So, komme gerade aus dem neuen Spidey-Film und bin
überrascht.
Aber von Anfang: Irgendwann 2003 kamen ein paar Freunde mit einer
DVD vorbei um sich mit mir einen schönen Filmeabend zu machen. Der
Film war der erste Raimi-Spider-Man und das war auch meine erste
Begegnung mit dem modernen Superhelden-Comic-Genre.
Ich fand den Film nicht schlecht, allerdings waren mir die
Action-Szenen zu sehr Videospiel-mässig und immer wenn Peter Parker
das Haus seines Onkels betrag wirkte alles so unheimlich aus der
Zeit gefallen. Ich wurde mit dem Film einfach nicht richtig warm.
Trotzdem schaute ich auch Teil 2, irgendwann auf dem heimischen
Fernseher. Die ikonische Kuss-Szene im Regen blieb mir nachhaltig
positiv im Gedächtnis, sonst eher nicht viel. Ich fand dem Film
auch nicht wirklich schlecht, aber begeistern konnte er mich jetzt
auch nicht wirklich. Bei Teil 3 wurde es besser. Die Story eher ein
Drama, der coole Venom dazu, ja, so konnte es weitergehen. Aber es
ging nicht weiter!
Dann kam Garfields Amazing Spiderman. Ich wurde mit dem
Schauspieler nicht warm. Er war zu alt für die Rolle und irgendwie
mochte ich ihn nicht. Sein Peter Parker war allerdings deutlich
mehr in der Zeit verankert, in der der Film spielte und die
Spider-Man-Szenen waren für mich auch besser als noch beim guten
Tobey Maguire. Insgesamt fand ich den Film trotz meiner Antipatie
gegen Garfield besser als die Raimi-Filme. Das hörte allerdings bei
Tel 2 dann auf. Selten habe ich einen Film gesehen, der mehr gute
Ansätze und tonnenweise verschenktes Potetnial hatte. Mir war auch
recht schnell klar, dass danach mit der Reihe Schluss sein würde.
Spiderman würde wohl lange Zeit pausieren müssen, dachte ich
damals.
Dann kam der Deal zwischen Sony und Marvel. Spiderman sollte ins
MCU und es sollte eine Teenie-Highschool-Story werden. Mir schwante
absolut schlimmes und ich überlegte, ob das evtl. der erste Film
des MCU werden würde, den ich im Kino auslasse (OK, den Hulk-Film
mit Norton außen vor).
In Civil War hat mir das Spidey-Cameo gefallen und nach den
positiven Kritiken hab ich mich dann doch entschlossen ins Kino zu
gehen (2D) und mir den neuen Spidey anzuschauen.
Was habe ich gesehen? Für mich den besten Spidey bisher!
Peter Parker ist ein Highschool-Kid und so benimmt er sich endlich
auch! Er reagiert so wie man es von einem Teenie erwarten würde und
Holland sieht auch so aus, auch wenn er natürlich älter ist. Das
gute daran ist, er nervt nicht, wie das Kinder in Filmen oftmals
tun. Er wirkt sympatisch und trotz Spinnenkräfte und Hightech-Anzug
ist er nicht schlauer und cleverer als die Erwachsenen.
Er hadert, er scheitert, er macht die Fehler, die man von jemandem
in diesem Alter erwartet. Er ist einfach In-Charakter! Und das tut
dem Film gut!
Damit korrespondiert auch die relativ "kleine" und intime Story.
Endlich auch mal ein Gegner, der mehr Screentime hat und sich
dadurch mehr entfalten kann. Seine Motive sind sehr nachvollziehbar
und werden plastisch gezeigt. Man entwickelt Verständnis für ihn
und auch das ist ein riesen Schritt aus der Einheitsformel des
sonstigen MCU.
Spider-Man ist auch sehr gut in die allseits präsente Welt der
Avengers integriert. So hätte ich mir das auch schon vorher von den
eher "kleinen" Kino-Helden gewünscht, sowie von den Serien, wo ja
immer mehr in Nebensätzen angedeutet wird. Wenn diese Art des
Geschichtenerzählens und dieser Umgang mit Kontext und Antagonisten
ein Wegweiser für zukünftige MCU-Filme ist, dann gaube ich, kann
das Genre endlich seine Vielseitigkeit ausspielen und es wird nicht
so schnell langweilig, wie man nach den vielen Filmen nach der
Marvel-Formel erst dachte.
Der Witz ist auch anders, als bei den übrigen MCU-Filmen. Hatte man
dort eher den Kumpel-Kampf-"Legolas/Gimli"-Humor mit Onlinern und
Neckereien, sieht man hier eher Situationskomik, weil eben Dinge
passieren, die im Alltag eben passieren, besonders wenn der
Protagonist ein Schuljunge ist und nicht alles immer genau
abschätzen kann. Wirklich wohltuend anders und wohldosiert, ohne,
dass der Film zur Komödie verkommt.
Wie gesagt sind die Avengers und die Auswirkungen ihres Handelns im
gesamten Film sehr präsent, auf natürliche Art und Weise, ohne,
dass sie selbst übermässig vorkommen. Tony Stark, der sich ein
wenig als Peters Mentor sieht, stiehlt Peter Parker nie die Show
und hält sich wohltuend zurück.
Was diesmal auch wirklich gut ist und sich wohltuend vom sonstigen
MCU abhebt ist die Filmmusik. Man hat endlich mal erkennbare
Themen, die im Kopf bleiben und wiedererkennbar sind. Die OST-CD
hab ich schon geordert, bisher meine Erste für einen
MCU-Film.
SPOILER! Inhalt
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Gut auch, dass Spidey nicht einfach so den Tag
rettet und Vulture besiegt, sondern das ganze relativ realistisch
abläuft. Und gut auch, dass sich Tony und Pepper wieder vertragen.
Die Beziehungskriese scheint also überwunden.
Schön auch das Cameo von Captain Amerika, der die Defizite des
amerikanischen Schulsystems sehr gut aufs Korn nimmt, was seine
Lehrvideos angeht und das Alter des im amerikanischen Schulen
verwendeten Lehrmaterials.
Alles in allem einer der besten MCU-Filme, meiner Meinung nach. Das
Universum wird irgendwie im Augenblick von Film zu Film besser und
bei jeder Phase hat man an Qualität und Augewogenheit eine Schippe
draufgelegt, wie mir scheint. Das lässt mich für Thor 3 hoffen, von
dem ich bisher nicht allzuviel erwartet habe.
Ich vergebe 8 von 10 Drohnies.
Herzliche Grüße
Arieve
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