
Das Spiel setzt keine Geschichte fort. Der „Ghost of Tsushima“ hat seine Aufgabe erfüllt, sein Haiku geschrieben. Rund dreihundert Jahre sind ins Land gezogen und wir begleiten eine Frau auf ihrem Rachefeldzug gegen sechs gefährliche Bandenmitglieder, die gefürchteten Yotei-Sechs. Diese halten die Bewohner in Atem und planen einen Aufstand, der das Land in eine Revolte stürzen könnte. Atsu, die außerhalb der Yotei Region, gekämpft, trainiert und Pläne geschmiedet hat, kommt nun in ihre alte Heimat zurück, um die Mörder ihrer Familie zur Strecke zu bringen. Das Spiel beginnt wie ein klassischer Rache-Akt. Die Motivation wird klar gemacht, der innere Hass der Protagonistin begründet und das Ziel offen ausgelegt. Hier sind die Übeltäter. Hier ist dein Schwert. Keine Ehre, keine Regeln, ihr Tod ist notwendig und wir sind die Rächer. Unterstrichen wird die Motivation der Protagonistin durch Rückblenden und kurze Aussagen von Atsu. Wie ihre Mutter ihr gewisse Fähigkeiten beibrachte, der Vater Lebensweisheiten gibt, die Angst in den letzten Momenten des Überfalls durch die Yotei-Sechs. Zu Beginn ihrer Reise hat Atsu nur einen streunenden Wolf an ihrer Seite. Später lernt sie immer mehr Charaktere kennen, die ihre Dienste anbieten. Eine Bognerin, ein Rüstungsschmied, ein Kartograf, Händler, Färber und Begegnungen auf der Reise, die versteckte Stellen verraten. Die Geschichte hält sich leider nicht großartig mit komplexeren Charakteristika auf. Immer wieder zeigen uns Dialoge, dass Atsu durchaus mitfühlend, witzig, und intelligent ist, dann zeigt man sie uns wieder als abweisende, schroffe Kriegerin. In einer storyrelevanten Mission muss sich Atsu als Kopfgeljägerin ausgeben, um Zugang in die feindliche Festung zu verschaffen. Beim Abholen des Lohns erkennt sie die alte Schwertscheide ihres Vaters in der Schatzkammer.
Der Verantwortliche der Burg, ihr nächstes Ziel, steht neben ihr und will ihr Geld in die Hand drücken. Atsu lehnt das Geld ab, im Tausch für eine kaputte, alte Schwertscheide ohne Schwert. Uns fällt fast der Controller aus der Hand, ob der offensichtlichen Zurschaustellung. Prompt wird sie ertappt und bei der nächsten Gelegenheit gefasst. Toller Plan, Atsu! Sie zu mögen fiel uns auch daher nicht leicht, da Atsu beinah keine Makel aufweist, außer Sturheit. Die Nebencharaktere sind leider auch nicht groß ausgeführt. Sie haben Motivationen, die sie meist in Schwierigkeiten bringen und Atsu geht hinterher und hilft. Klar, wir wollen ja auch die neue Rüstung kriegen, die man für die Mission bekommt. Atsu versammelt im Lauf der Geschichte alte Meister neben sich, um ihren Angriff gegen die Sechs auszuüben. Das Training mit diesen ist unterschiedlich, gameplaytechnisch interessant gestaltet, aber anderweitig nicht groß im Kopf geblieben. Auch hier sind die Meister nicht sehr tiefgründig. Meister: „Warum willst du das Training?“ - Atsu: „Rache!“ - Meister: „Danke, für die Ehrlichkeit! Aber ich unterrichte niemanden, der in der Vergangenheit feststeckt!“ - Atsu: „Ich suche auch Gerechtigkeit!“ - Meister: „Okay!“ Wir wünschten, dass dieser Dialog nicht so simpel abgelaufen wäre, aber genau so lief es ab. Alles in allem fehlt es der Geschichte an Charakteren, die uns einbinden. Das Rachemotiv ist kein neues, hält uns an der Stange aber in keiner Szene haben die Ranken der Geschichte unser Herz gestreift und kurz zudrückt.