Rogue One ist das erste Spin-Off des
Star Wars-Universums und nimmt somit ohnehin schon
eine Sonderstellung im Kanon ein. Nur ein Jahr nach Star Wars - Das
Erwachen der Macht dem von Fans überwiegend positiv aufgenommenen
Start der neuen Trilogie, war
Rogue One vielleicht
sogar der spannendere Film, weil man hier nicht einschätzen konnte,
was einen erwartete. Dazu ein Cast, der Charaktere darstellte, die
bisher in keinem anderen Teil auftauchten und eine große
Verschwiegenheit seitens Disney.
Als sich tröpfchenweise die Informationen mehrten, dass Regisseur
Gareth Edwards ( Monsters, Godzilla) womöglich Probleme haben
könnte, eine für die Disney-Oberen zufriedenstellende
Schnittfassung herzustellen, wirkte sich diese Nervosität auch auf
die massive Fangemeinde aus. Als dann noch millionenschwere
Nachdrehs, auch Reshoots genannt, erfolgten und mit Tony Gilroy ein
dritter Mann für den Schneideraum engagiert wurde, schwante nicht
wenigen Beobachtern schon Böses.
Dabei ist es eigentlich keine Seltenheit, dass man nach den
Hauptdreharbeiten im Schneideraum feststellt, dass man noch die ein
oder andere Szene für den Fluss des Films benötigt und dafür
nochmal Material nachdreht. Kaum ein hochbudgetierter Blockbuster
kommt ohne diesen Schritt aus. Doch bei
Rogue One
schien das Ausmaß recht groß zu sein und das sorgte für Anspannung,
auch wenn selbst Extrembeispiele wie Men in Black 3 oderdas Brad
Pitt-Zombiespektakel World War Z am Ende trotz großer Turbulenzen
bei der Entstehung (siehe Schnittbericht) eigentlich Hoffnung
machen konnten, dass das Endprodukt trotzdem gut werden kann.
Drei Wochen nach Kinostart stand
Rogue One denn
auch bei 817 Mio. Dollar weltweitem Einspiel, Tendenz natürlich
noch steigend. Einerseits ist das letztlich dem Star Wars-Bonus
geschuldet, andererseits kam filmisch am Ende auch ein mehr als
ordentliches Produkt dabei heraus, das auch nicht durch negative
Mundpropaganda leiden musste. Und trotzdem bleibt die Frage, was
denn auf dem Weg in die Kinos noch verändert worden ist, immerhin
gibt es ein paar Szenen im ersten Trailer, von denen dann im
fertigen Film keine Spur davon zu finden ist. Was sagen also die
Macher, nachdem sie erleichtert sein können, dass der Rubel so gut
rollt?
Die Nachdrehs und was dahinter stecktDa wäre zum einen das Team der drei Cutter aus dem Schneideraum,
die dem Film seine endgültige Form gaben und ihn auf dem Weg dahin
Tag für Tag begleitet haben. In einem Interview mit
Yahoo!
Movies brachten sie etwas Licht ins Dunkel. Sie sagten, dass
sie zu jeder Zeit wussten, wo der Film steht und dass sie noch
Dinge hinzufügen mussten:
I think everyone knew, from the offset,
everything was always scheduled from day one for there to be
pickups like on every film. We did exactly the same thing on
‘Monsters’, we always knew we were going to go back and do pickups,
and it was the same thing with ‘Rogue One’, it was just something
that was on the schedule.
Was ihnen während der Zusammenstellung des Films auffiel, war, dass
die Einführung mehrerer Charaktere etwas zu abrupt geschah und die
Figuren zu unvorbereitet in das Geschehen warfen. So war Jyn Erso
ursprünglich zum ersten Mal bei der Befragung durch die
Rebellenführung zu sehen. Bei den Nachdrehs wurde dann ihre
Befreiung aus dem Gefangenentransport hinzugefügt, während
Rebellenagent Cassian Andor nun mit seiner Mission eingeführt wird,
in der er eine wichtige Information beschafft. Und auch der
desertierte, imperiale Pilot Bodhi Rook wird auch anders
vorgestellt, indem er als Geisel durch die Wüste zu Saw Gerrera
geführt wird. Rückblickend macht das für die Cutter viel
Sinn.
The point with the opening scenes that
John was just describing was that the introductions in the opening
scene, in the prologue, was always the same. Jyn’s just a little
girl, so when you see her as an adult what you saw initially was
her in a meeting. That’s not a nice introduction. So having her in
prison and then a prison break out, with Cassian on a mission…
everybody was a bit more ballsy, or a bit more exciting, and a bit
more interesting.
Auch im dritten Akt mit der fast einstündigen Finalschlacht
änderten sich einige Dinge. Tony Gilroy wollte dazu nicht zu viele
Details preisgeben, ließ aber durchblicken, dass die Reihenfolge
der Geschehnisse verändert wurde.
It changed quite a bit. The third act has
a lot going on. You have like seven different action venues, the
mechanics of the act changed quite a bit in terms of the
characters, and I don’t want to go into too much detail about what
had been there before, but it was different.
[...]
We moved some of the things that our heroes did, they were
different in the original then they were as it was
conceived.
Entferntes Material und die Chancen auf einen Extended
CutAuf die Frage, ob es denn viel Material gebe, das als Deleted
Scenes taugen würde, war die Antwort sehr eindeutig. Vielleicht
zehn Minuten, aber nichts Substantielles an Szenen, da man den Film
nicht aus Zeitgründen straffen musste, sondern, weil es passte, sie
zu entfernen. Auch ein Extended Cut scheidet damit wohl aus, da es
keine ominöse 4-Stunden-Fassung von
Rogue One
gebe.
John Gilroy: I don’t
know. For me, no. I can’t think of anything.
Colin Goudie: There’s a handful that if people
see them they’ll be like ‘oh that’s interesting’, but I don’t think
there’s anything whereby you’d be like ‘why did they cut that
out?’
John Gilroy: We were in a different position.
It wasn’t like ‘the movie’s great, but we have to lose 10 minutes’
or whatever. It was a different situation.
[...]
I think the first assembly was not far off actual release
length. Maybe 10 minutes longer? I genuinely can’t remember because
that was nearly a year ago now. There’s no mythical four hour cut,
it doesn’t exist.
Wie auch Ben Mendelsohn, Darsteller vom imperialen Hauptgegner
Orson Krennic im Interview mit
Collider verriet, wurden
viele Szenen von Beginn an in verschiedenen Stimmungen und
Varianten gedreht, damit man später aus einem breiten Fundus an
Material schöpfen konnte. Laut Mendelsohn hätte dieser Prozess eine
ganze Reihe von Szenen betroffen und letztlich wusste er nicht mal
selbst, welche Gareth Edwards und Co. am Ende nehmen würden.
I heard from a lot of the people
I’ve spoken to –and I could be wrong– that when you shot it they
would sort of play it multiple ways on set, so that way in the
editing room…
MENDELSOHN: Yep, absolutely, very much. We did have multiple,
multiple ways of going at any given scenario, we had multiple
readings of it. So should they ever decided to, there would be a
wealth of ways of approaching these different things. And I know
from having seen sort of the crucial kind of scenes throughout it,
I know there’s vastly different readings of at least four of those
scenes.
So in essence there’s basically a completely different
version of the movie that could be played on like an alternate cut
of the entire film.
MENDELSOHN: Absolutely, with enormous differences within I
would’ve said 20 or 30 of the scenes.
That’s crazy.
MENDELSOHN: There really would be. There would be enormously
different renderings.
Was hat sich beim Drehbuch verändert?Eine Sache, die aber nicht während der Dreharbeiten, sondern schon
während der Drehbuchphase entschieden wurde, war das Schicksal von
Jyn Erso und ihren Mitstreitern. Wie Edwards
EmpireOnline
verriet, glaubte er anfangs nicht, dass er diese Charaktere sterben
lassen könne und demnach gab es auch eine geschriebene, aber nie
gefilmte Variante des Finales, in der sie überleben. Doch die
Studiobosse um Lucasfilm-Präsidentin Kathy Kennedy ermutigten ihn,
dass das im Storykontext durchaus Sinn mache.
“I think there was an early version [of
the screenplay] — the very first version they didn’t [die] in,” he
explained. “It was just assumed by us that we couldn’t [kill the
cast] and they’re not gonna let us do that. So we’re trying to
figure out how this ends where that doesn’t happen. And then
everyone read that [first screenplay], and there was just this
feeling of like, ‘They gotta die, right?’ And everyone was like,
‘Yeah, can we?’ And we thought we weren’t gonna be allowed to, but
Kathy [Kennedy, Lucasfilm President] and everyone at Disney were
like, ‘Yeah, makes sense.'”
Nach der Rekapitulation all dieser Informationen kann man also zu
dem Fazit gelangen, dass
Rogue One - A Star Wars
Storyglücklicherweise zu der Sorte Film gehört, die trotz
einer turbulent anmutenden Produktionsgeschichte ein sehr gutes
Endprodukt geworden ist. Auch, wenn die Macher und die Fans ein
paar mehr Nerven lassen mussten, als sie sich zuvor wohl erhofft
hatten.