‚Auch die Unschuld bekennt sich auf der Folterbank zu Freveln, die sie nie beging.‘ (Friedrich Schiller, Kabale und Liebe)
Angesichts dieser Erkenntnis wurde beinahe jedes Rechtssystem der Welt kritisiert, analysiert und differenziert betrachtet. Wer die aktuellen politischen Geschehnisse verfolgt, wird sich zwangsläufig die Frage stellen müssen, ob im Angesicht von erzwungenen Geständnissen mit all ihren Konsequenzen jemals eine Wiedergutmachung für das Leid der Unschuldigen erfolgen kann. 1993 nahm sich Regisseur Jim Sheridan des wohl populärsten britischen Justizirrtums der jüngeren Zeit an und adaptierte die Autobiographie des unschuldig Inhaftierten Gerry Conlon. Ob uns die Umsetzung des beinahe 20 Jahre alten Filmes auf Blu-ray ebenso sehr mitreißen kann, wie der Film selbst, soll das folgende Review erläutern.
Story
Gerry Conlon (D. Day Lewis) ist ein in Belfast lebender Tunichtgut, der sich mit Diebstählen über Wasser hält. Als er jedoch Probleme mit der IRA bekommt, schickt ihn sein zutiefst beunruhigter Vater Guiseppe (P. Postlethwait) nach England, um dort ein neues Leben zu beginnen. Doch durch widrige Umstände wird Gerry zum Hauptverdächtigen eines Bombenanschlags und von der britischen Justiz – mitsamt weiteren Hauptverdächtigen und seinem Vater – unschuldig zu mehr als 25 Jahren Haft verurteilt. Erst das Engagement einer jungen Anwältin gibt ihm neue Hoffnung.
Was Regisseur Jim Sheridan und Hauptdarsteller Daniel Day Lewis uns mit diesem zutiefst humanistischen Film darbieten kann nur schwer mit Worten beschrieben werden. Allein die Darstellung der Zustände in Belfast könnte schon ein eigenes Epos füllen. Doch der Schwerpunkt liegt, besonders in der zweiten Hälfte des Films, auf der kritischen Vater-Sohn-Beziehung von Guiseppe und Gerry. Unschuldig inhaftiert, zusammen in eine kleine Zelle gesperrt und dem Grauen des Gefängnislebens ausgesetzt, fiebert der Zuschauer mit den Erlebnissen beider mit und kann sich der emotionalen Tour-de-Force nicht erwehren.
Die herausragende Spielweise von D.D. Lewis ist einnehmend und fordernd zugleich. Postlethwaite hingegen erdet seinen Charakter, avanciert im Verlauf des Filmes zwischenzeitlich zum alleinigen Sympathieträger und harmoniert in seiner Rolle als Guiseppe hervorragend mit Lewis‘ Darstellung. Einzig Emma Thompson bleibt in ihrer Rolle als ambitionierte und vom Glauben an Gerechtigkeit getriebene Anwältin etwas blass, was aber auch ihrer insgesamt etwas zu knappen Screentime geschuldet sein dürfte. Allein über die historische Genauigkeit des Filmes darf gestritten werden, da die Adaption vieles auslässt, verzerrt und zu Gunsten der Emotionalität überzeichnet.
Bildqualität
- Ansichtsverhältnis 1920x1080p (1.85:1) @24hz; Codec: MPEG-4/AVC
- Bildern fehlt oftmals die Detailschärfe, feinste Strukturen wie Haare oder Hautporen sind kaum auszumachen; Gesamtschärfe der Bilder – angesichts des Alters des Filmes - jedoch auf gutem Niveau
- Helligkeit und Schwarzwert sind gut gelungen
- über den gesamten Film erstreckt sich ein leichtes Rauschen in den Bildern
- Plastizität nicht immer gut gelungen, viele Bilder wirken fade und weichgezeichnet
Tonqualität
- Deutsch/Englisch: DTS 5.1/DTS HD MA 5.1; (englischer) DTS HD MA 5.1 Track etwas druckvoller und nuancierter
- stark frontlastig; selten Surroundeffekte; Dialog-orientiert
- Musicscore harmonisiert sehr gut mit dem Bildinhalt
- Ton insgesamt sehr homogen abgemischt
- Sprachverständlichkeit ist sehr gut
Ausstattung
- BD-Menü ansprechend gestaltet; Auswahlpunkte gut zu erreichen
- ABSOLUT KEINE EXTRAS, Trailer oder Audiokommentare
Fazit
Von der technischen Seite her ist Universal ein solider Re-Release des bereits 20 Jahre alten Filmes gelungen. Sowohl Bild, als auch Ton geben sich in keiner Hinsicht eine Blöße – auch wenn wieder nur die englische Tonspur mit einem HD-Transfer glänzt. Doch Schelte muss es hageln, wenn man das magere Angebot der Zusatzinformationen betrachtet: es gibt nämlich schlichtweg kein einziges Extra auf der BD, kein Trailer, kein Audiokommentar, keine Cast-Informationen… Nichts!
Der Film selbst ist dank der bis heute aktuellen Thematik und dem zeitlosen Kampf um Gerechtigkeit ein Volltreffer. Nicht umsonst wurde er für sieben Oscars nominiert. Eine emotionale Reise, die auf wahren Begebenheiten beruht und die Irrtümer der Justiz als Mahnmal an alle herausstellt. Ein eindrucksvolles Stück Filmgeschichte, dass in keiner Sammlung fehlen darf. Wer sich mit dem nicht vorhandenen Extras anfreunden kann und sowieso nur Wert auf den Film selbst legt, sollte bei entsprechender Preislage zugreifen. Für alle anderen bleibt nur die Hoffnung auf eine umfangreichere Neuveröffentlichung mit angemessenem Bonusmaterial. (ct)
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Kaufempfehlung
Testgeräte
TV: Panasonic 50”VT30E
BD-Player: Panasonic DMP-BDT 300
A/V: Onkyo TX-SR 608
LSpr.: Monitor Audio Silver RX