Spieglein, Spieglein - Die wirklich wahre
Geschichte von Schneewittchen Blu-ray ReviewFast könnte man meinen, in Hollywood baut sich eine neue Welle auf.
Eine Märchenfilmwelle nämlich. Nach dem enormen Erfolg von Disneys
Rapunzel – Neu verföhnt scheinen nun auch andere
Filmstudios auf den Geschmack zu kommen. Im Jahr 2012 sind es
gleich zwei Beiträge, die sich im reichhaltigen Märchenfundus
bedienen. Dabei ist es wohl dem Zufall zuzurechnen, dass sich beide
Filme ausgerechnet dasselbe Märchen ausgesucht haben:
Schneewittchen. Immerhin interpretieren
Snow White and the
Huntsman und
Spieglein, Spieglein – Die
wirklich wahre Geschichte von Schneewittchen die
Geschichte auf völlig unterschiedliche Art und Weise. Während
Snow
White sich voll und ganz „erwachsener“
Fantasy-Action verschreibt, legt
Spieglein,
Spieglein seinen Schwerpunkt auf unbeschwerte Unterhaltung
für die ganze Familie.
Story:
Die Straßen des Königreichs sind erfüllt mit Tanz und Gesang. Unter
ihrem gütigen König leben die Menschen glücklich und in Wohlstand.
Doch die Lage ändert sich gravierend, als der Monarch eines Tages
im nahe gelegenen Dunklen Wald spurlos verschwindet. Zurück bleibt
seine junge Tochter Schneewittchen, die nun den Launen ihrer
schönen, aber bösen Stiefmutter hilflos ausgeliefert ist. Trotz
allem wächst „Schneechen“ (L. Collins) zu einer wunderschönen
jungen Frau heran, die bald ihren 18. Geburtstag feiert. Als es
auch noch den adretten Prinz Alcott von Valencia (A. Hammer) ins
Schloss verschlägt, droht die Lage unübersichtlich zu werden.
Sowohl die Böse Königin (J. Roberts), als auch Schneewittchen sind
vom edlen Prinzen mehr als beeindruckt. Aus purer Eifersucht
schickt die missgünstige Königin Schneewittchen in den finsteren
Wald um ihr dort ein frühzeitiges Ende zu bereiten. Doch die Dinge
entwickeln sich völlig anders als erwartet.
Bemerkenswert an
Spieglein, Spieglein ist zu
allererst die Wahl des Regisseurs. Es wurde der Inder Tarsem Singh
verpflichtet, der vor allem mit seinem ganz eigenen, unglaublich
detailverliebten visuellen Stil beeindruckt. Filme wie „The Cell“
oder vor allem „The Fall“ legen davon eindringlich Zeugnis ab.
Damit bringt Tarsem genau die richtigen Voraussetzungen mit, um die
reichhaltige Fantasiewelt Schneewittchens in bewegte Bilder
umzusetzen. Folgerichtig besticht der Film zu allererst durch seine
Schauwerte. Dabei geht
Spieglein, Spieglein im
Vergleich zu
Snow
White einen völlig anderen Weg. Hier ist alles
im wahrsten Sinn märchenhaft verkitscht, pompös und fast
antiseptisch rein. Auf den ersten Blick wirkt das alles unglaublich
künstlich, unecht und fast wie in einem Disney Themenpark. Doch
genau dieser Look vermittelt auch einen ureigenen Märchencharme,
dem man sich nur schwer entzieht.
Das Setdesign ist aufwändig und detailverliebt. Es wird nur noch
von den teils absurd überkandidelten, bunten Kostümen übertroffen.
Eine Mischung aus Rokoko und dem letzten Schrei aus dem Kapitol,
der Hauptstadt von Panem, beschreibt die vorherrschende Extravaganz
noch am ehesten. Passend dazu bewegt sich die Geschichte in einem
voll und ganz familientauglichen Rahmen. Im Gegensatz zu
Snow
White fällt die Action sehr gediegen und
handzahm aus. Dabei wird auch vor einigen Slapstickeinlagen nicht
halt gemacht. Den Logikgehalt der Story darf man ebenfalls nicht
nach den Gesetzen der reinen Vernunft beurteilen. Dass Schneechen
an einem Nachmittag Fechten lernt ist nur eine Kröte, die man
schlucken muss. Darüber hinaus gönnt sich der Film auch einige
Freiheiten gegenüber seiner klassischen Vorlage.
Wer sich an derlei „Kleinigkeiten“ nicht stört, wird über gut 100
Minuten bestens unterhalten. Julia Roberts darf hier endlich einmal
eine Schurkin spielen und erfüllt die Aufgabe gewohnt routiniert.
Lily Collins (ja, die Tochter von Phil Collins) ist einfach nur
zuckersüß und die perfekte Besetzung der unschuldigen Prinzessin.
Armie Hammer gibt sich erfrischend uneitel und macht sich als Love
Interest der beiden Leading Ladys mehr als einmal zum Narren. So
entwickelt sich ein bunter, unbeschwerter und durchgängig
unterhaltsamer Reigen, der sich zu keiner Zeit ernst nimmt. Gerade
dieser selbstironische Ansatz wird ausgesprochen sympathisch
vermittelt.
Snow
White und
Spieglein, Spieglein
verkörpern damit zwei Seiten von ein und derselben Medaille. Somit
ist es auch in keiner Weise negativ zu bewerten, dass beide Filme
die gleiche Vorlage bemühen. Im Gegenteil. Das Doppelpack drängt
sich für einen abwechslungsreichen Schneewittchen-Filmabend
geradezu auf.
Bildqualität:
-
Technik: Videocodec MPEG-4 AVC, Ansichtsverhältnis 1,85:1,
Auflösung 1080p
-
ausgezeichnete Schärfe und Detailzeichnung
ausgewogene Kontrastwerte
-
kein Filmkorn erkennbar
-
Bild wurde bewusst abgedunkelt
-
dadurch gedeckte Farbgebung
-
Schwarzwert verschluckt Details in dunklen
Bildbereichen
-
Farbtemperatur ins gelblich-braune verschoben
-
kaum plastische Wirkung
-
keine erkennbaren Artefakte und Masteringfehler
Tarsem dehnt seine künstlerische Freiheit auch auf den Bildtransfer
aus und mutet dem Zuschauer einige Stilmittel zu, die dem Film
nicht immer zu Gute kommen. Vor allem die reduzierte Helligkeit
macht dem Bild zu schaffen.
Tonqualität:
-
Deutsch DTS-HD Master Audio 5.1
-
Dialoge immer klar verständlich
-
differenzierte Stereobühne
-
gute Dynamik in Actionsequenzen
-
Subwoofer könnte druckvoller arbeiten
-
raumgreifende und präzise positionierte direktionale
Surroundeffekte
Im Gegensatz zum Bildtransfer gibt es beim Ton kaum etwas zu
bemängeln. Die Ansprüche an eine aktuelle Tonspur werden
erfüllt.
Ausstattung:
-
5 geschnittene Szenen
-
Ich glaube ich kann tanzen (ca. 11 Min.)
-
Spieglein, Spieglein Märchenbuch (ca. 6 Min.)
-
Ein Blick durch den Spiegel – Making –Of (ca. 13 Min.)
-
Prinz und Hündchen (ca. 2 Min.)
-
Trailer (Deutsch, Englisch)
Im Feature „Ich glaube ich kann tanzen“ bringt der Choreograph des
Films dem interessierten Zuschauer den abschließenden Tanz bei. Wer
also seine Freunde schon immer mit einer echten
Bollywood-Tanznummer beeindrucken wollte, ist hier genau richtig.
Das Märchenbuch ist eine schlichte Zusammenfassung der Story.
Hinter dem Blick durch den Spiegel verbirgt sich das eigentliche
Making-Of, das sich hauptsächlich in den üblichen Lobeshymnen
ergeht und nur einen rudimentären Einblick in die Entstehung des
Films gewährt. Worum es in „Prinz und Hündchen“ geht, erschließt
sich dem Betrachter auch nach Sichtung nicht wirklich. Es kommen
auf jeden Fall einige süße Hundewelpen vor.
Fazit:
Vor allem der eigenwillige Bildtransfer dürfte Stilmittelverächtern
sauer aufstoßen. Was sich der Regisseur bei der künstlichen
Abdunkelung des Bilds gedacht hat, wird sein Geheimnis bleiben. Die
Tonspur liefert dagegen nur wenig Anlass zur Kritik und bewegt sich
durchgängig auf zeitgemäßem Niveau. Die Extras sind nicht der Rede
wert.
Im Vergleich zum Konkurrenzprodukt
Snow White and the
Huntsman verschreibt sich
Spieglein,
Spieglein voll und ganz lustiger, teils sogar absurd
komischer Familienunterhaltung. Natürlich entsteht durch die
Intrigen der Bösen Königin auch eine gewisse Spannung, und sogar
einige flotte Actioneinlagen sind zu bewundern. Letztlich wird all
das aber mit einem ironischen Augenzwinkern erzählt, so dass nie
eine wirklich bedrohliche Atmosphäre aufkommt. Regisseur Tarsem
Singh beweist einmal mehr sein Händchen für visuell beeindruckende
Bildkompositionen. Fans des Inders kommen hier voll auf ihre
Kosten. Alle anderen dürfen mit gut 100 unbeschwerten Filmminuten
rechnen.
Kurzbewertungen:
Story: 7/10
Bild: 7/10
Ton: 9/10
Extras: 4/10
Gesamt*: 7/10
* In der Gesamt-Bewertung wird die
Story nicht berücksichtigt.Kaufempfehlung: 7/10
Die Kaufempfehlung der Spieglein,
Spieglein Blu-ray wird anhand der technischen Bewertung und unter
Berücksichtigung der Story berechnet.Testgeräte:
TV: Panasonic TX-P55VT50E (55“) (kalibriert)
BDP: Panasonic DMP-BDT500
AVR: Pioneer SC-LX81
Lautsprecher: B&W 803S (Main), Teufel M-500 (Surround)