Nur wenigen Regisseuren gelingt das Kunststück, vom ersten Film an kommerziell erfolgreiches Kino mit Anspruch und Tiefgang zu realisieren, das sowohl Kritiker, als auch Jurys begeistert. Jason Reitman ist es gelungen. Bereits nach seiner zweiten Arbeit Juno konnte er sich seinen nächsten Film aussuchen. In Zeiten von Mega-Blockbustern, Fortsetzungen und Reboots ist das Interesse der Studios an Independent Produktionen noch geringer geworden. Doch schon vor Juno glänzte Reitman mit der gleichermaßen bissigen, wie genialen Satire Thank you for smoking. 2009 ließ er dann George Clooney Up in the Air. Beides nicht nur kommerziell erfolgreiche, sondern vor allem hochgeschätzte Filme. Nachdem Diablo Cody für das Drehbuch zu Juno den Oscar erhielt, überrascht es nicht, dass sich Reitman 2011 erneut einer Geschichte von ihr annimmt. Diese war den Filmstudios allerdings nur mühsam zu verkaufen. Doch Reitmans Erfolge, und nicht zuletzt Oscar-Gewinnerin Charlize Theron, ermöglichten den Film. Mit Young Adult erscheint nun Jason Reitmans vierte Regiearbeit auf Blu-ray. Mavis Gary (C. Theron) ist eine ehemalige Highschool-Schönheit und mäßig erfolgreiche Jugendbuchautorin. Die geschiedene Mittdreißigerin lebt ziellos in den Tag hinein und lässt nur selten einen Drink oder Mann aus. Erst als ihre ehemalige Mitschülerin Beth, Ehefrau von Mavis‘ Highschool-Liebe Buddy (Patton Oswalt), per Email vom gemeinsamen Babyglück berichtet, nimmt Mavis ihr Leben wieder in die Hand. Sie beschließt, in die verhasste Umgebung ihres Heimatortes Mercury zurückzukehren und sich ihre alte Liebe zurückzuholen. Ohne Rücksicht auf Verluste.
Story
Regisseur Jason Reitman sagt im Interview selbst, dass die Geschichte eigentlich nicht zu verfilmen ist. Er hat es dennoch versucht, und eine sehr ungewöhnliche Charakterstudie geschaffen. Reitman zielt darauf ab, dass Mavis dem Zuschauer völlig unsympathisch ist, die Handlung aber ständig ihren Fokus auf dieser Hauptfigur hält. Das muss grundsätzlich kein Nachteil sein, wenn der Zuschauer trotzdem irgendeinen Reiz an der Figur findet. Ein sehr populäres Beispiel hierfür ist „Dr. House“. Die Serie kennt so gut wie jeder, dennoch hält sich die Zahl derer, die den griesgrämigen Unsympathen nicht mögen, stark in Grenzen. Mavis Gary ist auf sozialer Ebene ähnlich gescheitert wie Dr. House. Ihre Figur ist dabei aber auch deutlich weniger spannend. Vielmehr sieht der Zuschauer kopfschüttelnd mit an, wie sehr die ehemalige Provinz-Ballkönigin in der Vergangenheit ihrer Highschool-Zeit lebt. Mavis ist nicht einmal in der Lage, sich richtig um ihren Hund zu kümmern. Für Dates zieht sie zwar bei Make-up und Outfit alle Register, trägt darüber hinaus aber lieber Hello Kitty Shirts.
Auch die Einrichtung ihres Apartments gleicht eher der eines Teenagers. Dass sie Jungendbücher schreibt, spricht für ihren geistigen Lebensfokus. Reitman zeigt all dies in langsamen Einstellungen und gibt dem Zuschauer ohne Hektik, fast ohne Musik und gänzlich ohne eigene Wertung die Möglichkeit, sich ein eigenes Bild von Mavis zu machen. Das ist zwar ehrenwert, wirkt aber stellenweise etwas langatmig. Zuschauer, die beispielsweise Up in the Air gesehen haben, ist eine ähnliche Herangehensweise vertraut. Charlize Theron offenbart dem Zuschauer mit einer exzellenten und realistischen schauspielerischen Leistung die ganze Verzweiflung und Erbärmlichkeit ihrer Figur. Mitleid und Abneigung dürften allerdings das Einzige bleiben, was der Zuschauer für die Hauptfigur empfindet. Entsprechend wenig Interesse besteht somit an ihrem Charakter. Mavis trägt aber den Film, was die Independent-Produktion nur für eine überschaubare Zielgruppe interessant machen dürfte, die bereit ist, sich auf die Thematik einzulassen. Es ist ein ehrlicher Film, ohne Populismus, ohne Effekthascherei, ohne Gewalt, aber auch ohne Spannung.
Bildqualität
- Bildseitenverhältnis 1-78:1 mit MPEG-4/AVC codiert, Bildauflösung 1920x1080 24p
- sauberes Digitalbild ohne Bildfehler, Flecken oder Artefakte
- Kontrast und Schwarzwert sind gut, aber mit leichtem Grauschleier in dunklen Szenen
- kühle Farben ohne Farbstich
- scharfes Bild mit guter Detaillierung
- kein erkennbares Rauschen
- das Bild ist sehr gut und zeigt nahezu keine Schwächen
Tonqualität
- Deutsch DD 5.1, englische Tonspur in DTS-HD MA 5.1
- beide Tonspuren bauen handlungsbedingt keine Atmosphäre auf. Die Geschehnisse beschränken sich fast ausschließlich auf den Center
- nur vereinzelter, dann aber dezenter Einsatz der Surroundkanäle
- Dynamik der Tonspuren oder Subwoofereinsatz lassen sich aufgrund der Dialoglastigkeit nicht bewerten
- sauber verständliche Dialoge
- die Stimmen lösen sich gut vom Center
- der Ton beschränkt sich handlungsbedingt auf die Dialoge und bleibt unspektakulär
Ausstattung
- Making Of: „Ein Unglück kommt selten allein“, 17 min.
- Featurette: „Die Schreckliche Wahrheit - Aufschlüsselung einer Szene“, 8 min
- Fragen und Antworten mit Jason Reitman, 46 min
- unveröffentlichte Szenen
- Kommentar von Regisseur Jason Reitman
Fazit
Technisch wird die Blu-ray den Ansprüchen vollkommen gerecht. Das Bild ist sauber, ordentlich scharf und detailliert. Der Ton konzentriert sich handlungsbedingt fast ausschließlich auf den Center und die Dialoge. Das Bonusmaterial ist überschaubar. Einzig das sehr ausführliche Interview mit dem Regisseur überzeugt. Mit seiner vierten Regiearbeit bleibt Jason Reitman einmal mehr seinem Stil treu und liefert anspruchsvolles Independent-Kino ab. Das langsame Erzähltempo und der schwierige Charakter der Hauptfigur sind allerdings nicht jedermanns Sache. Young Adult ist eine eigenwillige und anstrengende Charakterstudie, die nicht für Jeden oder jede Stimmung geeignet ist. Schwere Kost, künstlerisch aber gut umgesetzt. (chk)
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Kaufempfehlung
Testgeräte
Projektor: Epson EH-TW9000W LPE
Leinwand: SlowMotion deluxx 203
BD-Player: Pioneer BDP-LX55
AV-Receiver: Pioneer SC-LX73
LS-System: Monitor Audio Bronze BX 5.0 + Sunfire HRS-8 Subwoofer mit AntiMode 8033s