Wer Telltale Games Spiele verfolgt, weiß, dass sie den Schwerpunkt vor allem auf Story und vom Spieler veränderbare Story legen. Mit Zurück in die Zukunft, The Walking Dead, Borderlands und Game Of Thrones nahmen sie sich großen Namen der Unterhaltungsmedien an. The Wolf Among Us sollte vielen nicht so bekannt sein. Die Comicvorlage bietet aber erstaunlich viel Zunder! Und Telltale Games wusste diesen Zunder zu nutzen!
Story
Wie in ihren Spielen üblich, unterteilt Telltale Games seine Spiele in Episoden. The Wolf Among Us hat fünf Episoden zu je zwei bis drei Stunden Spiellänge. Die Geschichte folgt den Protagonisten Bigby, der an einem Mordfall ermittelt.
Episode 1: Die Märchen- und Mythen-Welt erlitt einen Zusammenbruch und die Kreaturen, die Fables, müssen in die Welt der Menschen flüchten. Dort gibt es strikte Regeln: Niemand darf auffallen! Die Fabelwesen müssen in Menschengestalt herumlaufen. Über die Geschehnisse in der Stadt Fabletown wacht ein zwielichtiger Charakter: „Der große Böse Wolf“, alias „The Big Bad Wolf“, alias Bigby. Die Probleme der Fables sind seine Aufgabe. Er wird an einen Ort gerufen, an dem der Holzfäller für Tumult sorgt. Bigby schreitet ein und lernt so die ersten Charaktere kennen. Doch kein guter Thriller ohne einen Mord! Nicht viel später wird er von Schneewittchen aus seinem Schlaf gerissen und die Ereignisse setzen ein. Der erste Teil dient vor allem dazu, erste Charaktere und die Mechanik des Spiels kennenzulernen, sowie erste Entscheidungen fällen zu müssen. Die Szenen gehen flüssig ineinander über, die Erzählweise hält uns fest bei Stange und durch die minütlichen Entscheidungen haben wir immer das Gefühl, die Geschehnisse in der Hand zu haben. Das Ende der ersten Episode ist cineastisch aus einem Guss und lässt die Spannung überaus gekonnt anschwellen.
Episode 2: Eine zweite Leiche wird gefunden. Bigby muss neuen Hinweisen nachgehen und sich entscheiden, wie viel Kraft er gebraucht, um die neuen Konflikte zu überstehen, ohne aber die Kontrolle zu verlieren. Neben neuen Charakteren und neuen Entscheidungen, die einen immer wieder kalt erwischen, erfahren wir, dass mehr hinter den Morden steckt, als es zuerst den Anschein hatte. Auch die zweite Episode wartet mit einer sehr guten Story und einem ebenso spannenden Ende auf. Immer wieder stellt uns das Spiel vor Entscheidungen, die wir gerne fällen, die wir uns sogar wünschen.
Episode 3: Das Ausmaß der Fälle wird langsam immer klarer. Umso erschreckender die Zusammenhänge, die sich daraus ergeben. Niemand ist unschuldig in Fabletown muss Bigby herausfinden. Ein Verdächtiger erhebt sich und ist auf der Flucht. Neue Spuren werden aufgenommen man taucht tiefer in die Geschichte der Charaktere ein. Auch der Humor spielt hier sehr gut mit. Der berühmte Satz „**** wird sich daran erinnern!“ schwebt oft auf dem Bildschirm, nachdem eine Entscheidung getan oder ein Satz gesprochen wurde. Als in Folge 3 ein düsterer Fable voll Alkohol und Medizin mit dem Kopf auf den Tresen knallt, heißt es „**** wird sich NICHT daran erinnern!“ Telltale Games beweist Selbstironie. Der Schluss der Episode erweist sich wieder als gewaltig und setzt noch einmal auf getroffene Entscheidungen.
Episode 4: Schwer angeschlagen sitzt Bigby auf seinem Stuhl. Die letzten Namen sind gefallen und er muss herausfinden, welchen Weg es einzuschlagen gilt. Fabletown ist zerrüttelt! Das muss der Wolf einsehen, aber nicht akzeptieren. Das Ende ist spürbar nahe. Die Puzzleteile fügen sich zusammen. Schlussendlich findet sich Bigby in einem Raum umringt von unfreundlichen Gesichtern.
Episode 5: Hier werden die schwerwiegendsten Entscheidungen getroffen, die härtesten Kämpfe ausgetragen und die Lösungswege breit ausgelegt. Sogar in der letzten Episode fühlen wir uns in Kontrolle und bereuen unsere Entscheidungen von zuvor oder freuen uns, dass alles so lief wie geplant. Wunderbare Höhepunkte lassen uns Haare zu Berge stehen und die Spannung in der Luft förmlich spüren. Mit einem klassischen Ende zum Nachdenken verabschiedet sich die Welt von Autor Bill Willingham.
Mit seiner gut strukturierten Erzählweise trifft The Wolf Among Us jeden Ton und liefert ein astreines Ergebnis ab.
Grafik
Der Comicstil profitiert sehr durch die Engine „Telltale -Tool“. Die starken Farben und dicken Umrandungen erzeugen einen unverwechselbaren Stil. Gerade die Farben Rosa und Lila dominieren manche Szenen. Die düstere Stimmung wird durch die schön detaillierten Szenenbilder sehr gut wiedergegeben. Sie sind den originalen Szenen aus dem Comic nachempfunden. Viele Einzelstücke werden nie erklärt und man muss die Antwort in den selbigen suchen oder auf das allwissende Internet ausweichen. Schatten sind sehr deckend und verbreiten Noir-Stimmung. Während „Telltale‘s“ Vorgänger immer wieder mit Ladezeiten den Spielverlauf kurzzeitig pausierte, läuft The Wolf Among Us flüssig über den Bildschirm. Das hilft dabei, im Spielfluss zu bleiben. Die Animationen der Charaktere haben sich ebenso verbessert; sind weicher geworden. Charaktere wirken aber immer noch etwas steif. Wie die Figuren einer Stop-Motion Produktion. Die Engine hinkt den heutigen Standards einfach hinterher und wird Optikfans enttäuschen.
Sound
Hier fuhr „Telltale“ wieder eine breite Palette auf. Die Sprecher (allesamt Englisch) machen einen sehr guten Job. Die Stimmen passen sehr gut zu den Charakteren und ihren Typen. Die Musik ist an manchen Stellen sehr prägnant und wird passend eingesetzt. Das Intro der „Show“ ist ein sehr gut gelungener Track, den man gerne öfter hört. Die Effekte sind abwechslungsreich und gut abgemischt. Manchmal aber werden Sounds einen Tick zu spät eingestreut oder verklingen vorzeitig.
Singleplayer
The Wolf Among Us spielt sich an manchen Stellen wie ein schöner Krimi. Mit Tatort, Hinweisen und Mordopfer. Es liegt am Spieler herauszufinden, was eventuell passiert ist. Das wirkt zu keiner Zeit aufgesetzt oder zu einfach. Gerade die ersten beiden Episoden legen mit einem sehr guten Spannungsbogen vor und motivieren zum Weiterspielen. Leider lassen dann die Folgen etwas an Struktur und Spannung nach. Man steht zwar immer noch vor schwierigen Entscheidungen, aber der Erzählfaden windet sich weniger kunstvoll. Am Ende der letzten Episoden hat man nicht das Gefühl, viel erreicht zu haben. Eine Enttäuschung sind die Kapitel aber bei Weitem nicht.
Steuerung
Wie gewohnt gibt es eine vorgegebene Kameraperspektive. Mit dem linken Stick steuert man den Charakter und mit dem rechten steuert man den Curser über den Bildschirm, um Objekte hervorzuheben und zu interagieren. Dies tut man mit den Tasten X, O, Dreieck und Viereck. In Actionsituationen werden QTE’s (Quick Time Events) eingeblendet. Die dritte Interaktionsmöglichkeit bieten die Dialoge. Wie in den Spielen zuvor gibt es vier Antwortmöglichkeiten. Man findet sich durch diese simplen Einheiten schnell ins Spielgeschehen ein.
Fazit
Fans von Krimis, Thrillern, Telltale‘s: „The Walking Dead“, und nicht linearer Spielwelten sind herzlich eingeladen, die erste Episode für umsonst herunterzuladen. Sehr wahrscheinlich wird man nicht enttäuscht werden. Neueinsteiger und Nicht-Kenner können und SOLLTEN mit der Gratis-Episode einen Versuch wagen! Uns hat der Ausflug nach Fabletown sehr gut gefallen!
(pa) (weitere Reviews anzeigen)
- Musik
- sehr gute erzählerische Struktur
- gekonnte Umsetzung des Comic-Stoffes
- Spannungsabfall in den letzten Episoden
- seltene Soundaussetzer
- hinkt technisch hinterher