Die dänische Schriftstellerin Stine Pilgaard brachte 2012 kurz nach ihrem Studium ihren Debütroman „Meine Mutter sagt“ heraus, drei Jahre später folgten die ebenso erfolgreichen „Lieder aller Lebenslagen“, bis schließlich der dritte Roman „Meter pro Sekunde“ vollends bei der Leserschaft einschlug und ihr mehrere Auszeichnungen einbrachte. Ebendieser Roman ist es auch, der es letztlich 2023 zu einer Verfilmung schaffte. Als roter Faden handeln dabei alle Geschichten Pilgaards vom Leben, der Kunst, dieses zu meistern und letztlich sich selbst zu finden und zu akzeptieren. Lighthouse Home Entertainment bringt die Verfilmung als Standard Edition auf Blu-ray heraus – ein filmischer Ausflug nach Dänemark gefällig?
Story
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Sie ist Expertin darin, Menschen Ratschläge zu ihren Beziehungen zu geben: Marie (Sofie Torp) führt ein recht selbstsicheres und befreites Leben. Als ihr Ehemann Rasmus (Thomas Hwan) ein Angebot als Lehrer an einer Volkshochschule erhält, zieht sie selbstverständlich mitsamt Kind & Co. in die neue Umgebung – der Haken an der Sache: die Schule liegt nicht etwa in Maries lebendiger Metropole Kopenhagen, sondern dem weit entfernten und abgelegenen Dorf namens Velling in Westjütland. Sie treffen auf eine recht eigenwillige Gemeinde die – getränkt von merkwürdig überzogenen Überzeugungen zur vegetarischen Küche und Pflanzenkunde – scheinbar in ihrer eigenen Welt zu leben scheint. Marie hat es als so genannte Begleiterin von Rasmus zunächst recht schwer, dort Fuß zu fassen und sich zu integrieren. Während sie anfangs noch die recht kurzsilbige Art der Verständigung irritiert, baut sich allmählich eine echte Blockadehaltung gegenüber allen Dorfbewohnern auf – ohne Aussicht auf Besserung.
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Als eine Mischung aus Komödie und Melodram angelegt, kommt der Film sehr schnell zum Haupthandlungsstrang: die Schwierigkeit, sich an eine fremde Gemeinde und deren Ansichten zu gewöhnen oder sich gar zu integrieren. Das ist sehr schnell klar – und wird gefühlt in jeder Szene immer wieder aufs Neue zementiert. Der mögliche Witz, der in der merkwürdigen Art der Bewohner steckt, die auf den ebenso speziellen Humor Maries treffen, bleibt meist merkwürdig kühl, die Hauptcharaktere dabei unnahbar – gestützt durch eine teils laienhaft wirkende deutsche Synchronisation. Schmunzeln oder sogar ein Lacher verteilen sich zu großzügig über die gesamte Filmlänge. Ja, man möchte so manche Situation in der Schule oder Zuhause bei Marie und Rasmus lustig finden oder erwartet eine spritzige Pointe, doch diese bleibt meist aus. Stattdessen nimmt der Film allmählich eine Wendung und bohrt neben dem Thema der Integrationsfähigkeit auch die Beziehung zwischen Marie und Rasmus als Folge daraus an.
Die vielen Wiederholungen sind es, die der an sich Potential tragenden Geschichte ihren Reiz nehmen: es wird schnell und hinreichend klar, dass die in Velling lebenden Menschen sich knapp in ihren Sätzen halten und ungerne über ihre Gefühle sprechen wollen. Und es wird genauso klar, dass Marie es nicht schafft, diese Wand zu durchbrechen und sich endlich wieder mit ihrem ganzen Wesen entfalten zu können. Zu unterschiedlich scheinen die beiden Lager zu sein. Dieser Zustand bleibt fast bis zum letzten Filmdrittel erhalten ohne echte Weiterentwicklung aller Charaktere oder der Handlung. Erst dann gewinnt Maries Reise an Fahrt, es zeigen sich Silberstreifen am Horizont, die ihr Hoffnung geben – und tatsächlich witzig wird es dann erst beim Abspann, der gelöste Darsteller in mehreren Szenen mit Witz und Lockerheit zeigt, wie man sich diese als Zuschauer so gerne und oft im eigentlichen Film gewünscht hätte.
„Willkommen im Nirgendwo“ hat viel Potential, alleine aufgrund der guten Romanvorlage „Meter pro Sekunde“. Leider langweilt der Film unter der nüchternen Regie von Hella Joof eher, als dass er begeistert, die Qualität des Romans wird in keinem Moment erreicht, die guten Hauptdarsteller können das seichte Drehbuch nicht retten. Es bleibt eine mäßige Verfilmung ohne Wiederseheneffekt, die ihr Potential verschenkt.
Bildqualität
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Das mit hoher Schärfe und gutem Kontrast gesegnete Bild bringt mit seinen natürlichen und zuweilen durchaus kräftigen Farben die dänische Umgebung wunderbar zur Geltung. Die rauen Landschaften, aber auch Innenaufnahmen der Schule oder von Maries Zuhause sind klar, zeigen auch im Hintergrund Details und heben sowohl Gegenstände als auch Personen in angenehmen Farbtönen hervor. Bildfehler oder Verschmutzungen sind nicht vorhanden, stellenweise erscheinen Gesichter in Nahaufnahmen etwas wachsartig und wirken flach, was auf den Einsatz eines Rauschfilters hinweist, ansonsten liegt aber ein zeitgemäßer aktueller Transfer vor.
Tonqualität
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Am deutschen, sowie dänischen Ton in DTS-HD Master Audio 5.1 gibt es nicht viel zu kritisieren, allerdings fehlen auch Highlights. Stimmen werden im Centerbereich klar, verständlich und mit der nötigen Bassuntermalung wiedergegeben, das dänischen Original wirkt authentischer, dafür aber auch etwas dünner in den Dialogen. Der Score legt sich angenehm über die gesamten Kanäle und schafft so eine räumliche Atmosphäre. Sei es zu Filmbeginn, bei Treffen im Schulsaal oder auch im Abspann, streicheln die Musikeinlagen die Ohren der Zuschauer. Filmbedingt bleiben aber impulsivere Momente ebenso aus, wie größere Umgebungseffekte. So bleibt es bei einem sehr sauberen Transfer, letztlich aber unaufgeregten Ton. Dänische Untertitel werden vermisst.
Ausstattung
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Neben einem Wendecover sucht man auf der Blu-ray neben einer Trailershow vergeblich nach Extras. Das schlichte Menü zeigt sich als Streifen im unteren Bildbereich, bietet die Wahl der Sprache, Untertitel und der Trailershow, eine Kapitelübersicht fehlt.
Fazit
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Schade drum: öde Verfilmung eines dänischen Bestsellers über die eigene Identität und Integrationsfähigkeit in eine fremde Gemeinde, der als Komödie der so wichtige Witz meist fehlt. Sehr gutes Bild und passender Ton können dabei die inhaltliche Leere nur bedingt ausgleichen, Freunde von Bonusmaterial werden enttäuscht. Tipp: lieber den gut übersetzten Roman „Meter pro Sekunde“ von Stine Pilgaard auf der Fernsehcouch lesen.
(Dominik Böhler)
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