Geschrieben: 20 Jan 2015 03:17
Ich hoffe ich hab das in den richtigen Bereich gepostet jetzt
Stab
Director: Steven Knight
Writer: Steven Knight
Stars: Tom Hardy, Olivia Colman, Ruth Wilson
Kritik
Tom Hardy unterwegs im Auto auf dem Highway seines Lebens.
Gepflastert mit Leid, Verlust und Schmerz. Steven Knight lässt
Hardys seelischen Drehzahlmesser bis in den roten Bereich drehen
und wir sitzen dabei mittendrin -auf dem Beifahrersitz seines BMW,
den er unaufhörlich, pausenlos Kilometer um Kilometer fressen
lässt.
Tom Hardy ( Warrior, The Dark Knight Rises ) reiht sich
reibungslos, in Steven Knights ( Drehbuch zum Oscar Film Eastern
Promises ) Drama in den Club der Filme ein, die jeweils nur einen
Schauspieler auffahren. Waren vor ihm einst Ryan Reynolds auf der
falschen Seite des Bodens begraben in Buried, sowie Bobby Redford
auf hoher See in All is Lost, tut er es ihnen nun in No Turning
Back gleich. Obwohl man einmal mit Locke (Hardy) eingestiegen, auf
dem Weg nach London, nie das Gefühl bekommt nur einem einzigen
Schauspieler beim Agieren zu zusehen. Durch ständiges Klingeln der
Freisprecheinrichtung erlebt Hardy so gut wie nie eine ruhige
Minute und diese ist ihm bis zum Ende seiner Fahrt auch nicht
vergönnt.
Wie einfach, aber dennoch wirkungsvoll die banalsten Dinge sein
können...
Locke hat eine Entscheidung getroffen und versucht diese nun in
einer fast 90 minütigen Fahrt zu verwirklichen. Und von da ab
beginnt auch die große Magie, die der Film entwickelt. Minute für
Minute, Satz für Satz, Kilometer um Kilometer, Mensch um Mensch,
werden die Konsequenzen sichtbarer, die die Entscheidung welche er
beim Einsteigen getroffen hat spürbarer. Und dabei trifft es den
Zuschauer ins Mark. Kaum eine Szene, die nicht aus dem Leben
gegriffen scheint. Dialoge die noch lange nachhallen.
Kinderstimmen, die so niederschmetternd die Magengegend penetrieren
aufgrund der Ausgangssituation sowie vor Verzweiflung dem Abgrund
nahe stehende Menschen sind so rund geschrieben wie das Symbol des
Autoherstellers auf der grau schimmernden Autohaube des
Boliden.
Lockes Entscheidung, die die Pfeiler seines Lebens bröckeln lassen
wurde aber nicht ab dem Moment, des ersten aufheulen des Motors
gefällt, sondern schon Acht Monate zuvor. Locke, Bauleiter einer
renommierten Baufirma, verheiratet, bekommt die Nachricht, dass
sein einmaliger Fehltritt Konsequenzen hat und zwar Zweibeinige. Er
wird nochmal Vater, zum dritten Mal. Nur dieses Mal nicht von der
eigenen Ehefrau sondern resultierend aus eben jenen Entscheidung
mit einer anderen Frau zu schlafen. Aus dieser Ausgangssituation
heraus beginnt der Alptraum dem sich Locke stellen muss. Viel mehr,
sich stellen will. Er trifft die Entscheidung dafür ein zustehen
was er getan hat und nicht mehr rückgängig machen kann. Und Gegen
das weglaufen, wie einst sein Vater es tat.
In No Turning Back geht es plump gesagt nur um Telefonate, die
Locke, während der in Echtzeit erlebten Fahrt, zum Krankenhaus
seines unehelichen Kindes führt. Die Themen darin sind universell,
kann sich doch jeder in die Situation hineinfühlen, wenn er eine
nicht mehr auf zu haltende Sache einem geliebten Menschen wenn
nicht sogar der am meisten geliebten Person erklären muss. Wie den
unaufhörlichen Fluss der Autos auf der Autobahn, so lässt sich das
nun los getretene nicht mehr aufhalten. Locke versucht mit aller
Macht sein Leben wieder in die richtige Bahnen zu lenken, nur haben
Autobahnen meist keine Kreuzungen. Nur Ausfahrten auf die man
keinen Einfluss hat. No Turning Back. Wer hat schon mal versucht
auf der Autobahn zu wenden? Und genauso wenig geht es in der
Autobahn des Lebens, einmal entschieden fährt man auf ihr.
Hardys Reise im Personenkraftwagen wird dabei immer wieder von
zauberhaften Kameraeinstellungen eingefangen. Dabei wird nicht nur
die Atmosphäre einer nächtlichen Fahrt auf dem Highway gnadenlos
stimmig aufgesaugt, sondern auch das Gesicht des Charakters wird
zur sich ständig verändernden Oberfläche der Emotionen. Hardy
spielt um sein Leben, stellt den innerlich zerrissen von Schuld
geplagten aber dennoch aufrechten Beton Malochers mit all seiner
Kunst grandios dar. Wenn man auch klar Stellung beziehen kann und
gegen Hardy in den Krieg ziehen will oder das Vorhaben konsequent
findet, froh ist man dennoch nicht selber hinterm Lenkrad sitzen zu
müssen.
Aber wie oft sitzen wir denn nicht selbst hinterm Lenkrad unseres
Lebens und müssen, wie er Dinge tun die unangenehm sind oder
Konsequenzen nach sich ziehen. Dabei sind es bei Locke nicht nur
Baustellen die sein privat Leben betreffen sondern auch seine
Kariere, seine Existenz. Wie oft begeben wir uns nicht selbst, auf
die Autobahn des Lebens, wenn wir Entscheidungen treffen, sie
verkünden und es kein Turning Back mehr gibt?
Wenn die Lichter des Autos aus den bayrischen Motorenwerken
verblassen im Dunkel der Nacht und Hardy seine Destination erreicht
hat, der Abspann über den Bildschirm flackert. Ein letztes Mal der
wie die Faust auf Auge passende, zu jeder Sekunde unterstützende
Score verklingt. Einem langsam bewusst wird, das No Turning Back
ein Ende gefunden hat. Man sich selbst dabei erwischt wie man Pläne
für die nächste Fahrt schon gedanklich schmiedet- auf der Autobahn
der Entscheidung dann hat Tom Hardy es geschafft mit No Turning
Back bei ihnen Beifahrer im Kopf zu werden. Der längere Zeit nicht
aussteigen wird.
Bild war super und der Sound überragend. Ohne diesen perfekten
Sound wäre diese feine Atmosphäre nicht zu Stande gekommen.