Geschrieben: 27 Jan 2016 03:24
Johnny Depps Stirnglatze erzählt uns mehr über Black Mass, als
Regisseur Scott Cooper in zähen zwei Stunden Laufzeit. Jene
vorhandene bzw. nicht vorhanden Haarpracht des Deppen zeichnet sich
durch kahle Stellen aus, geschmückt mit vereinzelten überlebenden
Haaren, die nicht der Glatze zum Opfer fielen. Und genau das
verkörpert Black Mass, der nunmehr dritte Streich des Regisseurs.
Vereinzelt blitzen überragende Szenen auf, gepaart mit dem immer
noch vorhandenen Können des Hauptdarstellers, doch meistens bleibt
der Film kahl, arm an Höhepunkten und wiederholt sich schrecklich
oft. Cooper flirtet nur mit dem Gedanken einen wirklichen
Genrebeitrag zu erschaffen, traut sich dann aber doch nicht so
recht mit dem Mädel auf den Ball zu gehen...
Black Mass erzählt mehr oder weniger die wahre Geschichte des wohl
berühmtesten Glatzenträgers Bostons, dem Gauner und Bandenboss
James J. "Whitey" Bulger. Jimmy Bulgers ( Johnny Depp ), Rise and
Fall Geschichte. Der unglaublichen Story des FBI, die mit dem
Teufel einen Pakt einging bei dem sie später in selbiger landeten
und nicht mehr zurück in den Himmel durften. Auf dem Weg dorthin
kann der geübte Zuschauer noch so aller Hand Prominenz an jeder
Ecke Bostons entdecken. Kevin Bacon, Joel Edgerton oder auch
Benedict Cumberbatch sind nur einige der Namen, die den Film
schmücken. Selbst für Frank Underwoods ( House of Cards )
ehemaligen Kollegen gibt es einen Schreibtisch Job in Black Mass.
Der Mann scheint auf Anzug tragende Unsympathen abonniert zu
sein.
Viel Action wird in Black Mass nicht gezeigt, meist immer nur das
fertige Resultat, die Tat an sich. Der Weg dorthin ausgelassen.
Erfahrbar wird die Welt in der Bulger regiert nie so ganz.
Jedenfalls nicht dadurch, dass man als "Fremder" vom Regisseur in
die Organisation eingeschleust wird. Weder die Chance erhält sie
von innen heraus kennen zu lernen noch Teil des inneren Kreises zu
werden.
Das "Wie" an sich, ist Scott Cooper ( Crazy Heart ) egal, er schert
sich wenig darum dem Zuschauer zu zeigen wie "Whitey" seine Kohle
macht oder den Laden schmeißt. Nur eine Randnotiz die es zu
erwähnen gilt oder kurz angerissen wird. Ihn interessiert viel mehr
das innere der Hauptfiguren, deren Motivation und Antrieb. In Black
Mass fallen dabei ganz oft Worte wie Loyalität, Ehre und
Aufrichtigkeit. Scott, versucht statt explodierenden Autos oder
Genre typischen Straßen Geballer, das Innere seiner Charaktere zu
durchleuchten. Ist bemüht sie in die Ecke zu treiben um dabei zu
sehen wie sie reagieren. Diese Interesse am Mensch ist da und auch
der Kern des Films, nur gelingt es Scott nur manchmal ganz nah bei
seinen Charakteren zu sein. Stimmungen und Gefühle zu kreieren, die
nicht nur behauptet sind, sondern spürbar. Wenn das Interesse am
Handeln der Charaktere wirklich visualisiert werden kann nimmt
Black Mass Fahrt auf und weiß zu unterhalten. Leider sieht man sie
zu selten, diese Szenen treten nur vereinzelt auf wie die Haare auf
dem Kopf des Hauptdarstellers.
"Nicht was Du tust, ist wichtig, sondern wann und wo Du´s tust und
wem Du was tust und wer dabei ist. Wenn niemand es sieht, ist es
nie passiert."
Den Spruch den er Bulger in den Mund legt um ihn seinen Sohn zu
predigen beherzigt Cooper leider selbst nicht. Zu beschäftigt damit
beim Versuch jedem einzelnen seiner vielen Sprechrollen in Black
Mass Tiefe zu verleihen vergisst er dabei seinen an sich epischen
Grundsatz seiner Hauptfigur. All die Dinge, die er dem Zuseher
nicht zeigt, passieren für ihn auch nicht. Wie Jimmy seinen
sagenhaften Aufstieg bewerkstelligte oder das Innenleben der
Organisation die er betreibt, die Mechanismen im inneren Kern
seiner Truppe. Scott zeigt wenn er die Winter Hill Gang begleitet
nur das Resultat, das meist eine kurze Gewaltspitze darstellt, die
nach dem fünften Mal ermüdend wirkt. Schema F: Verräter enttarnt,
Schnitt, Mord, Schnitt. Jimmys Arbeit am Opfer wird abgehakt damit
es wieder weiter gehen kann, zurück in der Wohlfühlzone des
Regisseurs, dem Wühlen in menschlichen Abgründen die a in Black
Mass vor allem aus falscher Loyalität, Gier und Skrupellosigkeit
besteht. An sich alles hochspannende Themen, wenn der Film ein
Krimi nach einer Romanvorlage eines einsamen schwedischen Autors
wäre, nicht diesen Trailer rausgehauen hätte und einen Charakter
erschaffen hat der nach Coolniss nur so schreit. Scott kann die
Waage zwischen den zwei Extremen, Action und Dialog nicht halten.
Zu viel wiegt der Anteil, an sich wiederholenden Abfolgen von
Büroszenen und schwachen Dialogszenen auf dieser einen Seite der
Waage. Dabei ist das Wort Action nicht als bloße Worthülse für
Explosionen und Krach zu verstehen sondern als Synonym für Bewegung
bzw. Fluss des Films. Der gestaltet sich des Öfteren doch viel zu
zäh, teilweise tappt Black Mass sich die Füße wund an ein und
derselben Stelle der Geschichte weil nichts vorangeht.
Der nervige Nachbar
So ganz wird man in letzter Zeit nicht mehr schlau aus Johnny Depp.
Zeichnete er sich in früheren Zeiten dadurch aus, dass man ihn
gerne sah in Rollen wie dem legendärem Jack Sparrow oder als
Kleinganove in Blow, ist es jetzt eher so, dass er der nervige
Nachbar ist. Den man immer wieder zu sich nach Hause einlädt in der
Hoffnung es würde doch ein cooler Abend werden nur um am Ende des
Tages abermals zu merken das er der nervige Nachbar geblieben ist.
Wie kam es dazu? Was ist nur los? Warum? Das einst aus dem netten
Nachbarn, den man gerne ins Heimkino einlud, dieser nervige Nachbar
wurde?
Frauen in Black Mass sind grundsätzlich da um verlassen zu werden
und oder um begrabscht zu werden. Ferner sie versterben nach
wenigen Szenen. Eine Kommuniation zwischen Mann und Frau in Black
Mass ist meist durch Hass oder Verachtung geprägt. So krass wie in
Lawrence von Arabien in dem keine einzige Frau mitgespielt hat geht
es hier nicht zu aber so weit weg bewegen wir uns davon auch nicht.
In dieser gezeichneten Welt von Scott Cooper, die von Gier,
Skrupellosigkeit und dem Drang zur Macht bestimmt wird verwelken
schnell die Personen deren Gebote, Ehrlichkeit und Liebe lauten.
Selbst die Grenzen von Gut und Böse verschwimmen und des Öfteren
tragen die Bösen jetzt auch Krawatte.