Delicatessen (1991) Blu-ray

Irgendwann, irgendwo ist die Erde in einem desolaten Zustand. Die Städte sind verwüstet und die Sonne dringt kaum noch durch einen permanenten dichten Wolkenschleier. In diesem ewigen nebeligen Zwielicht schlägt sich eine Hausgemeinschaft durch den beschwerlichen Alltag. Essen ist ein Luxusgut, das sich die meisten nur noch in spärlichen Rationen leisten können. Doch die Bewohner des mehrstöckigen Hauses um den Fleischer (J.-C. Dreyfus) wissen sich zu helfen. In regelmäßigen Abständen schreiben sie eine Hausmeisterstelle mit freier Kost und Logis aus, um arbeitssuchende Menschen anzulocken. Nach geraumer Zeit finden sich die Unglücklichen allerdings in der Metzgerei des Fleischers wieder – in mundgerechte Häppchen zerhackt! Das gleiche Schicksal droht nun ebenfalls dem arglosen ehemaligen Clown Louison (D. Pinon). Dieser verliebt sich ausgerechnet in die Tochter des Fleischers Julie (M.-L. Dugnac), die über die Machenschaften ihres Vaters nur zu gut Bescheid weiß. Beide versuchen dem Unausweichlichen zu entgehen. Delicatessen hat sich bis heute zu einem Kultfilm entwickelt, den man nur schwer in eine Schublade stecken kann. Dafür ist Jeunets Erstlingswerk einfach zu individuell. Das betrifft so ziemlich jeden Aspekt der Produktion. Am auffälligsten ist in Filmen von Jean-Pierre Jeunet immer das ausgefallene Set-Design. Ihm gelingt es, sogar die entfernte Zukunft, wie in „Alien – Die Wiedergeburt“ gesehen, „retro“ aussehen zu lassen. Und auch in seinem Debütfilm sehen alle Gegenstände nach 50er-Jahre aus, die bis in die Gegenwart verwendet wurden und demnach gleichzeitig abgenutzt, verfallen, marode und skurril aussehen. Im Neusprech könnte man diese Optik also durchaus als „Vintage-Look“ bezeichnen. Dabei geht Jeunet fast schon versessen absolut gewissenhaft und bis ins kleinste Detail genau vor. Gut zu sehen am liebevoll gestalteten Vorspann. Der Skurrilität seiner Welt stehen die handelnden Personen in nichts nach. Nahezu jeder Mitbewohner in diesem (Irren-) Haus hat etwas Besonderes an sich oder irgendeinen Spleen, den er oder sie kultiviert. Der eine repariert gebrauchte Kondome, die andere versucht sich verzweifelt aber stets erfolglos mittels grotesker Vorrichtungen umzubringen, während wieder ein anderer im überfluteten Keller mit hunderten Schnecken und Fröschen eine Wohngemeinschaft des Wahnsinns bildet. Und dann sind da ja noch die im Untergrund lebenden Troglodisten, die in Julies Auftrag ihren Louison vor dem Hackmesser des Vaters retten sollen, aber natürlich prompt die Falsche entführen. Dass das Ganze zwangsläufig im Chaos enden muss, versteht sich fast von selbst. Auf eine übermäßig komplexe Handlung wurde dabei verzichtet. Der Film konzentriert sich völlig auf das Alltagsleben der Hausbewohner, welches allerdings dermaßen unterhaltsam und grotesk umrissen wird, dass dieser „Mangel“ kaum ins Gewicht fällt. Romantiker erfreuen sich zudem an der zarten Liebesgeschichte der beiden Hauptdarsteller, die sich bald in einem erbitterten (und urkomischen) Kampf ums Überleben wiederfinden.

• stark verfremdete Farbgebung
• ein deutlicher Sepia-Ton überzieht das Bild
• kaum Filmkorn erkennbar
• in einigen Szenen tritt leichtes Rauschen in den Vordergrund
• der Einsatz von Rauschfiltern ist dezent erkennbar
• grundsätzlich aber gute Schärfe und Detailzeichnung
• das liebevoll gestaltete Set-Design kommt somit voll zur Geltung
• leicht erhöhte Kontrastwerte
• dadurch nicht immer komplett transparenter Schwarzwert, was allerdings als Stilmittel zu werten ist
• keine altersbedingten Bildfehler erkennbar

Ein weiteres Markenzeichen Jean-Pierre Jeunets ist die teilweise stark verfremdete Farbgebung, die eigentlich alle seine Filme auszeichnet. Hier ist es ein bräunlicher Sepia-Filter, der keine natürliche Farbgebung zulässt. Als Stilmittel ist dieser Kunstgriff aber durchaus gelungen.

• Deutsch DTS-HD-Master Audio 2.0
• aufgrund der Codierung beschränkt sich die Akustik auf die Frontkanäle
• gelungene Stereoseparation mit einwandfreier Kanaltrennung
• Dialoge sind immer klar verständlich
• Tonspur klingt sauber und frisch
• altersbedingte Beeinträchtigungen sind nicht festzustellen
• relativ gute Dynamik

Durch das gelungene Stereopanorama ist die deutsche Tonspur qualitativ leicht überdurchschnittlich. Grobe Mängel fallen nicht auf. Dem in gewisser Hinsicht sehr „musikalischen“ Film hätte eine räumlichere Abmischung allerdings gut getan.

• Making-Of: Aufschnitt (B-Roll) (ca. 13 Min.)
• Die Krönung (ca. 65 Min., HD)
• Audiokommentar mit Jean-Pierre Jeunet
• Das Archiv von Jean-Pierre Jeunet (ca. 9 Min.)
• Trailer
• Teaser

Vor allem das retrospektive Feature „Die Krönung“ gibt detaillierte Informationen zur Produktion preis. Hier kommen sämtliche tragenden Personen zu Wort, die am Film beteiligt waren. Der Audiokommentar, B-Roll-Aufnahmen vom Set und kurze Mitschnitte von den Proben zum Film runden das Angebot ab.

Technisch ist bei der Blu-ray zu Delicatessen alles im grünen Bereich. Bild und Ton sind grundsolide, vor allem das Bild wurde allerdings stilbedingt farblich recht stark verfremdet. Der deutsche Ton reizt die eingeschränkte Codierung vollständig aus. Das Bonusmaterial ist für einen fast 25 Jahre alten Film recht umfangreich und informativ. Wer keine Lust auf den immer gleichen Mainstream-Durchschnitt hat, ist bei dem französischen Regisseur Jean-Pierre Jeunet bestens aufgehoben. Sein Debütwerk Delicatessen setzt in dieser Hinsicht bereits Maßstäbe. Schillernde Charaktere und ein ausgefeiltes Set-Design sind bis heute Jeunets Markenzeichen. Eine komplexe Story ist da gar nicht mehr nötig. Der Film bietet auch so gelungene Unterhaltung ohne Längen. Neben Amélie ist Delicatessen Jeunets bester Film, der somit in jede gut sortierte Filmsammlung gehört. (ml) (weitere Reviews anzeigen)

TV: Panasonic TX-P55VT50E (55“) (kalibriert) Bild: HTPC, PowerDVD 14 Ton: Pioneer SC-LX56 Lautsprecher: B&W 803S (Main), Boston A26 (Front-Wide, Surround), Teufel M-500 (Back-Surround)