Snowpiercer ist ein Genre-Mix aus Endzeit-Thriller, Science-Fiction und Drama. Der Film des südkoreanischen Regisseurs Bong Joon Ho (The Host) konnte an den Kinokassen mit einem Budget von ca. 39 Mio. US-Dollar und einem Einspielergebnis von 86,6 Mio. US-Dollar zwar nur einen Achtungserfolg verbuchen, erntete aber überwältigende Kritiken. Grund genug für viele Fans zu hoffen, dass Snowpiercer eventuell im Heimkino größere Erfolge beschert sein könnten. In Deutschland erscheint der Film im Vertrieb von Ascot Elite nun auch als HD-Fassung.
Story
In einer dystopischen Zukunft ist die Erde nur noch von Eis und Schnee bedeckt. Die kargen Reste menschlichen Lebens kutschieren in einem einsamen Zug durch die Einöde. Während das Gros der Überlebenden im hinteren Teil des Zuges vor sich hinvegetiert, leben im vorderen Teil die Überreste der Aristokratie in dekadentem Luxus. Doch es bahnt sich eine Revolution an, als die Männer Curtis (C. Evans) und Edgar (J. Bell) beschließen, den Zugführer Wilford (E. Harris) zu übermannen und eine neue Ordnung herbeizuführen.
Snowpiercer musste international durch zahlreiche Querelen gehen: So sollte Regisseur Bong Joon Ho für die USA auf Aufforderung durch den dortigen Vertrieb die Handlung um 20 Minuten kürzen. Als er sich weigerte, erhielt der Film in den Vereinigten Staaten nur eine sehr kleine Veröffentlichung in ausgewählten Arthouse-Kinos. Auch in Deutschland ist der Streifen bisher vor allem Cineasten ein Begriff – trotz Starbesetzung um Chris Evans (Captain America – The Return of the First Avenger), Jamie Bell (Die Abenteuer von Tim & Struppi - Das Geheimnis der Einhorn), John Hurt (1984) und anderen. Vielleicht liegt es daran, dass die Endzeit-Geschichte schwer zu vermarkten ist. So reißt die Handlung neben Themen wie globaler Erwärmung und der wachsenden Schere zwischen Arm und Reich auch totalitäre Regimes an. Bei so viel Gesellschaftskritik zieht vielleicht mancher Blockbuster-Liebhaber im ersten Moment eine Augenbraue hoch und vermeint ein träges Drama zu erahnen. Dabei läge man mit dieser Vermutung weit daneben, da Snowpiercer seine 126 Minuten Spielzeit toll ausnutzt, um stilsicher gefilmte Action mit teilweise absurden Dialogszenen zu mischen. Denn die Welt von „Snowpiercer“ mag düster sein, sie ist aber auch extrem schräg und erinnert mit ihrer Überspitztheit von Charakteren wie Tilda Swintons Mason teilweise leicht an Computerspiele wie „Bioshock“. Zudem gibt es gleich mehrere Reminiszenzen an klassische Science Fiction, wie die seltsame Protein-Nahrung in den Armen-Waggons, die einen an „Soylent Green“ mahnt oder die Abfall-Drogen mit einer Prise „Brave New World“.
Snowpiercer ist dabei auch visuell sehr einfallsreich. Zunächst denkt man ein Film, der allein in einem Zug spielt, müsste ja optisch monoton wirken. Doch genau das Gegenteil ist der Fall, da enorme Kontraste zwischen den heruntergekommenen Waggons der armen Leute und den überdreht dekadenten Wohnräumen der reichen Menschen entstehen. Am Ende ist es schwer zu beschreiben, aber genau dieser Spagat zwischen Action und Intelligenz, zwischen Gesellschaftskritik und visuellem Bombast, macht Snowpiercer zu einem Film, der aus der Masse heraussticht. Nicht nur für Sci-Fi-Fans handelt es sich deswegen um einen der Geheimtipps 2014.
Bildqualität
- deutsches Bildmaster mit dt. Text-Einblendungen
- stets präsente Körnung
- gedämpfte, leicht unterkühlte Farbgebung
- hoher Detailgrad in nahen und mittelweiten Aufnahmen
Tonqualität
- überraschend starke Räumlichkeit im Inneren des Zuges
- perfekte Dialogverständlichkeit auch in Action-Szenen
- starke Bässe bei sowohl Musikwiedergabe als auch Effekten
- deutsche Synchronstimmen größtenteils sehr dominant
Ausstattung
Neben einigen Teasern und Trailern zum Film steht als Herzstück des Bonusmaterials ein leider mit ca. 15 Minuten Spielzeit recht kurz geratenes Making-Of in HD zur Verfügung. Der Beitrag mit unter anderem Regisseur Bong Joon Ho und Hauptdarsteller Chris Evans ist in einer Mischung aus Englisch und Koreanisch gehalten und deutsch untertitelt. Man gewinnt hier allerdings größtenteils den Eindruck, einen verlängerten Werbespot für den Film zu betrachten. Überflüssigerweise ist mit einer Minute Spielzeit auch noch ein Werbespot für das kurze Making-Of enthalten. Ebenfalls in einer Minute zeigt ein computeranimierter Clip die Vorgeschichte des Films, um die Verhinderung der globalen Erwärmung, die furchtbar schieflief. Zuletzt steht noch eine Diashow mit ca. zweieinhalb Minuten Spielzeit und Konzeptzeichnungen zum Film bereit.
Anmerkung: Die Steelbook-Version des Films enthält laut Herstellerangaben umfangreichere Extras – beispielsweise eine längere Fassung des Making-Ofs und weitere Dokus zu den Charakteren.
Fazit
Technisch gibt es wenig zu meckern: Snowpiercer nutzt einen rauen Look und grenzt sich mit viel Filmkorn und seiner kargen Farbgebung von Hollywood-Blockbustern erfrischend ab. Deutscher und englischer Ton gefallen mit viel Räumlichkeit und selbst in Action-Szenen perfekt verständlichen Dialogen. Lediglich das Bonusmaterial ist schmal wie die Schneise, welche der Zug durch die Eis-Dystopie schlägt. Lose basierend auf dem Graphic Novel Le Transperceneige ist Snowpiercer ein ungewöhnlicher Film, der sowohl mit der heutigen Gesellschaft hart ins Gericht geht als auch gleichzeitig visuell sehr kreativ unterhält. Facettenreich wie wenige Filme der jüngsten Zeit unterhält der Endzeit-Streifen daher hoffentlich im Heimkino ein breiteres Publikum als noch in den Lichtspielhäusern. Regisseur Bong Joon Ho empfiehlt sich jedenfalls weiterhin für großes Kino und hat mit seiner nächsten Produktion hoffentlich auch international mehr Glück. (anw)
(weitere Reviews anzeigen)
Kaufempfehlung
Testgeräte
TV: Panasonic TX-P65VT50E
BDP: Panasonic DMP-BDT310EG
AVR: Onkyo TX SR 606
Boxen: Heco Victa 5.1 Komplett-Set