Im Jahr 1974 gelang dem jungen Filmemacher Tobe Hooper ein Husarenstück, von dem viele Regisseure nur träumen. Mit The Texas Chain Saw Massacre setzte er einen bis zum heutigen Tag unverrückbaren Meilenstein in die Filmlandschaft. Mit äußerst überschaubaren produktionstechnischen Mitteln lenkte er das Horrorgenre in eine bis dahin unbekannte, völlig neue Richtung. Der Überlebenskampf einer jungen Frau, die in die Fänge degenerierter Psychopathen fällt, begründete nichts weniger als das Terrorkino moderner Prägung. Obwohl der Film auch finanziell ein Erfolg wurde, dauerte es zwölf Jahre, bis eine Fortsetzung erschien. Die Regie übernahm abermals Tobe Hooper.
Story
13 Jahre sind nach den grauenvollen Ereignissen im texanischen Hinterland vergangen, in deren Verlauf vier junge Leute einer kannibalischen Hinterwäldler Familie zum Opfer fielen. Darunter auch Franklin, der Neffe von Lieutenant „Lefty“ Enright (D. Hopper). Seit dieser Zeit verfolgt Enright die blutige Spur der irren Kettensägenmörder quer durch Texas. Auf seiner Suche begegnet er der jungen Radiomoderatorin Stretch (C. Williams), die offenbar am Telefon Zeuge eines weiteren Überfalls der Killer wurde. Um Lefty bei seinen Ermittlungen zu helfen, schickt sie einen Mitschnitt des besagten Telefonats über den Äther. Das stellt sich jedoch schnell als weniger gute Idee heraus, denn prompt statten ihr die Killer einen Besuch ab, den sie nur mit viel Glück überlebt. Alleine folgt sie „Bubba“ Leatherface (B. Johnson) und seinem Bruder (B. Moseley) bis in ihr Versteck in einem stillgelegten Vergnügungspark.
Und wieder schafft es ein prominenter Beitrag aus dem Giftschrank der deutschen Justiz zu neuen, hochauflösenden Ehren. Der Turbine Classics GmbH sei Dank, die bereits den berüchtigten ersten Teil rehabilitierte. Doch ganz so weit ist es mit TCM 2 noch nicht. Wie nicht anders zu erwarten war, wurde der Film praktisch gleich nach seinem Erscheinen in Deutschland, selbst in fremdsprachigen Fassungen, wegen menschenverachtender Gewaltverherrlichung beschlagnahmt. Zugegeben, der Film enthält einige äußerst gewalttätige, ja schockierende Momente, die für zartbesaitete Gemüter nur schwer zu ertragen sein dürften. Darunter fallen insbesondere Leatherfaces „Spielereien“ mit fremder Gesichtshaut. Da muss selbst der eingefleischte Horrorfan tief durchatmen. Um die Beschlagnahme zu begründen, wurde TCM 2 jeglicher künstlerischer Anspruch abgesprochen. Und das gegen die ausdrückliche Empfehlung zweier Sachverständiger. Letztlich setzte sich die Meinung der Strafkammer durch, die sich auf den künstlerischen „Sachverstand“ ihres Vorsitzenden berief: „Der Vorsitzende war jahrelang regelmäßig Kinobesucher, insbesondere hat er klassische Filme angesehen. Er ist regelmäßiger Besucher von Opern und Schauspielen.“ (Auszug aus einem Urteilsspruch des Landgerichts München I vom 25. Mai 1994 wegen Gewaltdarstellung gegen einen Kinobetreiber. Quelle: „Ab 18“ Roland Seim/Josef Spiegel (Hrsg.), Kulturbüro Münster e.V. 1995) Diese „Qualifikation“ reichte also aus, um nicht nur einen Kinobetreiber zu kriminalisieren, sondern ebenso einem Film seine Daseinsberechtigung abzusprechen.
Eine weitere „wasserdichte“ Begründung: „Ein bestimmtes Maß an künstlerischem Niveau […] ist nicht zu erkennen. Der Film legt es vielmehr darauf an, dass er angesehen wird und dass man anschließend den Film nach kurzer Zeit vergisst. In zehn Jahren wird der Film nicht mehr verfügbar sein, weil die Thematik den Menschen möglicherweise überhaupt nicht mehr interessieren wird.“ (Quelle: ebenda) Diese Weissagung hat sich mit der vorliegenden Veröffentlichung von TCM 2 wohl erübrigt. Mittlerweile ist die letzte Beschlagnahme aus dem Jahr 1999 verjährt, die SPIO/JK bescheinigt dem Film „keine schwere Jugendgefährdung“. Bevor der Titel jedoch aus der Liste der indizierten Medien gestrichen werden kann, muss die verjährte Beschlagnahmung von einem Gericht endgültig aufgehoben werden. Bis es soweit ist, geht der Fan einmal mehr den Weg über unsere österreichischen Nachbarn, wo der Film in jeder Multimediaabteilung frei verkauft wird. Doch soll hier nicht eine Polemik gegen die ab und zu schwer nachzuvollziehende Denkweise mancher Staatsdiener an erster Stelle stehen. Schließlich will der Horrorfan wissen, was sich hinter dem zweiten Kettensägenmassaker wirklich verbirgt. Regisseur Tobe Hooper war gezwungen, unter großem Zeitdruck zu arbeiten. Das Drehbuch musste auf Wunsch des Studios mehrfach geändert werden. Auch während der Dreharbeiten wurden Szenen gestrichen, angepasst oder umgeschrieben. Die ursprünglich geplante schwarzhumorige Parodie auf Teil eins ist nur noch in rudimentären Zügen zu erkennen. Eine besonders ausgeklügelte Story ist ebenfalls nicht vorhanden. Nahezu sämtliche Charaktere sind heillos überzeichnet. Die furchterregenden Psychopathen der Kettensägen-Familie erinnern an Mitglieder der Rocky Horror Picture Show. Dennoch spielen vor allem Bill Moseley und „Koch“ Jim Siedow überragend! Ihnen bei ihrer absurden Nummernrevue zuzusehen ist ein wahres Fest.
Um einiges größer wird der Spaß noch, wenn man auf den Originalton wechselt. Dennis Hopper agiert gerade gegen Ende des Films nicht weniger durchgeknallt. Natürlich ist seine Handlungsweise alles andere als logisch. Anstatt mit drei (!) Kettensägen bewaffnet in das Versteck der Verrückten zu stürmen, hätte er sich lieber eine Schrotflinte mitgenommen und dem Treiben ein schnelles Ende bereitet. Aber das wäre natürlich nicht annähernd so amüsant. Caroline Williams liefert eine solide Leistung als leidgeprüfte Scream-Queen ab. Ein weiteres Highlight sind einmal mehr Tom Savinis (Dawn of the Dead, Freitag, der 13.) Make-Up Künste. Neben den Splattereffekten sind es vor allem die Masken, die begeistern. Selbst eine extreme Nahaufnahme von „Grandpas“ Gesicht kann der perfekten Illusion nichts anhaben. Auch heutzutage könnte das nicht besser aussehen.
Bildqualität
- Videocodec MPEG-4 AVC, Ansichtsverhältnis 1,85:1, Auflösung 1080p
- unterdurchschnittliche Schärfe und Detailzeichnung
- schwammige Kontraste
- permanentes, mittelstarkes Rauschen und digitale Artefakte erkennbar
- wenig ausgeprägte Farbgebung
- solider Schwarzwert, der allerdings fast nie gefordert wird
- keine Plastizität
Tonqualität
- Deutsch DTS-HD Master Audio 5.1 / DTS 2.0 Surround (Classic Mix) / DTS 2.0 Stereo (Bootleg Mix)
- Englisch DTS-HD Master Audio 5.1 / DTS 2.0 Surround
- gute Stereoauflösung der Frontkanäle
- seltene Einbindung der Surroundkanäle
- wenige direktionale Effekte
- schwache Dynamik
- kaum erwähnenswerter Tiefbass
- Dialoge sind immer klar verständlich
- saubere Abmischung, keine altersbedingten Fehler
Ausstattung
- Audiokommentar mit Tobe Hooper und Filmemacher David Gregory
- Audiokommentar mit Bill Moseley, Caroline Williams und Tom Savini
- Audiokommentar mit Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke und Pathologe Dr. Matthias Scheffzek
- US Kinotrailer
- Es liegt in der Familie – Making Of (ca. 88 Min.)
- 5 entfernte Szenen (bekannt aus der Workprint Fassung)
- Bildergalerie
Fazit
Die technische Qualität der vorliegenden Blu-ray ist leider nur unterer Durchschnitt. Bild und Ton reißen keine Bäume aus. Vor allem beim Bildtransfer wird man das Gefühl nicht los, dass hier mehr möglich gewesen wäre. Die Extras präsentieren sich erstaunlich umfangreich. „The saw is family!“ Der „Koch“ bringt es auf den Punkt. Familiäre Werte und die Sicherstellung eines erklecklichen Einkommens sind die Basis einer jeden Gesellschaft. Nichts anderes lebt die schrecklich nette Chainsaw-Familie vor. Selbst der 137jährige Großvater wird rührend in den Alltag eingebunden. Alles gut also? Unsere Familienministerin dürfte das wohl nicht ganz so euphorisch sehen. Für alle Horrorfans aber, die es brutal, eklig und durchgeknallt schwarzhumorig mögen, ist The Texas Chainsaw Massacre 2 Pflichtprogramm. Alle anderen sind hiermit ausdrücklich gewarnt. (ml)
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Kaufempfehlung
Testgeräte
TV: Panasonic TX-P55VT50E (55“) (kalibriert)
BDP: Panasonic DMP-BDT500
AVR: Pioneer SC-LX81
Lautsprecher: B&W 803S (Main), Teufel M-500 (Surround)