Dem renommierten Filmemacher Brian De Palma wurde und wird häufig vorgeworfen, seinem großen Vorbild Alfred Hitchcock nachzueifern und dessen Werke und Stil zu kopieren. Daran mag sicherlich einiges wahr sein, aber das macht die Werke des Regisseurs keinen Deut schlechter – im Gegenteil. Einige seiner Filme gehören zu Recht zu den besten Genrewerken der Filmgeschichte und werden ihrerseits von jüngeren Filmemachern „kopiert“. Mit „Dressed to Kill“ erscheint nun De Palmas Hommage an Hitchcocks Meisterwerk „Psycho“ erstmals hierzulande als 4k-UHD Disc im Handel – wobei man sich für diese Premiere eine Veröffentlichung im Mediabook, welches vorerst ausschließlich über den hauseigenen Shop von Capelight Pictures bezogen werden kann, entschied. Warum der Film allerdings deutlich mehr ist als eine bloße Kopie eines Kultfilms und wie sich die technische Seite der Discs schlägt, klärt die nun folgende Rezension.
Story
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Kate (A. Dickinson) ist sexuell frustriert und sucht Rat bei ihrem Psychiater Dr. Elliott (M. Caine). Nach der Sitzung trifft sie im Museum auf einen geheimnisvollen Fremden und lässt sich von diesem verführen. Doch bereits auf dem Heimweg wird sie in einem Fahrstuhl von einer unbekannten Frau mit einem Rasiermesser ermordet wird. Callgirl Liz (N. Allen) wird unfreiwillig Zeugin der Tötung und gerät ins Visier der brutalen Mörderin mit den blonden Haaren. Gemeinsam mit Kates Sohn Peter (K. Gordon) will sie die Frau für ihre Tat zur Verantwortung ziehen
Mit „Dressed to Kill“ präsentiert Regisseur Brian De Palma, der für den Film auch das Drehbuch verfasste, seine Version von Alfred Hitchocks „Psycho“, wobei der Film deutlich mehr ist, als eine bloße Kopie, sondern lediglich das Grundthema aufgreift und gleichzeitig dem italienischen Giallo Tribut zollt. Das Endergebnis ist ein packender Thriller der unter die Haut geht und inszenatorisch eine absolute Meisterleistung darstellt, wie sie zu dieser Zeit noch nicht zu sehen gewesen war. Die Thematik der Transsexualität wird dabei weder verteufelt, noch durch den Kakao gezogen. Stattdessen geht De Palma behutsam vor und baut ein Gerüst um die Thematik auf, welches von der ersten bis zur letzten Minute Spannung verspricht. Zwar gibt es einige Logiklöcher in der Handlung und einige Punkte der Handlung wirken unglaubwürdig oder sogar albern, aber in seiner Gesamtheit ist der Film dennoch hervorragend – auch heute noch. Gekonnt wird der Zuschauer in die Irre geführt und selbst wenn er hinter die Fassade blickt, bleiben bis zum Ende Zweifel. Absolut hervorragend.
Hervorragend ist indessen auch die Kameraarbeit des deutschen Kameramannes Ralf Bode, der mit Winkeln und Einstellungen ein Gefühl der Verwirrung und Irrungen erschafft, und damit die Gefühlswelt der Charaktere auch sichtbar macht und auf den Zuschauer überträgt. Dabei ist jedes einzelne Bild ganz bewusst gewählt und der Film kann sich über weite Strecken ohne Dialoge nur durch seine Bildsprache mitteilen. Die großartige Musik des italienischen Komponisten Pino Donaggio liefert ebenfalls ihren Teil, so dass die Handlung auch dann noch getragen wird, wenn die Darsteller schweigen. Die Darsteller liefern indessen ebenfalls eine hervorragende Leistung ab – allen voran Michael Caine als Psychiater, der sich einerseits für seine Patienten einsetzt und diese schützen möchte, andererseits aber Gefahr läuft, selbst in den Fokus der Ermittlungen zu geraten.
Ähnlich wie bei Hitchcock wird die vermeintliche Hauptfigur recht früh aus dem Geschehen genommen, und der Fokus wird auf eine andere Figur gelenkt, die dann die Ermittlungen aufnimmt – hier aus dem Grund, weil sie sich selbst retten muss. Gespielt wird die Heldin in Spe von der großartigen Nancy Allen, die für den Film sowohl für den Golden Globe, als auch für die Goldene Himbeere nominiert wurde, was wieder einmal zeigt, wie subjektiv die Wahrnehmung selbst bei Preisverleihungen ausfällt. Auch Keith Gordon, der trotz einiger Hauptrollen in Kultfilmen wie „Christine“ überwiegend weit unter dem Radar flog, liefert eine hervorragende Leistung ab. Unterm Strich ist „Dressed to Kill“ ein Film, den man als Thrillerfan unbedingt gesehen haben sollte – aus vielen Gründen, wobei sich sicherlich noch einige mehr finden lassen als in diesem Text aufgeführt werden. Ein Film mit einer topaktuellen Thematik, der auch mehr als 40 Jahre nach seiner Uraufführung nichts von seinem Reiz verloren hat.
Bildqualität
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Das feinkörnige Bild liegt im Ansichtsverhältnis von 2,35:1 vor und basiert bereits auf dem 4k-Scann. Grundsätzlich ist die Präsentation sehr hochwertig geraten, allerdings wird dies nicht jeder so empfinden. Das Bild ist über weite Strecken, beinahe sogar vollständig, sehr weich gehalten, wodurch die Schärfe nicht wirklich zum Tragen kommt. Das der Film so ausschaut ist aber eine bewusste und gewollte Entscheidung des Regisseurs, respektive seines oscarnominierten Kameramanns Ralf Bode. Das Endergebnis entspricht damit zwar nicht ganz den aktuellen Sehgewohnheiten, passt aber perfekt zum Film und ist absolut so gewollt. Die Farben sind kräftig und angenehm, dabei weitestgehend natürlich, der Kontrast ist gut eingestellt und der Schwarzwert liefert ebenfalls gute Werte, hätte aber hie und da etwas knackiger sein dürfen. Helle Flächen neigen stellenweise dazu ein wenig zu überstrahlen, aber auch hier darf gerne angenommen werden, dass dies bewusst so ist. Alterstbedingte Mängel, Verschmutzungen, Beschädigungen und ähnliches gibt es nahezu überhaupt nicht.
Bild 4k UHD
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Das Bild der 4k-UHD verfügt über HDR10 und Dolby Vision und präsentiert den Film in der bestmöglichen Bildqualität. So hat man den Film noch nie zuvor gesehen und in absehbarer Zeit wird sich daran wohl auch nichts ändern. Gegenüber der bereits sehr guten Blu-ray gibt es zwar nur marginale Unterschiede, die sich primär im erweiterten Farbraum und einem etwas dominanteren Schwarzwert und einer feiner aufgelösten Bildstruktur niederschlagen. Die leicht gesteigerte Schärfe macht sich indessen kaum bemerkbar, da das Bild – wie in der Blu-ray Bildbewertung bereits gesagt – gewollt sehr weichgezeichnet wurde. Dennoch ist die Auflösung hier etwas sauberer. Alles in allem reicht wohl die Blu-ray Disc, allerdings werden UHD-Enthusiasten dies wohl kaum akzeptieren wollen.
Tonqualität
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Der Ton liegt sowohl im englischen Originalton als auch in der deutschen Synchronfassung jeweils in dts-HD Master Audio 5.1, sowie in LPCM 2.0 mit optional zuschaltbaren Untertiteln auf beiden Discs vor. Auch wenn Surround-Jünger vermutlich etwas anderes hören, respektive lesen möchten, ist die 2.0 Tonspur in LPCM die bessere Wahl, klingt sie doch alles in allem dynamischer, harmonischer und authentischer. Die 5.1 Abmischung liefert hier nur wenig bis gar keinen Mehrwert, denn mit Ausnahme der Donnerschläge beim finalen Gewitter, die durch das gesamte Heimkino donnern, gibt es wenig, wofür sich die Hinzuziehung der hinteren Kanäle lohnen würde. Die Dialoge sind in der deutschen Fassung sehr dominant abgemischt und klingen leider mitunter ein wenig altbacken und angestaubt. Bei den Aufnahmen auf dem Anrufbeantworter lässt sich teilweise nur schwer verstehen was gesagt wird und Zischlaute sind ein kleinwenig übersteigert. Alles in allem ist die Dialogverständlichkeit aber nach einer kurzen Eingewöhnung solide. Der englische Originalton ist hingegen deutlich ruhiger und klingt frischer. Die musikalische Untermalung von De Palmas Stammkomponisten Pino Donaggio klingt hingegen jederzeit frisch und klar. Die deutsche Synchronfassung ist alles in allem sehr gut, begeht aber einen kleinen Fehler bei der Auswahl der Sprecher.
Jürgen Thormann lieh auch hier Michael Caine seine markante Stimme, allerdings ist diese auch über William Finley in der Rolle des Bobbi zu hören, auch wenn diese ausschließlich vom Anrufbeantworter erklingt. Hier hätte man sicherlich besser auf eine andere Stimme zurückgegriffen. Neben Thormann kommen unter anderem noch die bekannten und beliebten Sprecher und Sprecherinnen Klaus Sonnenschein, Dagmar Biener, Eva Katharina Schultz, Joachim Nottke und Joachim Tennstedt zum Einsatz.
Ausstattung
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- Strictly Business
- Symphony of Fear - Interview mit Produzent George Litto
- Eine Wertschätzung von Keith Gordon
- US-Kinotrailer
- Deutscher Originalkinotrailer
- Deutscher Trailer (remastered)
- Making-of
- Vergleich der Schnittfassungen
- Die Verstümmelung von Dressed to Kill
- Killer Frames - Interview mit Fred C. Caruso
- An Imitation of Life - Interview mit Keith Gordon
- Dressed in White - Interview mit Angie Dickinson
- Dressed in Purple - Interview mit Nancy Allen
- Lessons in Filmmaking - Interview mit Keith Gordon
Der Bonussektor ist so gut gefüllt, dass hier nur ein winziger Punkt zur Höchstwertung fehlt. Den Anfang machen drei Featurettes, die sich aus Interviews mit Hauptdarstellerin Nancy Allen und Produzent George Litto, sowie einer Wertschätzung von Keith Gordon zusammensetzen. Diese Features befinden sich – zusammen mit den Trailern zum Film – sowohl auf der Blu-ray Filmdisc, als auch auf der UHD. Darüber hinaus liegt dem Mediabook, welches in unserem Unboxing genauer unter die Lupe genommen wird, noch eine randvolle Bonus-Blu-ray-Disc bei, in welcher in unterschiedlichen Featurettes und Dokumentationen genauer auf den Film, die Hintergründe, die Kameraarbeit, die Zensur und alle weiteren Aspekte des Films und dessen Nachwirkung eingegangen wird. Wem das noch nicht genug ist, der findet im aussagekräftigen Booklet noch weitere Hintergrundinformationen, die den Film zwar nicht wirklich kritisch, sondern überwiegend lobend abhandelt, aber dabei erfreulich wenig Werbung für denselben machen. Ein wunderbares Bonuspaket, dass nur noch durch einen Audiokommentar hätte getoppt werden können.
Fazit
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Sowohl Blu-ray Disc als auch UHD-Disc präsentieren den Thriller-Klassiker in der bestmöglichen Qualität, die man aus dem besonderen Film herausholen kann. Da das Bild allerdings gewollt weich gezeichnet wurde, kommen die Vorteile der UHD kaum zum Tragen, und die Blu-ray Disc ist im Grunde genommen voll und ganz ausreichend, aber das werden Technik-Freunde wohl kaum akzeptieren wollen. Das Gleiche gilt für die Tonspur, denn auch hier ist die „minderwertigere“ Tonspur, nämlich die LPCM 2.0 Abmischung, deutlicher, angenehmer und authentischer als die dts-HD Master 5.1 Abmischung. Glücklicherweise wird beides geboten, so dass auch Technikfreunde voll auf ihre Kosten kommen. Das umfangreiche Bonusmaterial ist indessen über jeden Zweifel erhaben und rundet diese hervorragende Veröffentlichung letztendlich ab. Der Film selbst bietet auch heute noch (vielleicht sogar mehr denn je) spannende Unterhaltung mit einem topaktuellen Grundthema. Michael Caine liefert eine grandiose Performance ab und der Film ist von der ersten bis zur letzten Minute ein packendes Stück Thrillerkost, das man sich keineswegs entgehen lassen sollte.
(Michael Speier)
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