Als Penny Dreadful bezeichnete man im viktorianischen England meist billig produzierten Schauergeschichten in Heftform – Groschenromane eben – deren oberstes Ziel es war, seine Leserschaft zu schockieren oder zu ekeln. Drehbuchautor John Logan und Regisseur Sam Mendes, die bereits den letzten James Bond Film Skyfall gemeinsam zu einem Erfolg gemacht hatten, nahmen einige bekannte Schauerfiguren, und erschufen nach dem Vorbild der Groschenromane daraus eine Serie für Showtime und BSkyB, die nun von Paramount Home Entertainment auch auf dem deutschen Blu-ray-Markt verfügbar ist. Wir werfen an dieser Stelle einen Blick auf die acht Episoden umfassende erste Staffel und deren technische Umsetzung.
Story
England, 1891. Sir Malcolm Murray (T. Dalton) rekrutiert über seine Partnerin Vanessa Ives (E.Green) den amerikanischen Kunstschützen Evan Chandler (J. Hartnett), um gemeinsam nach seiner Tochter Mina zu suchen, die er in der Gewalt von Vampiren wähnt. Auf der Haut eines der erlegten Monster findet das Team Hieroglyphen, die sie gemeinsam mit dem jungen Arzt Viktor Frankenstein (H.Treadaway) zu entschlüsseln versuchen. Währenddessen treibt ein furchtbarer Serienkiller in den Straßen Londons sein Unwesen, der seine Opfer übel zerstückelt zurücklässt. Ob der berüchtigte Jack the Ripper wieder zurückgekehrt ist?
Vampire, Werwölfe, Dämonen, Okkultisten und andere obskure Figuren geben sich bei Penny Dreadful die Klinke in die Hand. Dazwischen wuseln einige mehr oder weniger bekannte Figuren aus einschlägigen Geschichten der viktorianischen Epoche umher. Die Zusammenarbeit diverser klassischer Trivialliteraturfiguren kennt der Filmfreund bereits von der Verfilmung des Alan Moore Comics Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen. Allerdings ist Penny Dreadful dann doch ein wenig mehr und im Grunde genommen sogar etwas völlig anderes als ein bombastisches Steam-Punk-Fantasy-Abenteuer. Zwar sind die Handlung und die darin auftretenden Figuren im namensgebenden Groschenroman-Metier angesiedelt, aber die Serie bietet relativ bodenständige und realitätsnahe Unterhaltung für Erwachsene, zumindest im Rahmen des Genres. Darüber hinaus gibt es keine richtigen Helden, sondern nur mehr oder minder hinterhältige und zwiespältige Charaktere. Hier hat wirklich jeder eine Leiche im Keller – in den meisten Fällen sogar wortwörtlich! Die Story hält, neben jeder Menge Action und Gruselelementen, auch allerhand dramatische Wendungen bereit, in welcher die Figuren und ihre Beziehung zueinander teilweise auf eine harte Probe gestellt werden. Sei es die Liebesbeziehung zwischen dem Revolvermann Chandler und der totkranken Prostituierten Brona Croft (Billie Piper), die von vornherein unter keinem guten Stern steht, oder die „Beziehung“ zwischen Sir Malcolm und seiner „Geschäftspartnerin“ Vanessa Ives, die weitaus mehr verbirgt als sie zeigt. Die dramatischsten Handlungselemente gehen allerdings von Frankensteins Monster (Rory Kinnear) aus, welches in der Romanvorlage von Mary Shelley ebenfalls nicht bösartig, sondern bestenfalls wütend und missverstanden dargestellt wird. Frustriert von der Welt und den Menschen, die aufgrund des Aussehens (das glücklicherweise recht realistisch und nicht halb so abschreckend in Szene gesetzt wurde, wie in manch anderer filmischen Aufarbeitung) den Kontakt meiden, fordert es von seinem Schöpfer den bekannten „Gefallen“ ein und droht mit blutigen Konsequenzen. Blutig ist übrigens das richtige Wort, denn auch in dieser Hinsicht zeigt sich die Serie nicht gerade zimperlich. Blut, Gewalt, Eingeweide und Brutalität wird hier zuhauf geboten, und es ist stellenweise fraglich, warum die FSK hier lediglich das blaue Siegel auspackte. Natürlich gehört auch eine gehörige Portion Sex zum gängigen Groschenroman dazu. Hierfür ist in erster Linie der Lebemann Dorian Gray (Reeve Carney) verantwortlich, der sich unter anderem an die attraktive Eva Green ranmacht, aber ebenfalls ein Auge auf den schmucken Revolvermann geworfen hat. Die sexuelle Freizügigkeit dieser Figur dürfte angesichts seines Schöpfers Oscar Wilde die wenigsten überraschen.
Die vielschichtige Handlung ist voller Wendungen und wirft so manche Fragen auf, welche in der fortlaufenden Handlung nach und nach gelüftet werden, dabei aber noch genügend Interpretationsspielraum und Fragen für die nächste Staffel offen lassen. Zu der jederzeit fesselnden Story gesellt sich eine zum Schneiden dicke Atmosphäre, die Fans von klassischen Gothic-Schauerstücken sofort in ihren Bann zieht. Alleine die Nennung der in der Handlung auftretenden Figuren macht es für den geneigten Fan ohnehin unmöglich, diese Serie zu ignorieren. Auch die Akteure dieser Show sind exzellent ausgewählt: Ex-James-Bond-Darsteller Timothy Dalton gibt hier eine gnadenlos gute Performance zum Besten – vielleicht sogar die beste seiner bisherigen Laufbahn als Schauspieler. Hintergründig und geheimnisvoll, von Zweifeln und Ängsten geplagt und dabei jederzeit völlig überzeugend. In der weiblichen Hauptrolle brilliert die Französin Eva Green, die sich mit jeder ihrer Darstellungen in den letzten Jahren erneut selbst übertrifft. Hier beweist sie ein wenig Mut zur Hässlichkeit, denn der von ihr dargestellte Charakter sieht ausgesprochen kränklich und ausgezehrt aus. Mut zur Hässlichkeit beweist auch Billie Piper, die nach ihrer Paraderolle als Prostituierte Belle in Secret Diary of a Call Girl erneut in die Rolle einer Professionellen schlüpft, die diesmal allerdings von Krankheit und Armut gezeichnet ist. Schön ist hier nichts und niemand – außer vielleicht Dorian Gray – aber ästhetisch und realistisch allemal. Unterm Strich bietet Penny Dreadful atmosphärisch perfekte Unterhaltung für Fans klassischer Gruselfilme. Die wendungsreiche Story ist vollgestopft mit mehr oder weniger bekannten Figuren einschlägiger Schauerliteratur und die Inszenierung ist packend und mitreißend. Tolle Darsteller, großartige Kulissen und detailverliebte Kostüme runden das Serienerlebnis ab. Gerade Hammer-Studio-Fans und Freunde von Old-School-Gruselfilmen sollten sich diese Serie keineswegs entgehen lassen.
Bildqualität
Das Bild der vorliegenden Blu-ray-Box besticht durch eine hohe Qualität, welche sich weder vor anderen TV-Serien, noch vor Kinoproduktionen zu verstecken braucht. Zunächst fallen die enorme Schärfe und der hohe Detailgrad auf, der beispielsweise die Tapetenmuster oder die Textilstrukturen der Detailverliebten Kostüme bis ins kleinste Detail erkennen lässt. Die Farben sind überwiegend etwas matt, dabei aber sehr natürlich, wobei die Serie genrebedingt auf zahlreiche Farbfilter setzt, um die Gothic typische Atmosphäre zu erzeugen. Der Schwarzwert lässt ebenfalls kaum Wünsche offen und verschluckt trotz seiner Tiefe dennoch kaum Details. Der Kontrast ist optimal eingestellt und das Bild wirkt stellenweise sehr plastisch. Lediglich hin und wieder auftretendes Posterizing lässt sich leider nicht von der Hand weisen, beeinträchtigt die Bewertung jedoch nur wenig. Alles in allem eine wirklich gelungene optische Performance, die dem Medium absolut gerecht wird.
Tonqualität
Auch der Ton kann im Großen und Ganzen überzeugen. Zahlreiche Surroundeffekte von teilweise guter bis sehr guter Direktionalität ziehen den Zuschauer gleich in das Geschehen hinein. Bei der ersten Konfrontation mit den Vampiren zeigt sich die ganze Kraft der Tonspur. Der großartig stimmungsvolle Soundtrack versprüht jederzeit das richtige Feeling, bleibt aber stets in perfekter Harmonie mit den Dialogen und den Umgebungsgeräuschen. Der Subwoofer wird nicht so oft gefordert, wie man es meinen sollte, kann aber in einigen Szenen (Gewitterszene in der zweiten Episode) zeigen, was er kann. Die Dialoge sind jederzeit glasklar verständlich, klingen aber teilweise etwas zu tief. Die deutsche Synchronisation ist stimmig und fährt bekannte Stimmen ins Rennen. Eva Green wird, wie schon in 300: Rise of an Empire, von Katrin Zimmermann gesprochen und Timothy Dalton hat wieder die gewohnte Stimme von Lutz Liedel. Erstaunlicherweise klingt der deutsche Ton sogar etwas kraftvoller als die Originalversion, wobei die Dialoge dort, schon alleine wegen der unterschiedlichen Dialekte, dort stimmiger rüberkommen.
Ausstattung
- Penny Dreadful: Kostümdesign (4:12 Minuten)
- Die Tiere bei Penny Dreadful (3:27 Minuten)
- Produktions-Blogs (9 Features mit einer Laufzeit von insgesamt 22:19 Minuten)
Fazit
Technisch bewegt sich die Serie auf sehr hohem Niveau. Das Bild kann es locker mit ähnlichen TV-Produktionen aufnehmen und stellt manchen Kinofilm qualitativ in den Schatten. Auch der Ton ist absolut überzeugend und fährt einige hörenswerte Highlights auf und ist insgesamt sogar der englischen Originaltonspur überlegen. Das Bonusmaterial drückt die Gesamtwertung ein wenig nach unten: Hier wird nur wenig geboten, und der größte Teil davon war bereits zuvor zu Werbezwecken kostenlos im Internet verfügbar. Die Serie selbst bietet herrlich atmosphärische Gothic-Grusel-Unterhaltung. Großartige Kulissen, hervorragende Darsteller und eine Figurenkonstellation, wie man sie nur selten findet. Die Story packt und verspricht vieles, hält das Meiste, endet aber leider mit einem Cliffhanger. Für Fans von Filmen der berühmten Hammer-Studios und deren aktuellem Äquivalent absolut sehenswert! (ms)
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Kaufempfehlung
Testgeräte
TV: Panasonic TX-L42ETW60
BDP-System: Sony BDV-N9200WB 5.1 3D Blu-ray Heimkinosystem