Ich spreche in dieser Review vermehrt in der Ich-Form und dafür entschuldige ich mich schon mal vorweg. Es wird jedoch meine Sichtweise leichter untermauern. Mein Onkel, ein kluger Mann, mit Meinungen die mir immer wieder im Kopfe hallen und mir unvergessen bleiben werden, erklärte mir einst den Vorteil einer gewissen, weltumspannenden Fast-Food-Kette so: „Selbst wenn ich in Ägypten diese Filiale betrete und ihren Burger bestelle, weiß ich, dass auch dieser Burger zwei Gurkenscheiben haben wird. Egal ob in Österreich, USA oder Amsterdam. Man weiß, was man kriegt.“ Nach diesem Satz öffnete er seinen Burger, entnahm ihm die 2 Gurkenscheiben und legte sie beiseite. Ganz gleich funktioniert es mit gewissen Spieleentwicklern. Ein Blick auf das Cover, auf einen Trailer und etwas Echtzeit-Gameplay und man kann das Spiel beinahe schmecken. Vorkenntnis mit Entwickler und Publisher erleichtern diese Annahmen enorm. „Tt-Games“ mit seinen Lego-Spielen fährt seit Jahren ein Programm, welches am einfachsten zu durchschauen war. Eines auf das man sich verlassen konnte. Jetzt wurde die Formel umgekrempelt und wir haben Fragen.
Grafik

Nach 37 Lego-Spielen mit diversen Lizenzen müssen doch die Fans langsam angegessen sein mit demselben Brei. Es ist wahr, die Innovation folgte in den Spielen nur langsam und war mehr gameplaytechnisch und inhaltlich zu finden. Im neuen Star Wars versteckt sich nun eine neue Engine, die den Legosteinen neuen Glanz verleiht. Die NTT-Engine wurde eigens für die „Skywalker Saga“ zusammengezimmert, um nicht länger von anderen Engines abhängig zu sein, bedurfte jedoch größerer Einarbeitungszeit. Für den Spieler bleibt ein wunderschönes Ergebnis. Charaktere sehen mit ihrem LEGO-Branding und den Abnutzungen aus wie echte Steine. Dazu kommen Lichteffekte und sehr große Level, die das Wort Open-World mehr verdienen als seine Vorgänger. Wassereffekte sind nicht beachtet worden und zeigen bestenfalls Kreise um unseren Charakter herum. Mit einer neuen Engine kommen aber auch neue Probleme. Viele neue Probleme. Es kommt zu kleineren Abrissen zwischen den Animationen oder zu fehlenden Tipps im Ladebildschirm. Das alles jedoch in einem Umfang, der verträglich ist. Schwieriger ist dieses Argument in der Sektion GAMEPLAY zu halten. Zusammenfassend ist hier der Burger neu komponiert und gurkenlos!
Singleplayer

Missionen, Weltraumschlacht und Flächenerkundung. Diese drei Spielabschnitte wechseln sich ab. In diese Abschnitte ist viel Abwechslung und Sammelbares gesteckt worden. Wir schnappen Studs als Währung und blaue Steine zum Aufleveln, sowie Minikits und Charaktere. Richtig gehört, hier können wir uns aufleveln und uns einen Fähigkeitenbaum entlanghangeln. Dieser simple Baum lässt uns schneller aufbauen, mehr Schaden einstecken, austeilen und weitere Verbesserungen freischalten die uns das Spiel leichter durchschreiten lassen. Jede der 9 Klassen kann vier Fähigkeiten verbessern. Die Materialien sind über alle Abschnitte verteilt und sind mal schneller, mal langsamer entdeckt. Hat man eine Mission abgeschlossen, kann man sie später erneut im „Freien Spiel“ besuchen und mit neuen Fähigkeiten schwere Stellen erreichen. Das hält das Spiel auf lange Sicht interessant.
Jetzt aber zur größten Änderung, die in mein eigenes Leben spielt: Mein Sohn und ich haben bereits mehrere Lego-Spiele beendet. Manche sogar zwei Mal. Selbst mit seinem kleinen Bruder schafft es der siebenjährige einzelne Level zu bestreiten. Meine Freude mit ihm zusammen das neue, schönere Star Wars zu spielen, wurde je gebremst, als Flugsequenzen und überwuchernde Funktionen ihn mehr herausfordernden, als er es gewohnt war. Als sein Freund mit ihm das Spiel angehen wollte, stieß dieser auf ein anderes Problem: Die Kamerasteuerung ist für Kinder schwierig zu erlernen. Während mein Sohn diese schon gewohnt war, hatte sein Freund noch keine Erfahrung damit den rechten Stick zu nutzen. Ergo lief er oft in eine falsche Richtung oder war orientierungslos. Das geschah in den anderen Lego-Spielen nie, da die Kamera immer in die Laufrichtung schwenkte und generell mehr Übersicht bot. Gerade heute, als ich diese Zeilen schreibe, beendeten beide zwei ganze Missionen aus dem Lego Spiel „Der Hobbit“. Die neue Formel, wenn auch schön und modern, erhöht den Anspruch, der über das Zielpublikum hinauszielt. Sehr schade und eine große und schmerzhafte Einbuße.
Multiplayer
Zu jeder Zeit wahlweise kooperativ. Das ist eine Gurkenscheibe, die in den Burgern der Legospiele konstant zu finden ist. Von Anfang bis Ende sind alle Missionen auf mehrere Charaktere ausgelegt, wovon einer stets von einem zweiten übernommen werden kann. Ob Aufgaben in den offenen Arealen abgrasen, Missionen bestehen oder Raumschlachten ausfechten. Gemeinsam machen diese Aktivitäten noch mehr Spaß. Ein weiterer Pluspunkt ist der Ein- und Ausstieg an jedwedem Zeitpunkt. Einziger Wermutstropfen: Ohne einen Padawan auf der Couch, müssen wir alleine spielen, Online-Coop gibt es nämlich nicht.
Spielspaß

Die größten Änderungen hat das Spiel hier erfahren. Beginnend mit der viel näheren Kamera, die in Schusspassagen direkt über die Schulter filmt. Das bringt uns näher ans Geschehen. Spielt man zu zweit, was den Bildschirm teilt, sorgt es jedoch für weniger Übersicht. Ein Plus, ein Minus. Sofort fällt uns unsere Lebensleiste ins Auge. Was früher vier Herzen waren, ist nun ein Balken, der sich wieder auffüllen kann. Auch Gegner verfügen nun über eine Lebensleiste, Bosse über mehrere. Eine weitere Leiste am Bildschirmrand, bestehend aus fünf Kreisen, ist die neue Comboanzeige. Unser Nahkampf verfügt nun über mehr Varieté. Kästchen greift an, Dreieck kontert, Kreis macht einen Extraangriff und X springt. Im Kampf verknüpft man diese miteinander und weitet ihr Potential aus. Wir können den Gegner schlagen, hochwerfen, ihn aus der Luft zu Boden pfeffern und mit einer Explosion landen. Und es gibt noch viel mehr zu entdecken. Eine weitere lang ersehnte Neuerung: Sprinten auf R3.
Im Spiel freuen wir uns über ein Verkleidungsfeature. Ziehen wir die Ausrüstung der Gegner an, lässt man uns passieren ungeachtet unserer verdächtigen Mitstreiter. Generell ist die Künstliche Intelligenz der Legomännchen unterer Durchschnitt. Die Physik spielt in neuen Bahnen mit. Gegenstände fliegen, wenn getroffen, realistisch umher, Soldaten humpeln, nach einem Fußtreffer, kurz auf einem Bein, und Sprünge fühlen sich schwerer an. Leider sind die Blasterschüsse nicht genau genug und der schwere Sprung kann manchmal nicht ausreichend sein. In unserem Spiel kam es in einem Level zu einem beschädigten Helden-Verhalten. Wir waren plötzlich nicht mehr in der Lage einen Gegenstand richtig zu tragen, geschweige denn anzuwenden und wurden eine zeitlang rückwärts durch den Raum gezogen. Unser anderer Spieler war davon nicht betroffen. Aber wie gesagt: Neue Engines, neue Bugs. Die Einstellungen lassen uns einen guten Teil zurechtrücken, was Steuerung und Unterstützung angeht. Apropos Unterstützung: Es gibt auch Einstellungen für die Barrierefreiheit. Diese Formel ist mit vielen neuen Geschmäckern gespickt. Keine Gurkenscheibe.
Fazit
Das Versprechen, mit „Lego Star Wars: The Skywalker Saga“ eine neue Ära der Lego-Spiele einzuläuten, wurde eingelöst. Noch nie hatten wir diese Ausmaße, Schönheit und Vielfalt. Alles in dem typischen Flair und Humor und untermalt von einer perfekten Akustik. Die größten Schaber macht leider die Kinderkrankheiten der Engine. Das fordert große Einbußen in der Optik und im Spielablauf. Der Punkt, der am schwersten zu schlucken ist, ist der Anstieg der Komplexität. Damit wird das Spiel einem Publikum entrissen, welches zuvor ein Bausteine-Spiel ohne Umschweife angreifen hätte können. Ohne diese beiden Probleme hätten wir hier ohne Zweifel das perfekte Lego- und das beste Star Wars –Spiel! Bis dahin müssen wir den Burger leider mit Gurkenscheiben essen.
- Humor
- Mehrspieler
- riesiger Umfang
- weit anspruchsvoller als Vorgänger
- Bugs in Animation und Physik
- Kein Online-Multiplayer
Peter Ankowitsch (weitere Reviews anzeigen)