John Avnet ist auch dem deutschen Publikum kein Unbekannter, obwohl der hauptsächlich für das US-amerikanische Fernsehen fungierende Produzent und Regisseur bisher seit 1986 nur acht Kinofilme inszenierte. Breiterem Publikum wurde Avnet als Inszenator von Red Corner mit Richard Gere und mit Righteous Kill bekannt, wo erstmals nach Heat die beiden Weltstars Robert de Niro und Al Pacino wieder gemeinsam in einem Film vor die Kamera traten. Mit Grüne Tomaten verfilmte Jon Avnet den 1987 entstandenen Roman Fried Green Tomatoes at the Whistle Stop Cafe von Fanny Flaggs.
Story
Alabama in den Fünfzigern: die frustrierte und mit geringem Selbstwertgefühl ausgestattete Hausfrau Evelyn ist in ihrem Leben gefangen. Sie und ihr Ehemann leben aneinander vorbei, sie tauschen sich kaum noch aus, zudem spürt Evelyn die Wechseljahre herannahen. Bei einem Besuch ihrer im Krankenhaus liegenden Schwägerin macht sie die Bekanntschaft von Ninny, einer alten Dame, die Evelyn die Lebensgeschichte von Idgie und Ruth erzählt: Kurz nach dem ersten Weltkrieg verunglückt Buddy, der große Bruder und einziger Halt der kleinen Idgie. Buddy hatte erste zarte Bande zu dem Mädchen Ruth geknüpft, und zwischen Ruth und Idgie entwickelt sich nach und nach eine tiefe Freundschaft. Als Ruth in ihrer Ehe häusliche Gewalt erfährt, holt Idgie ihre Freundin zu sich und der Ehegatte verschwindet spurlos. Erst zehn Jahre später wird der Fall neu aufgerollt und Idgie gerät unter Mordverdacht. Durch die steten Besuche bei der lebenslustigen Ninny und die Erzählungen über Idgie und Ruth gewinnt Evelyn ihrerseits ob der Art und Weise, wie die beiden ihr Leben in die eigenen Hände nahmen neuen Lebensmut und beginnt, ihr eigenes Dasein umzukrempeln, sehr zum Missfallen ihres Gattens.
Jon Avnets Literaturverfilmung ist nicht nur die Geschichte einer hingebungsvollen, alles überdauernden Frauenfreundschaft, sondern thematisiert im Hintergrund die Gesellschaft in den Südstaaten der 20er, 30er und, im parallel erzählten Strang von Evelyns Entwicklung, der 50er Jahre. Ohne den moralischen Zeigefinger zu erheben, zeigt Grüne Tomaten die Stellung der Frau, das Verhältnis von Schwarzen und Weißen zueinander und lässt dabei eine damals natürlich unerhörte homoerotische Beziehung zwischen den beiden Frauen nur angedeutet. Jon Avnet ergreift, wie auch die Romanautorin, Partei und stellt nicht die Frage nach der Rechtfertigung von Selbstjustiz. Grüne Tomaten ist ein Film, der bemerkenswerterweise von einem Mann mit Frauen für Frauen inszeniert wurde und nicht nur eine grenzenlose Freundschaft und Liebe schildert, sondern unterstreicht, dass jede Frau das Recht auf Selbstverwirklichung hat.
Bildqualität
Grüne Tomaten wurde mit Panavision Panaflex Gold auf 35mm-Material gebannt und liegt im Ansichtsverhältnis 1,85 : 1 in 1080p/ 24 vor. Dem nicht digital aufgenommenen Film sieht man sein Alter nur zum Teil an, der Transfer auf ein digitales Medium kann als zufriedenstellend gelungen bezeichnet werden. Sämtliche Close Ups und Nahaufnahmen sind recht scharf, gut kontrastiert und weisen Details wie einzelne Haare und Poren auf. Im Mittelgrund zeichnen sich bereits minimale Unschärfen ab, die in den Hintergründen noch etwas stärker werden. In besagten Hintergründen rauscht es zudem dezent. Der Kontrast wurde gut ausbalanciert, die Farbgebung wurde recht natürlich belassen, der Schwarzwert geht in Ordnung. In vielen Einstellungen wirkt das Bild schön plastisch. Insgesamt bewertet stellt der Transfer dieses über zwanzig Jahre alten Filmes sehr zufrieden; dass es aber deutlich besser ginge haben Veröffentlichungen wie Apocalypse Now gezeigt.
Tonqualität
Während für das des Englischen mächtige Publikum eine DTS HD 5.1-Abmischung aufgespielt wurde, wird das deutsche Publikum unverständlicherweise mit einem DTS HD MA 2.0-Track abgespeist, die der Receiver, falls gewünscht, mittels Dolby ProLogic IIx zu einer Surroundabmischung aufpoliert. Das Ergebnis ist ernüchternd: das Geschehen spielt sich trotz „Tuning“ ausschließlich vorne ab, der Unterschied zur englischen Tonspur ist allerdings marginal. Die Surrounds und Rears werden nicht einbezogen, ebenso wenig der Subwoofer. Dialoge sind stets gut verständlich und kommen sauber zentriert aus dem Center, der Rest der Geräusche kommt ausschließlich von den Frontlautsprechern.
Ausstattung
Die automatisch angewählte Extended-Fassung ist mit 137 Minuten etwa sieben Minuten länger als die in den Extras verfügbare Kinofassung. Ein Ärgernis ist, dass die entfallenen Szenen im Extended Cut nicht synchronisiert wurden und im Original mit Untertiteln eingefügt sind. Als weitere Boni liegen eine allgemein gehaltene Featurette in einer Länge von 3:56 vor und eine Huldigung der Oscar-Preisträgerin Jessica Tandy (6:40). In fünf Interviews mit einer Gesamtlänge von etwa 10 Minuten kommen Regisseur und Hauptdarstellerinnen zu Wort. Abgerundet wird das schmale Paket durch den englischen und deutschen Trailer sowie vier Trailern von weiteren Veröffentlichungen. Alle Extras mit Ausnahme der Trailershow liegen in SD vor. Die Länge aller vorliegenden Extras beträgt mit den Trailern ca. 30 Minuten, das ist natürlich wenig.
Fazit
Auch bei älteren Filmen haben Restaurateure und Produzenten gezeigt, dass audiovisuell doch eine Menge mehr leistbar ist als bei dieser Veröffentlichung gezeigt. Während das Bild noch zufriedenstellen kann, ohne zu Begeisterungsstürmen hinzureißen, ist der Sound absolut nicht zeitgemäß. Selbst die englische „HD“-Abmischung verdient diese Bezeichnung eigentlich nicht. Das Ausstattungspaket ist dürftig. Grüne Tomaten ist ein warmherziges Feelgood-Movie, der mit ernsten Themen leichtfüßig umgeht und trotz einiger eigentlich schockierender Umstände teils wie eine Komödie wirkt. Definitiv für Frauen gemacht, dürften sich die meisten Männer mit ein wenig Herz auch nicht langweilen. (pl)
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Subwoofer Quadral PowerCube Sub DV 500