Immer wenn ein neuer Tarantino Film erscheint, freut sich die Fangemeinde und wendet das mainstreambevorzugende Publikum ab. Die Hommage ans Grindhouse Cinema (~Schlachthaus; B-Movies und Exploitation Filme, die oft in minderwertiger Qualität in herunter gekommenden Kinos liefen) ist das Ergebnis einer Schnappsidee, die dabei herauskommt, wenn zwei geistesverwandte Regisseure (Tarantino, Rodriguez) einen feucht fröhlichen Abend im Heimkino verbringen – so jedenfalls die Legende.
Wer als Blu-ray Besitzer mal eine Ahnung davon bekommen möchte, wie furchtbar manche Filme im Kino ausgesehen haben, den lässt Grindhouse an dieser Erfahrung teilhaben. Digital eingefügte Kratzer, Hänger bei Bild und Ton, Sprünge, Farbwechsel, geklebte Risse – die ganze Palette von Beeinträchtigungen, von schlechter Projektion bis zur beschädigten Filmkopie, kommt zum Einsatz. Das transportiert tatsächlich das damalige Kinofeeling - Deathproof ist todsicher kein Film für Jedermann.
Story
Eine Menge cooler Mädchen werden per Auto von einem psychopathischen Ex-Stuntman in ihre einzelnen Körperteile zerlegt, zermalmt und getötet, bevor er sich an einer anderen Gruppe noch coolerer Mädels versucht, die Gleiches mit Gleichem zurückzahlen.
Es geht nicht wirklich um eine Handlung, dies ist eine Tarantino Hommage an die Slasherfilme der 70er – 80er Jahre. Für den Genuss des Films ist es wichtig die Anspielungen und intelligenten Zitate auf Genrevorbilder zu erkennen und dabei als „Filmgeek“ (~ selbsternannter Professor, Fachgebiet Film seit Zelluloiderfindung) das Poster unter dem sich Jungle Julia in Pose setzt nicht zu übersehen oder die T-Shirtaufdrucke etc. … gähn...
Die Mädels sind heiß und wissen das. Sie sind sensibel, aber stark und scheuen sich nicht erst einmal zu weinen, bevor dem Fiesling entschlossen auf die Pelle gerückt wird. Dabei reden sie wie eine Horde betrunkener notgeiler Matrosen auf Landgang und sind cooler als das wahre Leben. Der ständige Hinweis aufs eigene Komplettwissen über das Genre-Kino tut Deathproof jedenfalls nicht gut, das wirkt nur selbstverliebt. Es fehlt die Einbindung ins Grindhouse Projekt – diese verleiht Deathproof durch die Einbindung in ein Gesamtkonzept, die Einbindung von Trailern und das filmische Doppelpack mit Planet Terror, erst Selbstironie und anarchischen Witz.
Bildqualität
Deathproof nutzt den VC-1 Codec und verwendet die Auflösung von 1920x1080p, um das Bild im Ansichtsverhältnis 2,35:1 darzustellen. Die Bildsprache des Films orientiert sich an Vorbildern der 70er und 80er Jahre und erzielt diesen mit warmen, etwas verwaschenen Farben und herbstlich-bräunlichem Look. Die Schärfe und der Detailreichtum sind auf sehr gutem Niveau – und Beeinträchtigungen immer dem Filmstil und nicht dem Transfer anzulasten. Das breite Kontrastspektrum lässt gleißende Helligkeit ebenso zu, wie dunkelstes Schwarz und feinste Abstufungen – das ist hervorragend. Allerdings setzt der Regisseur wirklich alle technischen Mittel ein, um das zu verbergen.
Wenn dann im Schlussteil das wahre Qualitätsgesicht des Films zu sehen ist, geht die Wertung steil nach oben. Denn dann sind Farben brillant, Hauttöne und Gesichtsfarben absolut natürlich, die Schärfe sehr gut und ist der realistisch plastische Eindruck des Bildes eine ganze Klasse besser. Da nun auch die Landschaft ins Spiel kommt, begeistern auf der rasanten Verfolgungsjagd Tiefenschärfe und der perspektivische Eindruck. Die Actionszenen sind rasant und einfallsreich inszeniert. Eher störend wirken die zu nervig eingesetzten digitalen Spielereien – anders als in Planet Terror.
Tonqualität
Beim Ton packt der der deutsche Publisher alles drauf, was gut und teuer ist: Deutsche und englische DTS HD MA 5.1 Tracks und man bedient auch die Anhänger der PCM Fraktion ohne Kompromisse – vorbildlich. Doch nicht nur die technischen Daten stimmen, auch was dann erklingt macht Freude. Der Sound ist ungemein realistisch und natürlich, er transportiert spektakuläre Effekte genauso überzeugend, wie einen abgenutzten Jukebox Song zum Lap Dance.
Die Surroundeffekte liefern hauptsächlich Umgebungsgeräusche, exakt räumlich verortet wie in den Barszenen; sorgen auch für eine glaubhafte Regenkulisse, laufen aber erst während der Autoszenen zu voller Form auf. Verbiegendes Metall, das Quietschen der Reifen und der satte Motorensound lassen nichts zu wünschen übrig und sind exzellent. Einzig der Bass dürfte noch etwas prägnanter und druckvoller sein, andererseits hätte das nicht zum 70er Jahre Stil des Films gepasst, ist daher wohl so beabsichtigt und nicht zu kritisieren. Hier macht der DTS HD MA Track sogar einen leicht besseren Eindruck, während bei allen musikalischen Szenen der PCM Track vorne zu liegen scheint. Wie immer bei Tarantino ist der Soundtrack einer der absoluten Stärken des Films, das gilt auch für Deathproof.
Ausstattung
Die Extras überzeugen nicht und liegen zudem in SD vor. Im einzig interessanten Beitrag wird Tarantinos (zum festen Stab gehörende) Cutterin Sally Menke vorgestellt und in Grund und Boden gelobt. Immerhin erfährt man etwas über die langjährige Zusammenarbeit der Beiden und ihren Einfluss auf seine Arbeit.
Alle anderen Beiträge stellen heraus, wie toll und begabt sich alle Beteiligten fanden und bewegen sich zwischen nutzlos und Promomaterial – Mehrwert wird nicht geboten. Auch über das Grindhouse Projekt erfährt man wenig, selbst ein Special zu den digital eingefügten Bild- und Audiofehlern fehlt.
Besonders schmerzlich und nicht entschuldbar ist das Fehlen der kultigen Trailer, die im Kino den Deathproof Auftritt einleiteten und umrahmten, das schlägt doch schwer auf die Stimmung. Dafür glänzt die Ausstattung mit separat aufrufbarer Musik aus dem Film, das macht doch Einiges wieder wett und reicht für 6 Punkte.
Fazit
Eine Blu-ray deren Bild von Fehlern geprägt wird, ihre wahre Qualität erst sehr spät offenbart und dann für Staunen sorgt; deren Audiospur Tonaussetzer und Sprünge aufweist und in diesen Kategorien trotzdem Höchstwertungen abräumt, kommt nicht alle Tage auf den filmischen Gabentisch. Aber Deathproof ist eben anders. Vor allem die Jünger des Kultregisseurs Tarantino sowie sentimental veranlagte 70er-Jahre- Slasher-Film-Fans werden angesprochen.
Für den objektiveren Betrachter bleibt festzustellen, dass die Coolness aufgesetzt wirkt und sinnfrei ist, und abseits von Lap Dance und Gossensprache wenig übrig bleibt was das Interesse wach hält. Der Sinn des Ganzen – Hommage und ironische Überhöhung der metzelnden Vorbilder – erschließt sich nicht, sondern wird eher eine „Ich habe schlechten Geschmack und bin stolz darauf“ Botschaft vermittelt.
So bleibt ein Werk, das auf spaßige Weise das Trash Kino feiert, doch sich ohne die vertraute Begleitung durch seinen Bruder im Geiste Planet Terror schwer dabei tut. Die technische Usetzung ist jedenfalls exzellent und rechtfertigt durchaus den Kauf. Wer aber das volle Programm will, wartet auf die angekündigte Grindhouse Box. (fb)
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