The Sexy Brutale: Full House Edition

Der Spieler über nimmt die Rolle des Priesters Lafcadio Boone. Dieser findet sich im Anwesen des Marquis wieder und beobachtet als erstes einen Mord. Das ist nun nicht der beste Start in einen Samstag, also bietet es sich an diesen nach dem Neustart des Tages zu verhindern. Denn das ist der Clou. Boone erlebt denselben Tag immer und immer wieder. Schnell stellt sich heraus, dass die Bediensteten des Anwesens nicht nur Getränke und Schnittchen an die Gäste austeilen, sondern auch für das vorzeitige Ableben derselben verantwortlich sind. Doch um herauszufinden, wie alles zusammenpasst und was die Masken, die jeder trägt damit zu tun haben, muss man tiefer in das Anwesen des Marquis vordringen.

Die Entwickler haben sich für einen angenehmen, comic-artigen Grafikstil entschieden, der sehr gut zur Stimmung des Spiels passt. Es ist auf eine Art grausig, was den armen Gästen des Marquis an nur einem Tag zustößt, allerdings sind viele Elemente so wunderbar überzeichnet, dass alles mit einem Augenzwinkern zu betrachten ist. Die gezeichnete Umsetzung in isometrischer Perspektive funktioniert gut und es kommt zu keinen nennenswerten Problemen bei Grafik oder Performance. Objekte werfen dynamische Schatten, wenn sie beleuchtet werden und glänzenden Oberflächen spiegeln realistisch, sodass ein stimmungsvolles Gesamtbild erzeugt wird. Die Charaktere, Masken und sogar das Interface sind mit viel Liebe zum Detail inszeniert und man taucht schnell in die leicht bizarre Welt des Sexy Brutale ab und versucht die Geheimnisse hinter den verschlossenen Türen und den unsichtbaren Welten zu entdecken. Der Art-Style bietet die perfekte Mischung aus Realismus und Abstraktion, ohne dass das eine mit dem anderen in Konflikt stehen würde. Es ermöglicht die Darstellung der Tode und des Humors dahinter in einer wunderbaren Harmonie.

The Sexy Brutale macht bei der Vertonung einen Aspekt sehr richtig und einen vernachlässigt es leider vollständig. Doch eins nach dem anderen: Der Soundtrack ist phantastisch. Die Jazz und Swing Songs, die überwiegend instrumental eingespielt wurden, geben jedem Bereich des Anwesens einen ganz eigenen Charme und obwohl sie sich dort wiederholen, stellt sich nie das Gefühl ein immer denselben Song zu hören. So eine stimmungsvolle und passende Begleitung ist in Spielen leider immer seltener geworden und The Sexy Brutale bleibt nicht nur deswegen in guter Erinnerung. Leider ließen die Entwickler eine große Chance liegen, die dem Spiel noch mehr Charakter und Tiefe gegeben hätte: Voice Acting. Alle Dialoge sind über Textboxen realisiert. Das mag viel Geld bei der Produktion und Lokalisierung sparen, allerdings wäre es schön gewesen den Figuren dieses bisschen mehr Ausdrucksstärke zu verleihen.

Es ist ein schöner Kniff, den sich die Entwickler in The Sexy Brutale überlegt haben, statt den Mörder der Gäste zu finden, geben Sie dem Spieler ein Szenario, in dem in 12 Stunden mehrere Morde passieren, und das immer wieder. Dass die Angestellten die Mörder sind, ist schnell geklärt, aber wie verhindert man einen Mord, wenn man mit niemandem in einem Zimmer sein darf? Diese Frage stellt sich, nachdem der ersten Person, die sich im selben Raum aufhält, die Maske hochgegangen ist und man zügig den Rückzug angetreten ist. Die zentrale Mechanik von The Sexy Brutale ist das Ausspionieren und verfolgen von Personen, um Informationen zu sammeln, die beim Verhindern der Morde relevant sind. Der Blick durch Schlüssellöcher oder das Verstecken in günstig positionierten Schränken sind hier das Hauptwerkzeug. Die ersten Morde sind simpel zu durchschauen und die belauschten Dialoge bieten schnell Aufschluss darüber, an welchen Schrauben man drehen muss, um den Verlauf der Dinge zu beeinflussen. Hat man es erfolgreich geschafft einen Gast zu retten, erhält man die besondere Kraft seiner Maske. So erlangt man die Fähigkeit mit Geistern zu interagieren oder Personen auf größere Distanz belauschen zu können. Dies ermöglicht den Zutritt zu neuen Bereichen des Anwesens und zum nächsten Gast, der am Leben gehalten werden möchte. Die Zeitschleife, in der Lefcadio Boone gefangen ist, hat einige Auswirkungen auf die Art wie man spielt. Zum einen steht man nicht unter Zeitdruck, da der Tag immer exakt gleich abläuft und die Anzahl an Wiederholungen nicht begrenzt ist. Es ist also ohne Konsequenzen möglich nur einer Person zu folgen, um möglichst alle Informationen zu bekommen, die diese preis gibt. Die In-Game-Karte ist dabei eine enorme Hilfe. Sie zeichnet alle beobachteten Bewegungen auf und erlaubt das Vor- und Zurückspulen der Bewegung über den Tag. Das passiert automatisch und so lassen sich schnell Bewegungsmuster auswerten und eigene Wege planen. Die Karte erweitert sich mit jeder neuen Erkenntnis. Entdeckt man den Code für Türen oder Kameras, werden alle Orte markiert, an denen dieses Wissen weiterhilft. Die Entwickler sind generell sehr großzügig mit Hilfsmitteln: Der Todeszeitpunkt wird an der immer eingeblendeten Taschenuhr angezeigt und zu allem gibt es Glossar-Einträge, sowie kurze Erklärungen. Boone hat jederzeit die Möglichkeit den Tag neu zu starten, oder mithilfe einer Standuhr zum Nachmittag oder Abend zu springen, wenn man es eilig hat. Das Haus bietet aber so viele Geheimnisse zu entdecken, dass man sich ohne Probleme beschäftigen kann, auch wenn man auf einen bestimmten Zeitpunkt wartet. Einige Sammelobjekte gibt es auch, aber im Vergleich zu anderen Spielen sind diese sehr überschaubar und fördern die genaue Untersuchung der Zimmer. Sie fühlen sich also nicht als unnötige Aufgabe an, sondern ermuntern das genauere Untersuchen der Räumlichkeiten und es macht Spaß herauszufinden, wie man an alle Einladungen kommt.

Tequila Works und Cavalier Game Studios ist mit The Sexy Brutale ein echter Überraschungshit gelungen. Man verliert sich schnell in dem Spiel und versucht an einem Tag möglichst viel zu entdecken und möglichst jede Tür zu öffnen. Durch den eingeschränkten Bereich, in dem die Charaktere sich im Laufe des Tages bewegen, ist die Suche nach dem rettenden Element nie frustrierend. Wenn man etwas länger braucht, dann meistens deswegen, weil man sich von einer anderen Tür hat ablenken lassen und so einen anderen Bereich erkundet hat. Da kein Zeitdruck besteht, kann man die Welt von The Sexy Brutale in Ruhe aufsaugen und das hat das Spiel wirklich verdient. Es ist eine wunderbare, bizarre und humorvolle Welt, in der schreckliche Morde passieren und da sollte jeder mal vorbeigucken. (Sebastian Schniedermeyer) (weitere Reviews anzeigen)