Die Legende der Prinzessin Kaguya (Studio Ghibli Collection) Blu-ray

Bambus-Sammler Okina findet eines Tages in einem leuchtenden Bambus-Stück ein winziges Mädchen. Der warmherzige alte Mann nimmt sich mit seiner Ehefrau des Kindes an, welches in ungewöhnlicher Rasanz heranwächst. Aufgrund des magischen Fundes und der Persönlichkeit des Mädchens, das als Kaguya bekannt wird, glaubt das Paar, dass es sich um eine Prinzessin handeln müsse. Ähnlich reagieren die Bewohner der Hauptstadt auf die langsam erwachsen werdende Frau. Junge Verehrer, Prinzen, Politiker und andere Gruppen suchen Kaguyas Nähe. Selbst der Kaiser interessiert sich schnell für das ungewöhnliche Mädchen. Kaguya lässt sich durch die Aufmerksamkeit nicht beeinflussen, fühlt sich aber gleichzeitig isoliert. Nun muss sie herausfinden, wer bzw. was sie wirklich ist. Die Vorlage für den Film Die Legende der Prinzessin Kaguya ist das japanische Märchen Taketori Monogatari, das als älteste überlieferte Erzählung in der japanischen Kultur gilt. Regisseur Takahata nimmt sich hier also aus japanischer Sicht einer der größten Geschichten überhaupt an und hält sich bewusst sehr eng an die Vorlage. Was es mit Kaguyas Herkunft auf sich hat, soll an dieser Stelle nicht verraten werden. Allerdings passt die Wendung hervorragend zum Studio Ghibli, das in seinen Geschichten auch sonst traditionell kinderfreundliche Unterhaltung mit inhaltlicher Tiefe verbindet. Hält dieser eventuell letzte Film des mittlerweile 80-jährigen Mitbegründers des Studio Ghibli nun das Niveau seiner bisherigen Arbeiten wie Tränen der Erinnerung? Nun, auch Die Legende der Prinzessin Kaguya ist ein hervorragender Anime, der sich nahtlos in sowohl Takahatas als auch die Filmografie des Studio Ghilbis einfügt. Dennoch lassen sich einige Schwächen nicht übersehen, die aber auch auf die Vorlage zurückgehen. So ist die Handlung speziell im langen Mittelteil recht überladen und konfrontiert nicht nur Kaguya, sondern auch den Zuschauer mit einer unübersichtlichen Anzahl neuer Charaktere und losen Handlungsfäden. Einerseits entspannt das zurückgenommene Erzähltempo, andererseits wünscht man sich ab und an mehr verzaubernde Augenblicke, wie sie das Studio Ghibli sonst als Gegenpol zur rasanten Erzählweise amerikanischer Animationsfilme einsetzt. Man denke nur an Mein Nachbar Totoro und die Szene an der verregneten Bushaltestelle. Derlei Momente fehlen Die Legende der Prinzessin Kaguya insgesamt, so dass das Ergebnis zwar ein angenehm bedächtiger Animationsfilm für Jung und Alt, aber kein neuer Ghibli-Meilenstein ist. Trotz der Altersfreigabe „Ab 0 Jahren“ ist zudem die Frage, ob ganz kleine Kinder zuschauen sollten, da der Film oftmals eine sehr melancholische Stimmung transportiert. Hier sollten Eltern aber selbst einschätzen, wie empfindlich ihre Kinder dies aufnehmen.

Regisseur Isao Takahata hat sich für diesen Film entschlossen, vom klassischen Ghibli-Look vollkommen abzuweichen: So erinnert die Optik an einfache, getuschte Bilder bzw. altmodische Zeichnungen aus Kinderbüchern. Teilweise wirkt dieser Stil sehr minimalistisch und roh, entwickelt aber nach der ersten Eingewöhnung einen ganz eigenen Effekt, der kaum mit anderen Zeichentrickfilmen vergleichbar ist. Natürlich wird der Grad der Details durch diesen Zeichenstil eingeschränkt, allerdings bewegt sich die Schärfe konstant auf höchstem Niveau, so dass man stellenweise das Gefühl bekommt, auf ein Gemälde zu blicken. Bei den Farben hat man sich für eine zurückgenommene Palette entschieden, die, gekoppelt mit den ausgewogenen Kontrasten, den altmodischen Charme nur verstärkt. Kompressionsspuren bleiben aus und da auch Schwarz hier schlichtweg punktgenaues Schwarz bleibt, kann man technisch an der HD-Auswertung nichts bemängeln. Ob einem der visuelle Stil zusagt, muss jeder für sich entscheiden.

Die deutschsprachige Synchronisation liegt genau wie der japanische Originalton codiert als DTS-HD Master Audio 5.1 vor. Besonderes Augenmerk liegt bei beiden Abmischungen auf der Kombination aus Umgebungsgeräuschen und Joe Hisaishis Musikuntermalung. So vernetzt Regisseur Takahata seine Geschichte besonders intensiv mit der mal säuselnden, mal zupackenden Musik, welche emotional immer perfekt zur Bilderflut passt. Viele Szenen, wie der Beginn im Bambuswald oder Kaguyas erste Begegnung mit der Hauptstadt und ihren Bewohnern, werden durch viele verspielte Soundeffekte belebt, welche die Rears voll einspannen. Auch die Dialogverständlichkeit ist über die gesamte Spielzeit ausgezeichnet. Die Stimmen sind allerdings im japanischen Mix etwas organischer in das Gesamtbild integriert. Mit dem LFE-Kanal hält man sich eher zurück, was zu einem Kinder- und Familienfilm, bei dem auch ganz kleine Zuschauer dabei sein können, jedoch passt.

Die deutsche Blu-ray zu Die Legende der Prinzessin Kaguya enthält für das Studio Ghibli typisch auch den gesamten Film als Storyboard-Version. 40 Min. (HD) geht dann eine Pressekonferenz, bei welcher der Kinofilm in Japan detailliert vorgestellt wurde und die Macher sowie Synchronsprecher im Rahmen eines Panels Rede und Antwort stehen. Dieses Extra ist in japanischer Sprache mit deutschen Untertiteln verfügbar. Als weiteres Bonusmaterial warten dann noch deutsche sowie japanische Original-Trailer und TV-Spots zum Film.

Universum setzt einen weiteren Film des Studio Ghibli einwandfrei auf Blu-ray um: Speziell die HD-Bildqualität beeindruckt und verdient sich technisch gesehen die Höchstnote. Ob man sich mit dem minimalistischen Zeichenstil anfreunden kann, muss jeder Zuschauer selbst herausfinden. Die deutsche Surround-Spur weiß ebenfalls zu gefallen und vereinnahmt kleine und große Zuschauer mit viel Räumlichkeit und Joe Hisaishis einfühlsamen Soundtrack. Leider ist das Bonusmaterial nicht allzu üppig, enthält aber immerhin eine 40-minütige Pressekonferenz aus Japan sowie den gesamten Film als Storyboard-Variante. Statt Die Legende der Prinzessin Kaguya hat Disney rasanter Kracher Baymax: Riesiges Robowabohu den Oscar für den besten Animationsfilm 2014 erhalten. Eine Entscheidung, über die man sich trefflich streiten kann. So ist Isao Takahatas möglicherweise letzter Film ein weiterer Volltreffer für das Studio Ghibli, auch wenn das letzte Quäntchen zum neuen Klassiker aufgrund der etwas überladenen Erzählweise und des zähen Mittelteils am Ende fehlt. Wer die ruhige Inszenierung des Studio Ghiblis schätzt und nach einem Film sucht, der Kinder nicht zum wilden Herumwuseln, sondern zum altersgemäßen Nachdenken animiert, ist hier aber an der richtigen Adresse. Wie üblich freuen sich auch erwachsene Fans des Studio Ghbili über sowohl die ausgefeilte visuelle Ästhetik als auch manch philosophisches Einsprengsel zwischen den Zeilen. Der Griff zur Blu-ray lohnt sich also. (anw) (weitere Reviews anzeigen)

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