Bildfehler wie Flächenbildung oder Artefakte sind glücklicherweise nicht zu sehen.

Der Ton liegt auf Deutsch und im Original auf Norwegisch in DTS-HD MA 5.1 vor. Die Synchronisation kann sich ebenfalls hören lassen, denn auch im Studio ist es nicht immer einfach mit Kindern vor dem Mikrofon zu arbeiten, die sich des Themas nicht immer spielerisch nähern können. Der Klangeindruck insgesamt ist gut die Dialoge sind immer gut abgemischt. Der Bass bekommt beim Einsetzen des stimmungsvollen, aber zurückhaltenden Soundtracks ein paar Einsätze und hat auch diverse Effekte zu bieten, bei denen es durchaus mal scheppert.

Als Extra ist ein Audiokommentar enthalten, der äußerst interessant ist und neben dem 24-seitigen-Booklet noch einiges mehr über die Arbeiten am Film und zu der zugrundeliegenden Idee beitragen kann. Neben dem Trailer auf der Disc, ist außerdem neben der Blu-Ray noch eine DVD dabei, wobei ich eine 4K-Variante bevorzugt hätte.

„The Innocents“ ist ein Film, der gar nicht so unschuldig ist, wie er klingt. Eskil Vogt entführt uns in seine eigene, durch Kinderaugen wahrgenommene Welt – in der sie ihre ganz eigenen Regeln aufstellen und Erfahrungen machen, die auch grausam sein können. Die Spannung und auch die Fallhöhe nimmt langsam, aber sicher immer weiter zu, wobei vor allem die 4 Kinderdarsteller glänzen können. Echtes norwegisches Autorenkino, dass nicht für jeden was sein dürfte, aber mich vollends überzeugt hat. (Tom Sielemann) (weitere Reviews anzeigen)

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