Dass alles aus den Niederlanden völliger Käse
oder einfach nur „Shit" sein soll, ist wirklich ein gemeines
Gerücht. Doch bevor ich mich weiter in bösen Wortspielen, die
sowieso niemand lustig findet, verheddere und dadurch auch noch die
Einleitung zum Review des absoluten MUST HAVE- Titels des noch so
jungen Jahres ruiniere, geht’s nun direkt los:
Killzone 2 ist vorbelastet, denn der Vorgänger war dem Hype als
„Halo Killer“ zu damaliger Zeit absolut nicht gewachsen. Auch ich
habe mir die Finger verbrannt und ging anschließend lieber mit dem
MasterChief auf Streifzug.
Hat Guerilla Games aus den Niederlanden in den vergangen fünf
Jahren dazugelernt oder sich auf den „Lorbeeren“ ausgeruht? Dieses
Mal ist es eindeutig: Guerrilla Games hat sich einen Platz in der
Reihe der besten Konsolenshooter gesichert. Ein solch intensives
Mittendrin- Erlebnis kombiniert mit technischer Überlegenheit und
edlem Spieldesign setzt Maßstäbe. Nicht nur auf der PLAYSTATION
3.
Atmosphäre pur
Wir befinden uns in weit entfernter Zukunft. Die Erde ist
überbevölkert und die Menschheit musste auf Kolonien außerhalb
ihres Heimatplaneten ausweichen. Wer die beiden Vorgänger auf PS2
und PSP kennt, wird die Hintergrundgeschichte um den Krieg zwischen
Menschen und Helghast bereits kennen. Alle Nichtkenner werden nach
einlegen der Disc direkt in ein Propaganda Video vom Imperator
Scolar Visari hingeworfen. Dieser schwört seine Armee auf die
Verteidigung des Planeten Helghan ein, da die Feinde der
interplanetarischen strategischen Allianz (ISA) in Kürze ihren
Angriff starten wollen. Direkt zu Beginn wird man von der
Atmosphäre des Titels gepackt, denn durch den manischen Unterton in
Visaris Stimme und seine Körpersprache entwickelt man eine gewisse
Antipathie gegen den Imperator und seine Ideologie.
Ihr übernehmt die Rolle von Tomas Sevchenko, eines Soldaten der
ISA. Dieses Mal geht es nicht um die Befreiung von eingenommenen
Arealen der Helghast sondern man stürzt sich offensiv direkt auf
den Heimatplaneten Helghan.
"Kluge Leute lernen auch von ihren Feinden"
Aristoteles
Dieser Angriff nach vorne entpuppt sich allerdings als ein
taktischer Fehlgriff, denn schnell wird klar dass sich die ISA
grundlegend überschätzt hat:
Die Soldaten der Helghast sind wahrlich perfekt ausgebildet und
passen sich jeder Kampfsituation perfekt an: Deckungen werden
hervorragend genutzt und wenn sie sich in der Überzahl befinden
wird sich abgesprochen um uns, den Feind, taktisch auszutricksen.
Umgekehrt ist man natürlich auch selbst gut damit beraten, so oft
wie möglich selbst Deckung zu suchen. Einzelgänger die in John
Rambo- Manier mit Dauerfeuer das Schlachtfeld unsicher machen
wollen, können einpacken. Durch diesen Realismus in diesem
pervertierten Szenario bestehend aus den an den Nationalsozialismus
erinnernden Helghast- Soldaten und einem Planeten dessen
Naturkräfte sich offenbar wild entschlossen gegen Invasoren von
außen wehren entsteht eine beklemmende Atmosphäre. So einen Krieg
hat man bislang in keinem Spiel erlebt.
Eine Verschnaufpause bietet das Spiel nur selten, die Kampagne
birgt Situationen, die einem alles abverlangen und eine Anspannung,
wie in keinem anderen Kriegsspiel, erzeugen. Man merkt gerade, dass
Guerilla Games den Spieler zu keiner Zeit in Sicherheit wiegen
will: Verschanzt man sich hinter einer Säule, kann es durchaus
passieren dass diese Deckung durch andauernden Beschuss nicht allzu
lange hält. Auch die Angriffe der Gegner sind nicht pauschal
berechenbar. Einige stürmen mit gezücktem Messer in eure Deckung,
andere zwingen euch mit Granaten zum Verlassen des kugelsicheren
Bereiches. Ein besonders fieser Brocken ist der ArcTrooper, dieser
ist durch seine Panzerung nahezu immun gegen bleihaltigen Beschuss.
Doch mit ein wenig Taktik, nämlich durch Schüsse auf die Gastanks
an seinem Rücken, erledigt man auch solche Kolosse. Im späteren
Verlauf trefft ihr auch auf Kampfroboter, hier entscheidet ein
falscher Schachzug schnell über Sieg oder Niederlage. Gottseidank
ist das Spiel mit ausreichend Speicherpunkten ausgestattet, dadurch
ist der Titel zwar immer noch knackig schwer – aber ohne
Frustsituationen da ewig lange Abschnitte nicht noch einmal
gemeistert werden müssen.
Working together to win
Die Helghast überzeugen durch ihre beachtliche KI und nutzen eure
Fehlzüge gnadenlos aus, doch auch eure Kollegen stellen sich klug
an und verstehen unter dem Begriff TEAM nicht die Abkürzung „Toll
ein anderer macht‘s“. Sich gehen stets in Deckung, stürmen
selbstständig in Richtung Feindeslager vor und warten wenn Ihr
zurückgeblieben seid. Man kann ihnen übrigens keine Befehle
erteilen, was mich persönlich an keiner Stelle gestört hat. Sie
sind übrigens nicht unsterblich, sondern sind das ein oder andere
Mal auf euren Erste Hilfe- Kasten angewiesen. Sobald ein Kamerad
stark verwundet wurde, wird dieser mit einer Markierung auf dem
Bildschirm angezeigt. Um eurem Kollegen zu neuer Lebenskraft zu
verhelfen müsst ihr schnellstmöglich bei ihm eintreffen und mit
Druck auf die Kreistaste einen Stromstoß aus eine Art
Elektroschocker auszustoßen. Das Ganze geht relativ flott sodass
man im Gefecht nicht unnötig lange eine Zielscheibe
darstellt.
Die Anzahl an Schießeisen ist üppig ausgefallen, hier ist vom Colt
bis hin zum Raketenwerfer wirklich alles vertreten. Die meiste Zeit
ist man aber sicherlich mit dem MG unterwegs. Leider kann man neben
der Standardwaffe, dem Colt mit unbegrenzter Munition, nur eine
weitere Waffe mit sich führen. Man gerät oft in den Zwiespalt ob
man das mit 300- Schuss gefüllte MG mit einem Granatwerfer, der
lediglich für 6 Schuss reicht, wirklich eintauschen möchte.
Zusammen ist man weniger allein
Neben dem durchdachten Singleplayermodus bietet Killzone 2 einen
wirklich üppigen Multiplayerpart der im PLAYSTATION NETWORK
wahrscheinlich wie eine Bombe einschlagen wird! Unglücklicherweise
fehlt ein Koop-Modus, der dem ganzen wirklich die Krone aufgesetzt
hätte. Derzeit stehen acht riesige Maps für die verschiedenen
Spielmodi zur Auswahl. Zu Beginn sollte man die Karten im Offline-
Modus erkundigen und kann mit Bots trainieren. Insgesamt sind
übrigens bis zu 32 Spieler in einem Multiplayerspiel möglich. Das
Spielprinzip orientiert sich gewissermaßen an der
Einzelspielerkampagne, denn die Spieler werden in zwei Squads mit
Teamleader aufgeteilt. Der Squad stellt im Falle des virtuellen
Sterbens gleichzeitig den Respawnpoint dar, somit agiert man direkt
wieder im Team.
Bislang bietet das Spiel fünf Multiplayer- Modi, man weiß ja nie
was die Patch- Zukunft noch so alles bringt. Zuallererst gibt es
den klassischen Deathmatch, bei dem der Squad gewinnt, der am Ende
die meisten Gegner eliminiert hat. Der „Capture and Hold“- Modus
ist ein klassischer Conquestmodus in dem ein Squad bestimmte
Gebiete für eine gewisse Zeit besetzen müssen um zu gewinnen. Der
„Assassination“- Modus sorgt für steigenden Adrenalinspiegel, hier
wird ein Spieler im Squad vom System automatisch zum Abschuss
freigegeben – das Squad hat nun die Aufgabe den eigenen Kameraden
zu schützen und das Freiwild der Gegner ausfindig zu machen. Im
„Seekmission“- Modus ist ein erweitertes Capture the Flag, auf der
Map tummeln sich diverse Gegenstände die nacheinander auf dem Radar
erscheinen. Das Team welches am Ende die meisten Gegenstände, z.B.
ein altes Radio oder eine Funkanlage, ins eigene Lager bringen
konnte, hat gewonnen.
Last but not least steht der „Seek and Destroy“- Modus für
spannende Multiplayergefechte zur Verfügung. In diesem Modus wird
ein Squad beauftragt ein bestimmtes Objekt zu beschützen während
der andere Squad mit dessen Vernichtung beauftragt ist. Ist die
Zeit abgelaufen und das Objekt steht noch, hat beschützende Team
gewonnen.
Insgesamt gibt es im Mehrspielermodus sieben Klassen:
Gewehrschütze, Sturmsoldat, Ingenieur, Sanitäter, Kundschafter,
Taktiker und Saboteur. Ähnlich wie in Metal Gear Online werden die
Erfolge im Onlinemodus in einer Art Rangfolge gespeichert, je
erfolgreicher man ist, desto weiter steigt der eigene Nickname im
Onlinegefecht auf. Durch das Aufsteigen kann man in die anderen
Klassen wechseln um so spezielle Fähigkeiten zu erlangen – so ist
zum Beispiel nur der Sanitäter in der Lage seine Squadmitglieder
wiederzubeleben. Man kann die Fähigkeiten im weiteren Verlauf
übrigens auch kombinieren. Langzeitmotivation wird also in Hülle
und Fülle geboten. Wir sind gespannt ob und wie Guerilla Games dies
noch weiter ausbauen würde.
Die Shooter- Referenz?
Nachdem das Spiel im bisherigen Teil in den höchsten Tönen gelobt
wurde, sollte man natürlich auch die Schattenseiten erwähnen.
Killzone 2 ist auch nicht perfekt. Verglichen mit der
Shooter-Konkurrenz bietet Call of Duty 4: Modern Warfare eine
mitreißendere Story und Ressistance 2 schönere Bosskämpfe. Unterm
Schnitt kann man allerdings sagen, ist Killzone 2 trotzdem einen
Ticken besser – das liegt nicht nur an der famosen Grafikengine:
Eine solche Grafikpracht hat man HD- Fernseher bislang noch nicht
gesehen. Man weiß gar nicht wo man zu erst anfangen soll. Die
schicken Waffenmodelle mit realistischer Nachladeanimation und
feinstem Motion Blur begeistern genauso wie die unglaublich
detaillierte Umgebung. Die Partikeleffekte sind eine Wucht und in
Kombination mit geschickten Licht und Schatteneffekten wirken
Rauch- und Staubpartikel so schön wie nie zuvor. Das Ableben der
bösen Helghast- Soldaten ist eine perfekte Mischung aus Animation
und Physikberechnung – der Feind reagiert auf jede Trefferzone
anders.
Auch eure Ohren werden auf höchstem Niveau verwöhnt. Schließt man
die Augen fühlt man sich dank wuchtiger Explosionen, umher
zischendem Feuerbeschuss und dem Kampfgeschrei des Squads mitten im
Geschehen. Dank 7.1 Surround Unterstützung wird das Zimmer zum
Schlachtfeld. Die deutsche Synchronisation ist durchaus gelungen,
wer das Spiel lieber im Originalton verfolgen möchte kann dies aber
ebenfalls in den Optionen frei wählen. Eine gute Sache.
Fazit: Guerilla Games hat es geschafft ein technisch brillantes PS3
Spiel abzuliefern. Das Spiel sorgt in punkto Grafik von Anfang bis
Ende für offene Münder. Das Level-Design ist zwar linear, aber ein
künstlerisches Meisterwerk mit genialer Atmosphäre. Die künstliche
Intelligenz ist den meisten Shootern gnadenlos überlegen. Der
Multiplayermodus bietet Langzeitmotivation auf hohem Niveau. Und
das war es auch schon. Wer dachte Killzone 2 würde alle anderen
Shooter weit hinter sich lassen, der irrt. Die Dramaturgie eines
Call of Duty oder Metal Gear Solid wird nicht erreicht, die
Gegnertypen lassen sich an einer Hand abzählen und die Bosskämpfe
hätte man auch sehr viel besser inszenieren können.
Aber ganz ehrlich – Wer eine PS3 sein Eigen nennt und auch nur
annähernd auf Explosionen steht, muss dieses Spiel haben.