Auch wenn Roman Polanski in der Vergangenheit aufgrund privater Eskapaden immer wieder öffentlich angeprangert wurde, so ist das Talent des kontroversen Regisseurs nicht von der Hand zu weisen. So gestaltet sich eine Reise durch Polanskis filmische Vergangenheit nicht nur ausgesprochen abw echslungsreich, sondern beweist vor allem sein Geschick hinter der Kamera. Immerhin darf er sich mit Filmen wie Ekel (Auftakt zur sogenannten Mieter-Trilogie), Frantic, Der Pianist oder auch Chinatown brüsten. Dabei zählt Letzterer, der sich als geniale Hommage an das „Film-Noir“ Genre versteht, mit zum Besten, was der gebürtige Pole bis dato inszeniert hat. Umso erfreulicher, dass Paramount das Meisterwerk endlich auf Blu-ray veröffentlicht, doch wird die technische Umsetzung dem Film gerecht?
Story
Los Angeles 1937 Jake Gittes (J. Nicholson) ist felsenfest davon überzeugt, das Leben könne ihm keinen Streich mehr spielen, nicht mehr schockieren oder überraschen. Kein Wunder; hat der nach außen hin gefühlskalte Privatermittler spezialisiert auf Ehebruchsdelikte während seiner langen Laufbahn bereits so manchen Einblick in diverse menschliche Abgründe gewonnen. Als Gittes Besuch von einer verzweifelten Dame erhält, energisch darum bittend ihrem Ehemann nachzustellen, ist Gittes wenig angetan, rät ihr sogar davon ab tiefer zu graben. Als jedoch der Name des Angetrauten fällt, nämlich kein geringerer als Hollis Mulwray, leitender Chef-Ingenieur der hiesigen L.A Wasserwerke, schlägt Gittes ein. Diese plötzliche Euphorie kommt dabei nicht von ungefähr. Mulwray steht derzeit immer wieder in der Kritik, da Los Angeles eine der schlimmsten Dürreperioden in der Geschichte der Stadt durchlebt und langsam aber sicher austrocknet. Als sich Jakes Auftraggeberin zudem als Blenderin entpuppt und Hollis Mulwray tot aus dem L.A River geborgen wird, engagiert die echte Frau des Verstorbenen, Evelyn Mulwray (F. Dunaway), Gittes, um das Verbrechen aufzuklären. So entwickelt sich sein anfänglicher Routinefall in eine Spirale aus Mord, Korruption und Betrug, aus der es kein Entrinnen zu geben scheint. Antworten führen immer wieder zu neuen Fragen, nichts erscheint mehr logisch und Gittes möchte nur noch eines: Die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen…
Roman Polanskis Chinatown ist alles andere als ein gewöhnlicher Ableger des Film-Noir Genres, im Gegenteil. So bedient er sich zwar an Noir-Kernelementen, wie der schönen Frau in Not oder dem kämpferischen Helden, ergänzt diese jedoch mit weiteren noiruntypischen Bestandteilen. Am auffälligsten ist natürlich der großzügige Einsatz von Licht. Schattenspiele und dunkle Ecken sind Mangelware, ebenso verzichtete Polanski darauf, den Film in Schwarz-Weiß zu drehen. Trotz oder gerade wegen dieser Designentscheidung zählt Chinatown bis heute zu den erfolgreichsten Vertretern der Noir Stilrichtung. Ebenso einzigartig präsentiert sich Robert Townes Oscraprämiertes Drehbuch, das der visuellen Komponente erst den Platz zur Entfaltung gewährt.
Komplex und absolut unvorhersehbar nimmt es den Zuschauer mit auf eine Reise durch das Los Angeles der späten 30er Jahre. Das Besondere: Man ist dem Hauptprotagonisten zu keiner Zeit auch nur einen Schritt voraus und erlebt dadurch wie Gittes selbst immer wieder überraschende Wendungen. Um Chinatown in einem Satz zu umschreiben, bedarf es einem Zitat aus dem Film selbst: „Sie denken vielleicht, Sie wissen mit was sie es zu tun haben, aber das tun sie nicht“. Zu guter Letzt beweist Polanski auch Können bei der Auswahl seiner Darsteller. Allen voran natürlich Jack Nicholson als vorlauter, mit allen Wassern gewaschener Privatdetektiv, liefert hier eine der stärksten Leistungen seiner Karriere ab. Nicht minder überzeugend gibt sich Faye Dunaway als schöne „Femme-Fatal“. Der größte Coup ist zugleich eine Huldigung oder Verneigung an die Glanzzeiten des Film-Noir, denn kein geringere als die Ikone selbst John Husten (Schatz der Sierra Madre, Die Spur des Falken) nimmt eine tragende Rolle in Chinatown ein. Am Ende bleibt festzuhalten, dass sich Chinatown bedeutender Film-Noir Elemente bedient, diese jedoch mit eigenen Ideen verfeinert und zu einer perfekten Symbiose führt, die auch nach fast 40 Jahren begeistert, wie am ersten Tag.
Bildqualität
- Technik: 1080p Full HD, Ansichtsverhältnis: 1.85:1, Codec: MPEG4 AVC, Laufzeit ca. 130 Min.
- schwankende Schärfedarstellung
- gelungene Durchzeichnung
- insgesamt natürliches Bild
- sattes Schwarz, gelegentlicher Black-Crush
- bis auf einige Ausnahmen ausgewogene Kontrastwerte
- kräftige, lebendige Farben
- nicht frei von Beschädigungen
- Kompression arbeitet sauber
- leichter Einsatz von DNR
- schwaches Korn
Tonqualität
- Technik: Englisch 5.1 Dolby True HD, Deutsch, Französisch, Spanisch, Italienisch Mono
- jederzeit verständliche Dialoge
- Stimmen neigen bei hoher Lautstärke zum verzerren
- natürlich keine Räumlichkeit dank Mono-Tonspur
- englische Tonspur klingt etwas satter
- leidet jedoch unter Hintergrundrauschen
- O-Ton insgesamt empfehlenswerter
Ausstattung
- Wendecover
Fazit
Bild und Ton können bei Paramounts Blu-ray Veröffentlichung zwar nicht vollends überzeugen, im Endeffekt liefert man aber die derzeit beste, verfügbare Version von Polanskis Filmperle ab. Die nicht vorhandene Ausstattung liegt in Bezug auf die gut bestückte US-Scheibe schwer im Magen und ärgert ungemein. Polanski knüpft mit Chinatown an die erfolgreiche Blütezeit des Film-Noir an und fügt besagtem Genre einen weiteren wichtigen Klassiker hinzu. Das Drehbuch, die Darsteller, der Score und die fantastische Kameraarbeit, das alles verschmilzt zu einem Filmerlebnis, das selbst heutzutage noch seinesgleichen sucht. Auch wenn die Technik sicherlich nicht das Nonplusultra darstellt, gehört diese Blu-ray in jedes gut sortierte Regal. Sammeltipp! (ala)
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Kaufempfehlung
Testgeräte
TV: Samsung PS60E6500
BDP: Playstation 3 Slim
AVR: Onkyo TX–SR 809
Boxen: 5x Nubert Nuline CS–72, AW 1000