Zu den vielen verwunderlichen Entscheidungen der Oscar-Geschichte gehört ganz sicher, dass Bette Davis 1951 für ihre Rolle als Margo Channing nicht den verdienten dritten Oscar für die „Beste Hauptdarstellerin“ gewann. Ein Grund dafür dürfte gewesen sein, dass mit „Anne Baxter“ eine zweite Darstellerin aus Alles über Eva (sie spiele die titelgebende Eva Harrington) in dieser Kategorie nominiert war und Davis wohl entscheidende Stimmen wegnahm. Leer ging der Film dann aber nicht aus: Insgesamt sechs Oscars inklusive des Hauptpreises gewann er am Ende und stach unter anderem Billy Wilders großartiges Werk Sunset Boulevard aus.
Story
Margo Channing (B. Davis) ist der große Star der Theaterwelt: Das Publikum liebt sie und die Rollen werden genau auf sie zugeschnitten. Allerdings ist sie mit 40 nicht mehr die Jüngste. Über ihre Freundin Karen Richards (C. Holm) macht Margo nach einer Vorstellung Bekanntschaft mit Eva Harrington (Anne Baxter), für die Margo Channing das große Idol ist. Gerührt von Evas Vergangenheit bittet Margo sie, bei ihr zu Hause einzuziehen. Fortan kümmert sich Eva um alle möglichen Dinge im Haushalt. Margos Umfeld, besonders ihr Liebhaber und Theaterregisseur Bill Sampson (G. Merrill), ist sofort von Eva angetan. Nach und nach lernt Eva einflussreiche Theaterleute kennen und lässt ihre Kontakte spielen, um schließlich Margos Zweitbesetzung im Theater zu werden. Als Margo Evas Ambitionen, sie zu verdrängen, schließlich durchschaut, ist es dafür bereits zu spät…
Alles über Eva ist ein großer Film. Bereits mit der ersten Szene, die gleichzeitig eine zynische Abrechnung mit der elitären Theater-Welt darstellt und dabei auch Hollywood aufs Korn nimmt, wird dem Zuschauer klar, dass Eva Harrington am Ende großen Erfolg in der Theaterwelt haben wird. Der Film erzählt im Grunde die komplette Geschichte, wie es dazu kam. Dazu erscheint die von Anne Baxter vorzüglich gespielte Eva zunächst als grundsympathisches, nettes Mädchen und zieht durchaus Sympathien auf sich, zumal die anderen Charaktere (besonders die von Davis ebenfalls brillant dargestellte Margo Channing) nicht eben als Sympathieträger angelegt sind.
Bereits in dem ersten Aufeinandertreffen von Margo und Eva offenbart Alles über Eva seine ganze schauspielerische Klasse, die der grandiose Cast den gesamten Film über aufrecht erhält. Dabei haben die Schauspieler natürlich den großen Vorteil, dass sie eines der besten Drehbücher umsetzen, die Hollywood je hervorgebracht hat. Bei Alles über Eva ist nicht nur ist die Charakterzeichnung der Hauptpersonen über jeden Zweifel erhaben, es sind die bis in letzte Detail geschliffenen und mitunter sarkastischen Dialoge („Bitte anschnallen, meine Herrschaften! Ich glaube, es wird eine stürmische Nacht!“), die man in dieser Form selten zu hören bekommt und die der eigentliche Star des Films sind.
Hier sitzt jeder einzelne Satz, oftmals sind sogar richtig bissige und bösartige Sprüche in eloquenten Sätzen verpackt und es ist eine Freude, den Darstellern beim Reden zuzuhören. Beim Betrachten des Films ist allerdings die englische Fassung eindeutig zu bevorzugen, auch wenn die deutsche Synchronisation (kein geringer als Erich Kästner zeigte sich dafür verantwortlich) für sich genommen durchaus ordentlich ist. Dass Eva im Grunde genommen eben doch nicht das nette Mädchen, sondern ein eiskalt kalkulierender Erfolgsmensch ist, die für ihren persönlichen Erfolg sogar über Leichen gehen würde, wird dem Zuschauer im Laufe des Films immer mehr bewusst.
Eva manipuliert ihr Umfeld so lange, bis sie genau das erreicht, was sie unbedingt will. Nicht umsonst wählte sie das American Film Institut in die Top 50 (Platz 23) der größten Filmschurken aller Zeiten. Wenn sich am Ende des Films dann die Sympathien des Zuschauers klar verschoben haben und er die ebenso bescheidene wie zynische Dankesrede Evas geschluckt hat, schließt sich in der letzten Einstellung des Films der Kreis: Alles über Eva führt dem Zuschauer noch einmal auf geniale und bitterböse Weise vor Augen, wie das Showbusiness funktioniert.
Bildqualität
- Ansichtsverhältnis 1.37:1, ACV-codiertes Bild mit einer Auflösung von 1920x1080p
- sauber restauriertes Bild ohne Kratzer, Bildunruhen oder sonstige Bildfehler
- Kontrast und Grauabstufung sind hervorragend, der Schwarzwert ist sehr gut
- die Schärfe ist gut bis sehr gut und kann im Ganzen überzeugen, nur gelegentlich sind einzelne Aufnahmen etwas weicher
- für einen Schwarz-Weiß-Film überdurchschnittliche Bildtiefe und Plastizität
Tonqualität
- Deutsche DTS 5.1, Englisch DTS-HD MA 5.1
- durchgehend perfekte Sprachverständlichkeit
- wenig Räumlichkeit, dafür sehr stimmungsvolle Abmischung des Soundtracks
- Umgebungsgeräusche klingen weitgehend recht natürlich
- praktisch kein Subwoofer-Einsatz
- keine altersbedingten Tonfehler
Ausstattung
- zwei Audiokommentare: Celeste Holm, Christopher Mankiewicz und Kenneth Geist (empfehlenswert!) sowie ein Kommentar von Autor Sam Staggs
- Features: „Der Regisseur und der Film“ (27 Minuten), „Das Leben des Joseph L. Mankiewicz“ (26 Minuten), „Die Wirkliche Eva“ (18 Minuten), „Das Geheimnis um Sarah Siddons“ (7 Minuten), „AMC Backstory: All about Eve“ (25 Minuten, sehr empfehlenswert!), Interviews mit Betty Davis und Anne Baxter (3 Minuten), „Fox tönende Wochenshow“ (4 Filme mit insgesamt 9 Minuten laufzeit, u.a. mit Ausschnitten aus der Oscar-Verleihung),der original Kinotrailer
- alle Extras nur in SD auf der Blu-ray
- keine deutschen Untertitel verfügbar
Fazit
In Bezug auf die technischen Aspekte der Blu-ray darf man 20th Century Fox ein Kompliment aussprechen: Eine sehr gute Restauration sorgt für ein hervorragendes Bild, der Ton ist ebenfalls für das Alter des Films gut. Den Vergleich zur „Cinema Premium“ DVD-Edition gewinnt die Blu-ray relativ deutlich. Die Ausstattung ist umfangreich und interessant, allerdings verweigert Fox deutsche Untertitel und die (teilweise neuen) Extras liegen nur in SD vor.
Der Film selbst ist ein Meisterwerk der Filmgeschichte und sollte in keiner anspruchsvollen Filmsammlung fehlen. Mankiewicz erschuf mit Hilfe des von ihm selbst verfassten, genialen Drehbuches und mit einem grandiosen Cast eine bissige Satire über das Theater und das Showgeschäft im allgemeinen, die vor allem mit ihren durchgehend grandiosen Dialogen auch heute noch absolut begeistern kann. (jos)
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Kaufempfehlung
Testgeräte
TV: Epson EMPTW 2000
Bluray Player: Sony Playstation 3
AVReceiver: Onkyo 608
Boxensystem: Teufel System 5 THX Select