In seinem neuen Film „Longlegs“ ist Nicolas Cage kaum wiederzuerkennen. In dem Horrorschocker schlüpft er in die Rolle eines Serienkillers, der gezielt Familien und Kinder ins Visier nimmt. Der Film wurde für seine atmosphärisch dichte Inszenierung und seine beklemmende Stimmung von Kritikern hochgelobt. Nun ist „Longlegs“ endlich in einer eleganten 4K-Mediabook-Edition erschienen. In der folgenden Rezension prüfen wir daher für Euch, ob diese Disk die finstere Grundstimmung des Films auch überzeugend einfängt.
Story
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Mitte der 1990´er Jahre versetzt ein Serienmörder (N. Cage), der ganze Familien auslöscht, die gesamten USA in Angst und Schrecken. Bei ihren Ermittlungen stößt die junge FBI-Agentin Lee Harker (M. Monroe) nicht nur auf Hinweise, die einen okkulten Background des Mörders nahelegen, sondern sogar eine Verbindung in Lees eigene Vergangenheit zu haben scheinen. Um das brutale Morden zu beenden, muss sich die Agentin dem Trauma ihrer Jugend stellen, das immer mehr die Grenzen zum Wahnsinn zu verwischen droht. Doch allmählich läuft ihr die Zeit bei ihrer Jagd davon, denn der Killer hat bereits seine nächsten Opfer im Visier ...
Osgood Perkins erklärt in einem Interview (zu finden in den Bonusfeatures), dass er bei „Longlegs“ die Serienkiller-Thriller-Meilensteine „Das Schweigen der Lämmer“ und „Sieben“ als Vorbilder hatte. Diese Einflüsse spiegeln sich unter anderem in der Rolle der jungen FBI-Agentin Lee Harker (Maika Monroe) wider, die in einem mysteriösen Fall ermittelt. Die Mentorenrolle übernimmt Blair Underwood als FBI-Ermittler Carter. Doch nicht nur diese Parallelen im Drehbuch, auch die düstere Atmosphäre des Films erinnert an die Klassiker. „Longlegs“ ist jedoch mehr als eine bloße Hommage. Perkins geht einen Schritt weiter und setzt das Setting in einen neuen Kontext. Der Film ist nicht nur ein Serienkillerthriller, sondern auch ein Horrorschocker über Okkultismus. Dieser übernatürliche Aspekt verleiht der Geschichte eine zusätzliche Spannungsebene. Das Drehbuch ist im allgemeinen interessant aufgebaut. Es folgt der Dreiaktstruktur, die filmisch in die Kapitel „Seine Briefe“, „Alle diese Dinge“ und „Birthday Girls“ unterteilt ist. Die Erzählweise ist jedoch nicht linear, sondern setzt auf Rückblenden und „Visionen“. So begleiten die Zuschauer Agent Harkers Charakterentwicklung und ihre Ermittlungen. Schritt für Schritt kommt sie (und die Zuschauer) dem Rätsel näher, das sich um den bitterbösen Longlegs rankt. Ist er ein Serienmörder oder steckt mehr dahinter?
Das Drehbuch setzt in hohem Maße auf eine atmosphärische Erzählweise, die auch stilistisch phänomenal umgesetzt wurde. Sowohl das Sounddesign als auch die Optik des Films sind herausragend. Schon zu Beginn, als Longlegs in den 70er Jahren einem kleinen Mädchen vor ihrem Haus erscheint, wird das Bild kurzzeitig in einem Schmalfilmformat dargestellt, das an Super-8-Filme erinnert. In dieser ersten Szene wird Longlegs übrigens nicht vollständig (insbesondere sein Gesicht), sondern nur in Teilen gezeigt. Die Einstellung ist dabei froschperspektivisch, leicht von unten, aus der Sicht des kleinen Mädchens geschossen worden. Diese Inszenierung stilisiert ihn optisch, lässt ihn wie eine längst verblasste Erinnerung erscheinen. Auch im weiteren Verlauf des Films finden sich zahlreiche Stilmittel. In den Innenräumen, sei es im Haus oder in Harkers Blockhütte im Wald, wird eine geschlossene Kadrierung gewählt, die beim Zuschauer klaustrophobisches Unbehagen erzeugt. Die Wände wirken erdrückend, und Fenster sind praktisch nicht vorhanden oder, wenn doch, verhangen (und nur von gelblichem Licht durchdrungen). Interessant ist außerdem der Einsatz von Weitwinkelobjektiven, die den Bildern Dreidimensionalität und Tiefe verleihen. Perkins greift aber auch auf genretypische Stilmittel zurück. Neben den sporadisch eingesetzten Jumpscares ist vor allem die Beleuchtung auffällig. Das Licht ist durchgehend in Gelbtönen gehalten (bzw. gelb gefiltert), was eine unbehagliche, fast unnatürliche Atmosphäre erzeugt. Zudem wird mit starken Kontrasten gearbeitet. Es gibt etliche dunkle Ecken im Bildausschnitt, die den Zuschauern suggerieren, dort könnte etwas Böses lauern. Die beängstigende Geräuschkulisse von Eugenio Battaglia verstärkt dieses Gefühl noch. Aus völliger Ruhe heraus setzt plötzlich der hypnotische Soundtrack ein, begleitet von pulsierenden, herzschlagähnlichen Rhythmen, beispielsweise als Harker mit gezogener Waffe aus ihrem Haus in den Wald stürmt. Auch dysharmonische Streicher, leise sakrale Chöre und das Klingen einer Spieluhr sind zu hören. All diese Elemente vermitteln stets den Eindruck einer bösen, ständigen Präsenz.
Höchst bemerkenswert ist auch der Cast, allen voran Nicolas Cage (nahezu bis zur Unkenntlichkeit geschminkt), der Longlegs mit einer teuflisch guten Performance darstellt. Maika Monroe, Blair Underwood und Alice Witt überzeugen jedoch ebenfalls mit kongenialem Schauspiel. Monroe schlüpft äußerst glaubhaft in die Rolle der introvertierten, jungen Agentin, Underwood verkörpert ausgezeichnet den supercoolen FBI-Mentor und Witt verleiht Harkers „exzentrischer“ Messi-Mutter unerwartet viel Tiefe. Ein fabelhaftes Ensemble.
Zusammengenommen ist „Longlegs“ pure Horrorschocker-Poesie, die mit einer kraftvollen Bildsprache und einem noch besseren Sounddesign beeindruckt. Auch das Drehbuch und der Cast überzeugen auf ganzer Linie. Besonders Nicolas Cage strahlt mit seiner Darstellung des diabolischen Longlegs das pure Böse aus. Das ist mehr als sehenswert!
Bildqualität
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„Longlegs“ wurde mit einer Auflösung von 1920x1080p und einem Ansichtsverhältnis von 1.85:1 auf eine BD-50 GB gepresst. Zuallererst fällt auf, dass das Bild weitgehend frei von Filmkorn ist, was darauf hindeutet, dass „Longlegs“ überwiegend digital aufgenommen wurde. Die Full-HD Disk ist zudem detailreich und, trotz des stilisierten Bildes, teils knackscharf. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Szene im Verhörzimmer (75:15 Minuten), als Harker Longlegs gegenübersitzt. In der Großaufnahme sind sämtliche feinen Härchen seiner schneeweißen Mähne sichtbar. Auch im Hintergrund von Innenräumen kommen Holzmaserungen und andere Feinheiten klar zur Geltung.
Der Film spielt genrebedingt häufig im Dunkeln, wodurch der exzellente Schwarzwert und die guten Kontraste besonders hervorstechen. Trotz schwieriger Lichtverhältnisse gelingt es der Blu-ray zudem, die stilisierte Farbgebung eindrucksvoll einzufangen. So sitzen Harker und Carter bei 19:40 Minuten in einer Hotellobby in gelblichem Dämmerlicht. Die Farben wirken intensiv, und trotz der Dunkelheit kommt es zu keinem Detailverlust, auch im Hintergrund bleibt das Bild klar und durchzeichnet. Ein hervorragender Schwarzwert zeigt sich aber vor allem kurz darauf, als Harker ihren angetrunkenen Vorgesetzten nach Hause fährt. Im Auto herrschen rabenschwarze Lichtverhältnisse, doch das Innenleben wird immer wieder auch mal durch spärliches Licht, zum Beispiel durch das Öffnen der Autotür hervorragend kontrastiert.
Zusammenfassend bietet die Blu-ray von „Longlegs“ ein ausgezeichnetes Bild, das die geniale Optik des Films überzeugend einfängt.
Bild 4k UHD
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„Longlegs“ wurde für die 4K UHD-Disk in einer Auflösung von 3840x2160p und einem Ansichtsverhältnis von 1.85:1 auf eine BD-50 GB gepresst. Das native 4K ist ausgesprochen detailreich und übertrifft die ohnehin schon hervorragende Blu-ray noch einmal deutlich. In der Szene im Verhörzimmer (75:15 Minuten), in der Longlegs in Großaufnahme zu sehen ist, fallen nicht nur die feinen Härchen seiner üppigen weißen Haarpracht auf, sondern auch zuvor unsichtbare Details in Nicolas Cages Schminke. Ein Beispiel für die gesteigerte Tiefenschärfe findet sich bei 69:50 Minuten, wenn Longlegs vor einem Feld steht. Im Hintergrund reicht es, mit vielen feinen Setzlingen im Boden, bis zum Horizont. Hier sind im Gegensatz zur Blu-ray noch einzelne Zweige abgrenzbar, wo die Full-HD Disk bereits an ihre Grenzen stößt. Der größte Vorteil der UHD liegt jedoch weniger im gesteigerten Detailgrad, die Blu-ray leistet hier bereits beeindruckende Arbeit, sondern vielmehr in der verbesserten Farbdarstellung und den Kontrasten. Ein anschauliches Beispiel ist die Szene in der Hotellobby bei 19:40 Minuten. Im Vergleich zur Blu-ray wirkt das Bild der UHD dunkler, doch der gelbe Lampenschein erscheint gleichzeitig gleißender und prägnanter. Im direkten Vergleich wirkt die ansonsten exzellente Blu-ray schon beinahe blass. Allerdings bringt das dunklere Bild auch einen leichten Detailverlust mit sich. Ein Beispiel hierfür zeigt sich bei 27:36 Minuten: Kurz bevor Harker das Außenlicht an ihrem Holzblockhaus im Wald einschaltet, herrscht absolute Dunkelheit, und um die Fenster herum sind kaum Details auszumachen. Das dunklere Bild ist aber keineswegs schlecht. Im Gegenteil, es unterstreicht die stilisierte Optik des Films, so dass zusammenfassend die UHD für Fans des Films die eindeutig besser Wahl darstellt.
Tonqualität
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„Longlegs“ bietet sowohl im Deutschen als auch im Englischen eine DTS-HD MA 5.1-Tonspur. Die Originalversion hebt sich leicht durch klarere, authentisch eingebettete Dialoge ab, doch qualitativ liegen beide Tonspuren weitgehend auf Augenhöhe. Über die gesamte Laufzeit werden alle Lautsprecher ins Geschehen eingebunden, wodurch das brillante Sounddesign von Eugenio Battaglia seine volle Wirkung entfaltet. Sein Soundtrack beeindruckt mit außergewöhnlicher Klangvielfalt: von flüsternden, sakral anmutenden Gesängen (91:00 Minuten, als Harker aus ihrem Kindheitshaus zur Garage läuft) über das unheilvolle Klingen einer Spieluhr (während des Angriffs auf den Priester) bis hin zum bedrohlichen Trommeln eines herzschlagähnlichen Rhythmus (28:00 Minuten, als Harker aus ihrer Blockhütte stürmt). All diese Elemente wirken auf die Zuhörer kontinuierlich und aus allen Richtungen ein. Besonders hervorzuheben sind auch die kräftigen Bässe, bei denen auch der Subwoofer Akzente setzt, etwa in der Szene bei 16:00 Minuten, als Harker die Fotos der Tatorte kniend betrachtet. Neben dem Soundtrack brilliert „Longlegs“ aber auch mit einer bemerkenswert präzise verorteten Geräuschkulisse: In einer Szene, in der Longlegs schreiend in seinem Wagen gezeigt wird, ertönen die Motorengeräusche entsprechend dem Bildausschnitt über den rechten Frontlautsprecher. Im Verhörzimmer (75:15 Minuten) wiederum ertönt das Schließen der Tür klar korrekt positioniert von links. Ein weiteres akustisches Highlight bietet die Szene bei 39:40 Minuten, als Carter und Harker zu einer Farm fahren und das eindrucksvolle Grollen eines Gewitters das Wohnzimmer erfüllt, ebenfalls mit Unterstützung des Subwoofers.
Zusammenfassend bietet „Longlegs“ zwei unkomprimierte und überaus dynamische DTS-HD MA 5.1-Tonspuren. Das phänomenale Sounddesign bzw. die ständige, unheilvolle Geräuschkulisse von Eugenio Battaglia geht einem dabei durch Mark und Bein. Ein audiovisuell immersives Erlebnis.
Ausstattung
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Audiokommentar mit Osgood Perkins
- Interview mit Osgood Perkins 6:09 Minuten
- Interview mit Maika Monroe 4:13 Minuten
- Interview mit Alicia Witt 4:22 Minuten
- Interview mit Blair Underwood 4:32 Minuten
- Ciphers 1:42 Minuten
- Verschiedene Teaser und Trailer
- Fotogalerie
„Longlegs“ erscheint in 4K in einem edlen Mediabook. Die Disks selbst bieten identisches Bonusmaterial: einen Audiokommentar, einige Interviews sowie Trailer und Teaser. Hier wäre etwas mehr wünschenswert gewesen, zumindest ein kurzes Making-of hätte angesichts der beeindruckenden Stilmittel des Films zusätzlichen Mehrwert geboten.
Naja, aber das Mediabook ist nun mal ein echter Hingucker.
Fazit
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„Longlegs“ ist ein faszinierender Genremix, der Serienkillerthriller und okkulten Horror miteinander verbindet. Der Film vereint viele Aspekte früherer Genre-Meilensteine, wie „das Schweigen der Lämmer“ oder auch „Anabelle“. Doch „Longlegs“ ist weit mehr als eine bloße Hommage, er ist vor allem ein stilistischer Geniestreich. Die Bildkomposition ist phänomenal, das Sounddesign fantastisch. Das Ergebnis ist ein atmosphärisch dichter Hochspannungsthriller. Osgood Perkins (Regisseur und Drehbuchautor) erzählt die Geschichte der jungen FBI-Agentin Harker non-linear. Dabei nutzt er Rückblenden und Visionen der möglicherweise präkognitiv veranlagten Protagonistin. Das Publikum erlebt die Ermittlungen dadurch aus der Perspektive der jungen Agentin (und hat dabei das Gefühl, dem Rätsel gemeinsam näherzukommen). Ist Longlegs ein Serienkiller oder steckt da noch mehr dahinter?
Technisch liegen beide Disks auf ausgesprochen, hohem Niveau. Die Blu-ray ist knackscharf, bietet einen ausgezeichneten Schwarzwert und überzeugt mit einer stilistisch ansprechenden Farbdarstellung. Die 4K-UHD ist jedoch die klar bessere Wahl: Der Zugewinn an Schärfe ist zwar gering, doch die verbesserten Kontraste und deutlich satteren Farben heben die visuellen Stilmittel des Films mehr hervor. Im direkten Vergleich kann die Full-HD-Version hier nicht mithalten. In Sachen Ton liefert sowohl die deutsche als auch die englische Spur ein unkomprimiertes DTS-HD MA 5.1 Audioformat. Die Unterschiede sind gering, wobei die englischen Dialoge etwas natürlicher wirken. Beide Tonspuren bieten aber ein dreidimensionales, dynamisches Klangerlebnis. Audiovisueller Horror par excellence! Einzig die Extras hätten umfangreicher sein dürfen.
„Longlegs“ ist ein Ausnahme-Schocker, den man gesehen haben muss. Der Film beginnt (mit einem Zitat) aus dem 70er-Jahre-Rocksong “Get It On” von T. Rex: „You’ve got the teeth of the hydra upon you. You’re dirty, sweet, and you’re my girl.“ Gänsehaut! Wenn der Song im Abspann dann erneut erklingt, hat das auf die Zuschauer eine fast schon kathartisch/ erlösende Wirkung.
(Nicolai Härtel)
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Kaufempfehlung
Testgeräte
TV: Samsung QLED (QE65Q9FNA)
Player: Panasonic DP-UB424
AVR: Pioneer VSX-s520D
Front-Lautsprecher: Teufel CL 300 FCR
Center-Lautsprecher: Teufel 300 C
Surround-Lautsprecher: Teufel CL 300 FR
Subwoofer: Teufel US-6110/1