Auch wenn Roman Polanski in der Vergangenheit aufgrund privater Eskapaden immer wieder öffentlich angeprangert wurde, so ist das Talent des kontroversen Regisseurs nicht von der Hand zu weisen. So gestaltet sich eine Reise durch Polanskis filmische Vergangenheit nicht nur ausgesprochen abwechslungsreich, sondern beweist vor allem sein Geschick hinter der Kamera. Immerhin darf er sich mit Filmen wie Ekel (Auftakt zur sogenannten Mieter-Trilogie), Frantic, Der Pianist oder auch Chinatown brüsten. Dabei zählt Letzterer, der sich als geniale Hommage an das „Film-Noir“ Genre versteht, mit zum Besten, was der gebürtige Pole bis dato inszeniert hat. Bereits im Jahr 2012 wurde der Titel von Paramount Home Entertainment im Vertrieb von Universal Pictures Home Entertainment auf Blu-ray Disc veröffentlicht. Im Juni diesen Jahres folgte dann anlässlich des 50-jährigen Jubiläums die Veröffentlichung der UHD in Form einer mit zahlreichen Goodies ausgestatteten Limited Collectors Edition. Wer all das nicht benötigte, sondern nur den Film auf UHD in der Sammlung stehen möchte, darf dann jetzt bei der Neuauflage ohne Artcards und Poster zugreifen. Was der Film zu bieten hat und wie sich die Qualität der UHD im Test schlägt, klärt die nun folgende Rezension.
Story
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In den 1930er Jahren soll Privatdetektiv Gittes (J. Nicholson), im Auftrag von Evelyn Mulwray (F. Dunaway), herausfinden, ob ihr Mann eine Affäre hat. Schnell wird er auch fündig, und so gelingen ihm ein paar Schnappschüsse, während der Göttergatte gerade mit einer jungen Frau schäkert. Er übergibt diese an seine Auftraggeberin und kurz darauf werden diese in einem Boulevardblatt veröffentlicht. Da erst realisiert er, dass die angebliche Miss Mulwray, gar nicht die war, für die sie sich ausgegeben hat. Deshalb beginnt er, weiter in der Sache zu spionieren. Als jedoch Mulwray plötzlich tot aufgefunden wird, wird die Geschichte für Gittes immer mysteriöser …
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Roman Polanskis Chinatown ist alles andere als ein gewöhnlicher Ableger des Film-Noir Genres, im Gegenteil. So bedient er sich zwar an Noir-Kernelementen, wie der schönen Frau in Not oder dem kämpferischen Helden, ergänzt diese jedoch mit weiteren noiruntypischen Bestandteilen. Am auffälligsten ist natürlich der großzügige Einsatz von Licht. Schattenspiele und dunkle Ecken sind Mangelware, ebenso verzichtete Polanski darauf, den Film in SchwarzWeiß zu drehen. Trotz oder gerade wegen dieser Designentscheidung zählt Chinatown bis heute zu den erfolgreichsten Vertretern der Noir Stilrichtung. Ebenso einzigartig präsentiert sich Robert Townes Oscraprämiertes Drehbuch, das der visuellen Komponente erst den Platz zur Entfaltung gewährt.
Komplex und absolut unvorhersehbar nimmt es den Zuschauer mit auf eine Reise durch das Los Angeles der späten 30er Jahre. Das Besondere: Man ist dem Hauptprotagonisten zu keiner Zeit auch nur einen Schritt voraus und erlebt dadurch wie Gittes selbst immer wieder überraschende Wendungen. Um Chinatown in einem Satz zu umschreiben, bedarf es einem Zitat aus dem Film selbst: „Sie denken vielleicht, Sie wissen mit was sie es zu tun haben, aber das tun sie nicht“.
Allen voran natürlich Jack Nicholson als vorlauter, mit allen Wassern gewaschener Privatdetektiv, liefert hier eine der stärksten Leistungen seiner Karriere ab. Nicht minder überzeugend gibt sich Faye Dunaway als schöne „Femme-Fatal“. Der größte Coup ist zugleich eine Huldigung oder Verneigung an die Glanzzeiten des Film-Noir, denn kein geringere als die Ikone selbst John Husten (Schatz der Sierra Madre, Die Spur des Falken) nimmt eine tragende Rolle in Chinatown ein. Am Ende bleibt festzuhalten, dass sich Chinatown bedeutender FilmNoir Elemente bedient, diese jedoch mit eigenen Ideen verfeinert und zu einer perfekten Symbiose führt, die auch nach fast 40 Jahren begeistert, wie am ersten Tag.
Bildqualität
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Die im Set enthaltene Blu-ray Disc entspricht der bereits seit 2012 erhältlichen Scheibe, und basiert NICHT auf dem neuen 4k-Master. Unser damaliger Redakteur, der die Scheibe getestet hat, kam zu dem Schluss, dass der Film trotz einiger Defizite dem Alter entsprechend gut aussah, aber eben qualitativ nicht an die Qualität des zeitgleich durch Paramount veröffentlichten, deutlich ältere Hitchcock Masterpieces Über den Dächern von Nizza heranreichte. Dennoch wurden eine gelungene Durchzeichnung, ein insgesamt natürliches Bild mit sattem Schwarzwert und – bis auf einige Ausnahmen – ausgewogene Kontrastwerte, sowie kräftige und lebendige Farben attestiert. Darüber hinaus ließ sich allerdings auch ein leichter DNR-Einsatz feststellen. Alles in allem wurde die Disc allerdings recht hoch bewertet – allerdings ist diese Bewertung nun bereits 12 Jahre alt, und die technischen Fortschritte lassen eine damals gute Disc heute in einem leicht anderen Licht dastehen. Dennoch bleibt die Bewertung von damals erhalten, weil sie auch dem Eindruck des aktuellen Rezensenten entspricht.
Bild 4k UHD
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Das Bild der 4k-UHD verfügt über HDR10 und Dolby Vision und für die UHD wurde ein neuer Scan vom Originalnegativ angefertigt. Das Endergebnis kann sich durchaus sehen lassen und übertrifft die Qualität der 12 Jahre alten Blu-ray, wenn auch nicht ganz in dem Umfang, wie man sich das vielleicht erhofft hätte. Die Schärfe legt in einigen Einstellungen zu, allerdings wurde hier nicht selten auf den Einsatz von dezenten Weichzeichnern gesetzt, um dem Film einen Look eines klassischen Film-Noir zu verleihen. Insbesondere bei Nahaufnahmen von Faye Dunaway und anderen Damen, tritt dieses Stilmittel sichtbar zu Tage. Die Farben sind erstaunlicherweise etwas zurückhaltender als beim Full-HD-Pendant. Gleichzeitig wirken sie aber auch etwas natürlicher und weniger bunt. Der Kontrast ist ebenfalls deutlich sauberer eingestellt und bildet dunkle Flächen tiefer und satter ab, allerdings ist das gesamte Bild deutlich dunkler als es bei der Blu-ray Disc der Fall, wodurch manche Szenen so wirken, als würde es bereits dämmern, während eigentlich helllichter Tag ist. Das Encoding ist allgemein jedoch deutlich besser und löst Farbübergänge und ähnliches besser auf als es bei der Blu-ray Disc der Fall war und ist. Alles in allem hinterlässt die neue UHD-Disc einen wertigeren Gesamteindruck und lässt das cineastische Meisterwerk des kontroversen Regisseurs deutlich filmischer und harmonischer aussehen.
Tonqualität
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Auch akustisch bleibt alles beim Alten. Neben der deutschen Synchronfassung und der englischen Originalfassung befinden sich noch eine französische, eine italienische sowie eine spanische Synchronfassung – jeweils in Dolby Digital 2.0 Mono) mit auf der Disc. Darüber hinaus wurde der englische Originalton zusätzlich in Dolby TrueHD 5.1 auf die Disc gepresst. Optional lassen sich zahlreiche Untertitelspuren hinzuschalten, die der Datenbank entnommen werden können. Zwar bleibt hier alles beim Alten, aber davon abgesehen geht der Mono-Sound absolut in Ordnung. Die Stimmen sind weitestgehend klar als auch verständlich und weisen lediglich während erhöhter Lautstärken Verzerrungen auf. Dazu gibt es leider auch hier ein dezentes aber permanentes Hintergrundrauschen. Der englische Originalton spielt zwar auch die hinteren Kanäle und den Subwoofer an, aber auch hier spielt sich fast alles auf dem Center ab. Generell ist der OTon aufgrund der etwas überlegenen Stimmwiedergabe zu bevorzugen. Die deutsche Synchronfassung entstand unter der Regie und nach einem Dialogbuch von Ottokar Runze bei der Berliner Synchron GmbH Wenzel Lüdecke in Berlin und ist mit Hansjörg Felmy über Jack Nicholson, Judy Winter über Faye Dunaway, sowie Otto Szarski, Michael Cheavalier, Klaus Sonnenschein, Ursula Krieg, Edgar Ott, Manfred Lehmann und zahlreichen weiteren bekannten und großen Stimmen hochkarätig besetzt und lässt keinen Anlass zur Kritik aufkommen.
Ausstattung
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- Audiokommentar von Drehbuchautor Robert Towne und David Fincher
- Ein Seelenzustand: Autor Sam Wasson über Chinatown (15:57 Minuten)
- Chinatown: Erinnerungen (5:43 Minuten)
- Die Trilogie, die es nie gab (2:06 Minuten)
- Wasser und Strom (3-teiliges Feature – 77:45 Minuten)
- Chinatown: Eine Würdigung (26:13 Minuten)
- Chinatown: Der Anfang und das Ende (19:27 Minuten)
- Chinatown: Filmaufnahmen (25:33 Minuten)
- Chinatown: Das Vermächtnis (9:36 Minuten)
- Original Kinotrailer
Während die Erstveröffentlichung vor 12 Jahren noch komplett auf Bonusmaterial verzichtete (womit außerdem gesagt werde soll, dass sich das Bonusmaterial samt und sonders auf der 4k-UHD Disc befindet) kommt die Neuauflage in Ultrahochauflösender Qualität mit umfangreichen Extras daher. Den Anfang macht ein informativer Audiokommentar von Drehbuchautor Robert Towne und dem Kultregisseur David Fincher, der nicht müde wird zu berichten, wie sehr ihn dieser Film in seinem eigenen Schaffen geprägt hat. Weiter geht’s es mit dem dreiteiligen Feature „Wasser und Strom“, welches in die Episoden „Das Aquädukt“, „Die Folgen“ und „Der Fluss und darüber hinaus“ einen informativen Einblick in die Produktion und die Nachwirkungen bereithält. Alleine diese Dokumentation rechtfertigt bereits das Upgrade, wenn dem Zuschauer der Qualitätssprung als solcher nicht als Kaufanreiz genügt. Weiter geht es mit einem kurzen Überblick über „Die Trilogie, die es nie gab“, in welchem unter anderem auf die Fortsetzung „The Two Jacks“ eingegangen wird. In vier weiteren Features wird noch näher auf den Film eingegangen, und zu guter Letzt werden auch noch der obligatorische Kinotrailer und ein Wendecover geboten.
Fazit
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Der moderne Film-Noir überzeugt auch heute noch mit einer packenden Story, hervorragenden Darstellern und einem unvergleichlichen Storytelling, welches nicht von seiner Klasse eingebüßt hat. Von Polanski mag man denken, was man will, aber handwerklich ist er ein Genie und „Chinatown“ ist ein Meisterwerk seines Genres. Die neue 4k-Restauration präsentiert sich im Vergleich zur 12 Jahre alten Blu-ray Disc, die dem Set ebenfalls beiliegt, in natürlicheren Farben, wirkt im Vergleich etwas dunkler, aber zugleich auch harmonischer und filmischer. Akutsicht bleibt alles beim Alten, dafür wurde der Neuveröffentlichung auf dem Ultrahochauflösenden Medium eine Menge an Boni spendiert, die das Produkt erheblich aufwerten.
(Michael Speier)
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