Eine Dokumentation in Spielfilmlänge, welche einem Regisseur gewidmet ist, findet man eher selten. Wenn diese dazu noch auf Blu-ray erscheint, werden nicht nur einige interessierte Filmfans, sondern auch der ein oder andere Sammler hellhörig. Zumindest wenn es um einen Filmschöpfer wie Quentin Tarantino geht, der seit jeher Hollywood einen gewissen frischen Stil verpasst. Was die Veröffentlichung von Koch Media Home Entertainment inhaltlich zu bieten hat und wie gut sich das Bild und der Ton schlagen, soll folgende Rezension beantworten.
Story
Leider, das sei gleich vorweggenommen, beschäftigt sich die Dokumentation lediglich mit den ersten acht Filmen von Quentin Tarantino. Der kürzlich auf (4K) Blu-ray veröffentlichte “Once Upon a Time in Hollywood“ ist aber bereits Titel Nummer 9. Zusätzlich hat der mittlerweile 56 Jährige angekündigt, dass er lediglich noch einen Film (als Regisseur) drehen möchte. Darum scheint der Zeitpunkt für diese Doku doch fragwürdig gewählt.
Damit niemand den Überblick verliert, erstmal eine chronologische Reihenfolge der ersten acht Filme von Tarantino, in denen dieser (auch) Regie geführt hat:
1. „Reservoir Dogs“
2. „Pulp Fiction“
3. „Jackie Brown“
4. „Kill Bill Vol. 1 & 2“
5. „Death Proof – Todsicher“
6. „Inglorious Basterds“
7. „Django Unchained“
8. „The Hateful Eight“
Hinweis: Beim Episodenfilm „Four Rooms“ war Quentin Tarantino nur einer von vier Regisseuren und zeichnet sich für die letzte (und wohl beste) Episode verantwortlich.
Die Dokumentation gliedert sich in drei Kapitel. Dabei werden unterschiedliche Phasen des Regiemeisters beleuchtet und zahlreiche Weggefährten und Schauspieler steuern interessante Erfahrungen bei.
Die erste Phase beschäftigt sich mit den anfänglichen Drehbüchern (“True Romance“ und “Natural Born Killers“), in denen zum ersten Mal klar wurde, was hier auf die Filmwelt zukommen würde, auch wenn diese noch von anderen Regisseuren verfilmt wurden.
Mit „Reservoir Dogs“ wird dann der erste Titel, in dem von „QT“ auch Regie geführt wurde, beleuchtet. Besonders langjährige “Wiederholungstäter“ wie Michael Madsen und Tim Roth melden sich hier ausführlich zu Wort, auch wenn man leider merkt, dass die Interviews eher auf einen eingegrenzten Personenkreis beschränkt sind. Weitere Interviewpartner sind etwa Uma Thurman, Samuel L. Jackson, Christoph Waltz, Diane Kruger, Eli Roth, Kurt Russel und Jennifer Jennifer Jason Leigh.
So werden die ersten acht Filme von Quentin chronologisch behandelt, während man manchmal auch etwas ausschweifend wird, was der Sache eine gewisse Würze verleiht. Womit wir aber auch zu einem Kritikpunkt kommen: Wer sich eine Tiefenanalyse von Quentin und dessen Leben erwartet, wird enttäuscht sein. Sein Privatleben und die Kindheit werden höchstens kurz erwähnt. Meist konzentriert sich die Doku auf das Schaffen der Filme und beleuchtet dabei verschiedenste Aspekte vom Drehbuch bis hin zum finalen Schnitt. Insgesamt scheint die Laufzeit mit 98 Minuten zu kurz, um dabei sehr ins Detail gehen zu können.
Nichtsdestotrotz bekommen gerade Fans doch den einen oder anderen Einblick, den man in dieser Form nicht vermutet hätte. Besonders dramatisch wird es etwa bei einem Autounfall von Uma Thurman, den man hier zu sehen bekommt (inklusive verzweifelter Erster Hilfe vom Regisseur persönlich). Wie man erfährt, hatte dieser Uma dazu gedrängt einen Autostunt selbst durchzuführen.
Sogar der Missbrauch-Skandal von Harvey Weinstein wird von der Doku und den verschiedenen Schauspielern thematisiert, was angenehm überrascht. Schließlich war dieser, laut eigenen Aussagen von Tarantino, 25 Jahre lang sein Freund, auch wenn er den “Hollywood-Boss“ im Nachhinein für seine (mutmaßlichen) Taten verurteilt.
Unangenehm überzogen wirken leider in diesen Momenten die Filmausschnitte, welche dem ernsten Thema nicht gerecht werden. Etwa die brutalen Szenen des (natürlich weiblichen) Opfers am Stuntcar Beifahrersitz (“Death Proof“) oder Uma Thurman mehrmals heulend und ihre Tochter umschlingend („Kill Bill Vol. 2“).
Das sind allerdings insgesamt Kritikpunkte über die man als Fan, oder Filminteressierter auch durchaus hinwegsehen kann. Insgesamt ist diese interessante Dokumentation hochwertig produziert und lässt die Zeit wie im Flug vergehen.
Bildqualität
Das Bild liegt im 1,85:1 Format vor und füllt die 16:9 Darstellung üblicher Fernseher und Projektoren damit vollständig aus. Zumindest solange es um die Aufnahmen der Interviews geht. Diese wissen zu gefallen, denn sie sind gestochen scharf, bieten kräftige Farben und einen ordentlichen Schwarzwert.
Das Archivmaterial schwankt verständlicherweise stark in der Qualität. Während die Ausschnitte der Filme von Tarantino auf sehr hohem Niveau liegen (hier wurde offensichtlich aktuelles und restauriertes Material verwendet), können Hintergrundszenen vom Dreh auch schon mal verrauscht und unscharf sein. Auch das Bildformat ändert sich hier verständlicherweise regelmäßig, um jeweils das originale Seitenverhältnis beizubehalten.
Insgesamt gibt es keinen Grund zur Klage, das Bild überzeugt und wird seiner Aufgabe jederzeit gerecht.
Tonqualität
Tonspuren:
- Deutsch DTS-HD MA 5.1
- Englisch DTS-HD MA 5.1
Ähnlich sieht es beim Ton aus. Gemäß einer modernen Dokumentation, werden hier keine unangenehmen Überraschungen geboten. Die Interviewpartner wurden für die deutsche Veröffentlichung hochwertige synchronisiert, während die Dialoge jederzeit klar und bestens verständlich sind. Bei den Filmausschnitten hat man die Dynamik etwas zurückgefahren, was aber kein Nachteil ist. Wären die eher ruhigen Interviews regelmäßig von einem „Surroundspektakel“ unterbrochen, würde das wohl eher befremdlich erscheinen und ablenken.
So bleibt die Lautstärke auf einem angenehmen Niveau, sodass der Regler bedenkenlos und durchgehend auf einer Stufe stehen bleiben kann. Insgesamt ist der Klang aber (besonders bei den Tarantino- Filmausschnitten) auf hohem Niveau und bietet, wenn auch eher verhalten, sogar Surround Effekte. Wer die originalen Stimmen hören möchte, kann auch die englische Tonspur wählen, wahlweise mit deutschen Untertiteln. Diese ist qualitativ mit der deutschen vergleichbar, bietet aber natürlich einen authentischeren Klang, auch wenn die deutschen (Original-) Synchronsprecher hier wieder eine sehr gute Arbeit liefern.
Ausstattung
- Erweiterte Interviews:
A VHS Tape for Robert (ca. 4 Min.)
Who’s gonna be Bill? (ca. 3 Min.)
The Walking IMDB (ca. 3 Min.)
Four Rooms (ca. 4 Min.)
Meetung QT (ca. 15 Min.)
- Trailer deutsch und englisch
- TV-Spots
Unter „Extras“ findet man von allem noch ein bisschen mehr. Hier dürfen Die Interviewpartner noch etwas ausschweifender und persönlicher werden. Wer mit der (eher knappen) Dokumentation gut unterhalten wurde, findet hier also noch etwas Nachschub, der durchaus ebenso interessant ist, wie der Hauptteil. Diese Features wurden nicht synchronisiert, dafür gibt es deutsche Untertitel.
Ein Trailer und TV Spots sind dann leider auch schon die restlichen Extras.
Fazit
Eine gelungene Veröffentlichung. Auch wenn der Inhalt nicht so umfangreich ist, wie man es als Tarantino Fan erhofft, so bietet die Dokumentation doch einige interessante und auch neue Einblicke in das Schaffen des Regiemeisters. Technisch gibt es keinen Grund zur Klage, wobei die Erwartungen bei einer Dokumentation auch insgesamt etwas niedriger zu setzen sind, schließlich hat man es manchmal auch mit älterem Archivmaterial zu tun. Interessierte können hier durchaus zuschlagen und werden damit vermutlich die „Tarantino Blu-ray Collection“ ergänzen, die bereits im Regal steht und deutlich umfangreichere Extras bietet.
(Bastian Guggenberger)
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