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Zitat von ubo69
3. Mose 24, 20 oder Lukas 6, 31 was soll es denn nun sein? Berufen
wir uns auf den archaischen Judaismus oder auf das Christentum?
(Sorry, OT).
Ich selbst bin kein Freund von Horror, Splatter u.dgl. Ich empfinde
das als Verrohnung unserer Gesellschaft auf der Suche nach dem
immer extremeren Kick. Damit wird gleichzeitig eine Laszivität
verbreitet, die die Hemmschwelle immer weiter heruntersetzt. Ich
bin nicht der Meinung, dass man durch das Konsumieren einschlägiger
Filme und Videospiele automatisch gewaltbereiter wird, ich denke
jedoch, dass dies beides Phänomene der gleichen Herkunft
sind.
"Früher" (z.B. in den 70ern) hat es ausgereicht, in einem
Horrorfilm Kunstblut zu zeigen, die Kamera hat meißt die wirkliche
Tat nicht gezeigt, das wurde der Vorstellungskraft (Phantasie?) des
Zuschauers überlassen. Heute muss jedes Details über den Bildschirm
flimmern. Filme wie Hostel oder Saw überlassen hier kaum noch etwas
der Phantasie, alles wird direkt vor dem Auge des Zuschauers
"zelebriert". Es wird bejubelt, wenn in einem "normalen" Actionfilm
eine Schusswunde nicht nur einen roten Fleck hinterläßt, sondern
einem das verbrannte Fleisch noch in Nahaufnahme vor die Augen
gezerrt wird.
Tabubruch, Schocker oder was immer, es muss immer etwas neues, noch
extremeres her, um den eigenen Voyeurismus zu befiredigen. Ich war
vor Jahren mit einer flüchtigen Bekannten in "Saving Private Ryan",
der mich sehr verstört hat als Reservist und einer Familie mit
heftigen Kriegserfahrungen. Ihr Kommentar war "tolle Special
Effects". Wie realistisch einem Soldaten da der Kopf von einem 20
mm Geschoss abgreissen wurde etc. Das sind Szenen, die mich bis
heute im Schlaf verfolgen. Deswegen muss ich mir Hostel oder Saw
auch nicht angucken.
Wenn sich der 16 jährige Bruder einer Freundin mit seiner weiblich
reich bestückten Clique Exekutionsvideos anschaut, dann bin ich mit
meinem Latein echt am Ende. Ist das "normale" Leben echt so
langweilig, dass man sich an dem (tatsächlichen oder gespielten)
Leid anderer Menschen ergötzen muss? Vielleicht bin ich ein
Langweiler, Softie oder Spielverderber, aber das kann ich wirklich
nicht verstehen.
Ich schaue mir auch ganz gerne Actionfilme an, und ich möchte
wirklich keinem die Freude an welchem Genre auch immer verderben.
Ich kann mit den Gewaltdarstellungen dieser Art nur nichts
anfangen.
Ich gehe in der Hinsicht mit Dir konform, das die Reizüberflutung,
der wir heutzutage ausgesetzt sind, dafür Verantwortlich ist, dass
gezeigtes immer heftigere Formen annehmen muss, um überhaupt noch
eine Reaktion hervorzurufen.
Während es früher gereicht hat, solche Szenen wie in Psycho zu
zeigen (Duschszene), würde heute diese Szene ganz anders aussehen
(nämlich im Extremfall detailliert bis zum geht-nicht-mehr).
Zwar bin ich dem Horrorgenre nicht abgeneigt, schaue mir aber Filme
wie SAW oder "The Hills have Eyes" eigentlich nicht an. Meine
Genrerichtung ligt eher im SciFi Horror á la Alien und Co.
Hier ist die Differenzierung auch noch größer, weil der Film
(bedingt durch das Genre SciFi) unrealistischer ist, als das
"normale" Mensch-killt-Mensch Szenario.
Wenn man sich eine Vorstellung von dem machen möchte, wie sich
unsere Vorstellung von Gewalt, oder Szenen die einem Angst einjagen
geändert haben, dann sollte man mal einen Streifzug durch das
"Gruselkino" seit 1950 wagen.
Man kann hieran schön sehen was damals den Zuschauern Angst und
Schrecken einjagte und was heute keinen mehr hinter dem Ofen vor
lockt.
Ob solche Filme, Spiele oder Szenen uns mehr verrohen lassen?
Ja.
Ob sie aus uns Gewalttäter machen? Nein, zumindest nicht per se.
Anderenfalls hätten wir hier 20 Mio. potentielle Gewalttäter, die
es sonst nicht wären, was unfug ist.
Wenn einer den Impuls zu einer Gewalttat in sich trägt, dann kommt
er auch ohne einen Film oder Spiel zum Vorscheinen. Es sind meist
auch ganz andere Auslöser, die einer Gewalttat zu Grunde liegen...
Gruß von QuantumStorm
"Man kann einen guten Film 3x sehen, aber muss ihn nicht 3x
drehen!" --- "Irgendein Multiversum wirds schon richten"