Der noch ziemlich junge Publisher „animoon“ veröffentlicht mit „Usagi Drop“ nun bereits ihren dritten Anime. Der Startschuss war das recht kontroverse Liebesdrama Yosuga No Sora, dann legte man mit der Liebeskomödie Toradora! nach. Auch bei der jüngsten Publizierung geht es wieder um das Thema Liebe, doch wieder lernen wir einen anderen Blickwinkel kennen, denn Liebe ist vielfältig, kann komplex, lustig, emotional, verrückt oder alles auf einmal sein. Doch was davon ist denn Usagi Drop?
Story
(Achtung: Spoiler, für Nichtkenner des ersten Volume).
Nach langem Zögern entschließt sich Daikichi endlich Rins Mutter zur Rede zu stellen, unter vier Augen versucht er herauszufinden, weshalb sie ihre kleine Tochter verlassen hat. Für sie bricht unterdessen grade ein neuer Lebensabschnitt an, sie kann ihre Einschulung kaum noch erwarten, doch ist auch etwas aufgeregt. Dann taucht auch noch Daikichis Cousine Haruko mit ihrer Tochter auf, sie möchten vorübergehend auch bei ihm wohnen, was wieder neue Probleme bereithält.
Bereits Anfang des Jahres erschien die erste Volume des Anime, mit den Folgen 1-4, auf Volume 2 befinden sich nun die nächsten 4 Episoden, während bereits Ende März Volume 3 und damit das Finale vor der Tür steht. Ich habe mich dazu entschieden erst bei den nun veröffentlichten Folgen 5-8 eine Kritik zu schreiben, um noch mehr in die Tiefe gehen zu können, werde aber zunächst einmal auch Worte für den Einstieg finden. Die Prämisse der Geschichte ist zunächst simpel, ein Mädchen, dessen Vater aus ihrem Leben gerissen wurde, sucht jemanden der sich um sie kümmert. Da sich in Daikichis Familie allerdings alle darüber echauffieren, dass ihr Vater (also Daikichis Opa) sowieso viel zu alt zum Kinderkriegen war und sie ihm vermutlich untergejubelt wurde, nimmt niemand Rücksicht auf ihre Gefühle und will sich schon gar nicht um die schweigsame Kleine kümmern.
Aus Mangel an Alternativen entschließt sich Daikichi also Rin vorübergehend aufzunehmen und das, obwohl er keine Erfahrung mit Kindern und schon gar nicht mit Frauen hat. Zudem hat er auch einen ziemlich zeitfressenden Job und versucht nun alles in seiner Macht stehende, um Rin ein gutes Leben zu ermöglichen. So wird er mit so einigen, für ihn unvorhersehbaren, Situationen konfrontiert. Abgesehen davon, dass die Geschichte im weiteren Verlauf immer mehr an Tiefe gewinnt, kommen auch lustige Momente nicht zu kurz. Der Anime hält sich zum Glück nicht lange damit auf, dass die Hauptfigur dieser Herausforderung nicht gewachsen ist, sondern setzt alles daran, eine realistische, bodenständige Beziehung zwischen Daikichi und Rin aufzubauen.
Grade da viele moderne Anime oft unfassbar bunt und überdreht sind und Figuren zu Abziehbildern degradieren, ist es wunderbar zu sehen, dass es auch noch anders geht. Hier ist auch der Zeichenstil eine besondere Abwechslung, Hintergründe und Figuren sind nicht immer komplett ausgemalt, wirken stellenweise wie mit Pinsel, Tutsche oder Wasserfarben gezeichnet, was ebenfalls eine angenehme Abwechslung darstellt. Das breite Themenspektrum welches „Usagi Drop“ abdeckt macht einfach Spaß, die menschlichen Konflikte und Zwischentöne, der Subtext zwischen Gesagtem und Handeln, man hat das Gefühl, dass der Zuschauer hier ernst genommen wird. Klassischerweise handelt es sich hierbei um eine „Coming-Of-Age Geschichte“, was nicht nur für die kleine Rin, sondern auch den etwas lethargischen Daikichi gilt.
Beide lernen voneinander und vor allem das Leben kennen, neue Menschen, Fähigkeiten und längst vergessene Erinnerungen. Schließlich hat Rin doch eigentlich eine leibliche Mutter und Daikichis Vater hat Verbindungen und Informationen zu ihr versteckt gehalten, doch warum? Irgendwie stellt man sich die essenzielle Frage, was es überhaupt ausmacht ein Elternteil zu sein und ob die leiblichen Gene da überhaupt noch eine Rolle spielen? Jedenfalls hat mich die Serie zum Nachdenken angeregt und das sogar ohne den bekannten „erhobenen Zeigefinger“.
Bildqualität
Das Bild macht einen insgesamt ordentlichen Eindruck und kommt immerhin in Full HD, also 1080p daher. Dem schicken Animationsstil kommt das auf jeden Fall zugute, wobei ab und an etwas mehr Detailreichtum, vor allem bei den doch recht starren Bilderbuch-Hintergründen schön gewesen wäre. Dennoch, die Farben sehen gut aus und auch die Scharfzeichnung stimmt. Die Kontraste sind nicht besonders stark und haben eher einen natürlichen Look. Bildfehler wie Artefakte oder Schlieren sind nicht auszumachen.
Tonqualität
Der Ton ist, typisch für Anime-Serien, in DTS-HD Master Audio 2.0. Stereo. Sowohl die japanische als auch die deutsche Fassung sind dabei tadellos abgemischt, der Klang ist sehr angenehm, kommt unkomprimiert und fehlerlos aus den Boxen. In seltenen Fällen, wie beim Einsatz des Soundtracks, vor allem bei Intro und Outro, macht sich auch mal der Subwoofer bemerkbar, schwingt aber größtenteils im Hintergrund mit. Die deutsche Fassung des bei Fans sehr beliebten Studio „Kölnsynchron“ ist ebenfalls klasse geworden, so hat man sich entschieden Patrick Roche (Jon Schnee aus Game of Thrones) für die Hauptrolle zu besetzen und für die Kinder auch wirklich Kinder an das Mikrofon zu lassen, was dem ohnehin sehr realistischen Ansatz sehr gut tut und genau die richtige Entscheidung war. Zudem sind die deutschen Texte sehr angenehm geschrieben und passen sich unserer modernen Umgangssprache an.
Ausstattung
Als Bonus der zweiten Volume, gibt es ein Booklet, welches logischerweise in das Mediabook integriert ist, sowie Sticker und ein Maxi-Poster. An zusätzlichen Extras auf der Disc gibt es eigens produzierte Interviews mit den Synchronsprechern. Eine durchaus nette Beigabe, bei der man einzig und allein den technischen Aspekt deutlich hätte verbessern können, was Bild & Tongestaltung angeht. Außerdem hätte man den Informationsgehalt mit mehr spannenden Fragen erweitern können, die Clips sind mit durchschnittlich 6-7 Minuten etwas kurz geraten.
Fazit
Usagi Drop erzählt nicht nur eine herzerwärmende Geschichte über das Erwachsenwerden von Klein und Groß, sondern ist darüber hinaus mit viel Menschlichkeit inszeniert. Durch die ruhige Geschichte und ernst zu nehmenden Figuren hebt er sich von dem üblichen Klischee-Anime ab und ist daher auch für Nichtkenner des Genres spannend. Auch die HD-Fassung ist gelungen, das Bild, welches stellenweise aussieht, wie mit Ölfarben gemalt, wurde schön transferiert und der Ton ist, grade was die deutsche Fassung angeht, ein echter Ohrenschmaus. Die Aufmachung als Mediabook und zusätzliche Extras können sich auch sehen lassen. Schlussendlich kann man mit Usagi Drop nichts falsch machen!
(Tom Sielemann)
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