Es gibt sicherlich eine ganze Reihe an Faktoren, die
zusammenspielen mussten, damit
GoT das mediale Phänomen
werden konnte, dass es ist. Welche exakt das sind, das ist
vermutlich nicht mal den Showrunnern und Produzenten völlig klar.
Auch wenn man sich bei HBO wohl genau das erhofft
hatte.
Klar ist, ohne die Buchvorlage hätte es
GoT nie gegeben.
Und vieles, was "
Ein Lied von Eis und Feuer" auszeichnet
und sowohl zum Kritiker- als auch zum Publikumserfolg gemacht hat,
lässt sich auch auf die Serie übertragen. Zwei Dinge würde ich da
herausstellen.
Zum Einen hat G.R.R. Martin mit dem
Lied von Eis und Feuer
das ansonsten vor literarischen Anachronismen nur so strotzende
Fantasygenre in die Gegenwartsliteratur geholt. Aus auktorialen
Erzählern wurde erlebte Rede, aus archetypischen Charakteren wurden
entwicklungsfähige Individuen, aus Vorhersagbarkeit wurde
Ungewissheit (und somit Spannung). Kurz, alles was moderne
Unterhaltungsliteratur ausmacht, brachte Martin mitte der 90er ins
Fantasygenre. Und das hat der Fantasy gut getan. Vor allen Dingen
Buch 1 und Buch 3 erhielten seinerzeit begeisterte Kritiken auf
damals noch einschlägigen Portalen. Und die zunächst noch
überschaubare Leserschaft war ebenso begeistert von diesem
wohltuenden Bruch mit den Konventionen des
Fantasy-Genres.
Zum anderen und vielleicht noch wichtiger ist ein Aspekt, der nach
Veröffentlichung der ersten Bücher irgendwie ein wenig
untergegangen ist oder vielleicht auch nicht erkannt wurde. "Das
Lied von Eis und Feuer" ist im Grunde vom dramaturgischen Konzept
her eine Soap Opera. Die beinahe unüberschaubare Anzahl an
Charakteren, die nahezu jedem eine Identifikationsfigur bieten und
die sich in einer Vielzahl an Handlungssträngen mit immer neuen
dramatischen Wendungen weiterentwickeln, sind letztlich der Kern
einer jeden Daily Soap. Die waren übrigens zum Zeitpunkt der
Veröffentlichung von Band 1 ("A Game of Thrones") auch in
Deutschland bereits sehr populär geworden ("Gute Zeiten, Schlechte
Zeiten"). Ich denke, dass der Verzicht auf klassische Dramaturgien
zugunsten einer sehr detaillierten und glaubwürdigen
Charakterzeichnung in quasi Endlosdramaturgie das Wesensmerkmal der
Buchvorlage darstellen. Es sind letztlich vor allem die Charaktere
und ihre Entwicklungen, die den Leser so sehr fesseln und die alle
anderen Aspekte, wie die Handlung oder die um eine gewisse
Authentizität bemühte Welt von Westeros und Co, zusammenhalten und
zum funktionieren bringen.
Und so sind es vielleicht interessanterweise gerade die Anleihen
aus den typischen Versatzstücken der Soap Opera, die "Ein Lied von
Eis und Feuer" in jeder Hinsicht so groß gemacht haben. Dankbarer
Stoff für die Produktion einer TV-Serie; "Game of Thrones" ist
vielleicht nur eine Art Rück-Übersetzung von Daily Soap in Buchform
zu TV-Serienformat.